Emmy-Rundown #2: Television Movies

Der zweite Teil meiner Emmy-Analyse dürfte nur Freaks interessieren, schlicht weil die meisten nominierten Television Movies hierzulande keine Sau kennt. Bis auf eine Ausnahme, um genau zu sein.

Ansonsten noch eine kleine Anmerkung vorweg: Im Gegensatz zu den letzten drei Jahren werden Fernsehfilme und Miniserien wieder getrennt gewürdigt. Heute berichte ich über erstere, morgen sind letztere an der Reihe.

Outstanding Television Movie

Nominiert sind:

Killing Kennedy
Muhammad Ali’s Greatest Fight
The Normal Heart
Sherlock: His Lost Vow (Sein letzter Schwur)
The Trip to Bountiful

Obwohl Sherlock im Kern eine Miniserie ist, hat BBC genau wie vor zwei Jahren nur eine Folge heraus gepickt und in der Sparte Television Movie eingereicht. His Last Vow ist die derzeit jüngste Episode, die sich hauptsächlich um Mary Watsons Vergangenheit dreht. In der Tat ist die Wahl gut, denn die Folge gehört zu den besten rund um die Neuinterpretation von Englands berühmtesten Detektiv.

The Trip to Bountiful basiert wiederum auf einem Theaterstück aus den 1950er Jahren, in der eine alte Frau bei ihrem Sohn und ihrer garstigen Schwiegertochter regelrecht versauert. Eines Tages entschließt sie sich mutig, noch einmal ihre alte Heimatstadt Bountiful besuchen zu gehen – was natürlich aufgrund ihres Alters und der entlegenen Gegend nicht so einfach ist. Die Geschichte wurde bereits 1986 für die Kinoleinwand verfilmt und brachte damals der altgedienten Geraldine Page ihren hochverdienten Oscar. Die TV-Fassung basiert auf einer Neuauflage mit Cicely Tyson, die sowohl am Broadway als auch hier die Hauptrolle übernommen hat.

In Muhammad Ali’s Greatest Fight geht es nicht ums Boxen, sondern um Muhammad Alis Kampf gegen die Vereinigten Staaten von Amerika. Der verweigerte zu Zeiten des Vietnamkrieges als überzeugter Muslim seine Einberufung in das Militär, woraufhin ihm der Verlust seiner Reputation und eine hohe Haftstrafe drohten.

Das Interessante an dem Film ist der Blickwinkel, der das Geschehen nicht aus Sicht des berühmten Boxers, sondern der Mitglieder des Verfassungsgerichtes zeigt, das ihn letztlich frei sprach. Ali selbst wird nicht einmal von einem Schauspieler dargestellt und einzig in Form von Archivaufnahmen gezeigt – eine Handschrift, die sofort an den verantwortlichen Regisseur Stephen Frears erinnert. Der hatte einen ähnlichen Trick bereits in The Queen mit dem “Charakter“ von Lady Diana vollbracht.

Killing Kennedy erzählt ebenfalls eine altbekannte Geschichte aus einer ungewohnten Perspektive, nämlich den Mord an John F. Kennedy aus Sicht seines Mörders Lee Harvey Oswald. Entsprechend mutet der Film eher wie ein Psychodrama als wie ein Politthriller an, der versucht den Wahn hinter Oswalds Tat aufzudecken.

Den Abschluss macht The Normal Heart. erneut eine Adaption eines Theaterstücks. Es dokumentiert die Anfangszeit der AIDS-Hysterie, als die tödliche Krankheit mutmaßlich auf die Schwulenszene reduziert wurde und die US-Regierung erschreckend wenig zur Eindämmung beitrug. Zwar basieren einige Charaktere auf reale Personen, jedoch handelt es sich letztlich um einen fiktiven Ablauf der Ereignisse, wenn auch mit einem vergleichbaren Resultat zur Wirklichkeit.

Das Ansehen der nominierten TV-Filme ist für meiner einer die spannendste Beschäftigung im Rahmen der Emmy-Verleihung. Aufgrund ihres mangelnden Bekanntheitsgrades fühlt sich jeder Film wie ein Sprung ins kalte Wasser an, gleichwohl die Emmy-Jury durchaus dafür bekannt ist, ein paar echte Rohrkrepierer zu nominieren.

Ohne andere Werke gesehen zu haben, die man ebenfalls hätte nominieren können, gefällt mir das diesjährige Fünferfeld. The Trip to Bountiful ist vielleicht kein packendes Meisterstück, aber ein echte Showbühne für wahrhaftige Schauspielerleistungen. Killing Kennedy wirkt an manchen Stellen überdramatisiert, ist aber trotz des bekannten Ausgangs durchaus spannend. Und Muhammad Ali’s Greatest Fight funktioniert in der Tat aufgrund der Fokusierung auf die Mitglieder des Verfassungsgerichtes. Stephen Frears ist und bleibt einer der besten Regisseure, die wenig charismatische Personen in ein interessantes Licht rücken können.

Doch das besagte Trio hat keine Chance gegen die beiden Größen, die das Rennen um die Trophäe in der Hand haben. Um ganz genau zu sein steht der Sieger zu 99% fest – und nein, liebe Sherlock-Freunde: Ich rede nicht von His Last Vow. Zwar ist der Fall rund um John Watsons frisch gebackene Ehefrau einer der spannendsten und bis zum Schluss clever inszeniertesten der gesamten Serie. Doch auch ein Benedict Cumberbatch oder ein Martin Freeman müssen sich vor dem Meisterwerk verneigen, dass Ryan Murphy mit The Normal Heart gezaubert hat.

Ryan Murphy – das ist der Mann hinter Nip/Tuck, Glee und American Horror Story. Die erste Viertelstunde von The Normal Heart dürfte für einen streng heterosexuellen Mann eine echte Bewährungsprobe darstellen, denn Murphy zeigt einen nackten Männerkörper nach dem anderen und einige sehr graphische Sexszenen. Und auch wenn ich nicht im entferntesten am anderen Ufer schwimme: Diese Szenen haben verdammt viel Stil.

Wer die “Hürde“ meistert, der wird Zeuge eines anspruchsvollen wie gleichzeitig zugänglichen Dramas, das gekonnt die Schmerzen und die Verzweiflung der Schwulenszene zu Beginn der AIDS-Krise zeichnet. Gut ein Dutzend Schauspieler, von denen die Hälfte (!) für einen Emmy nominiert sind, zeigen eine einwandfreie Performance, die Kino-würdig ist. Allein Mark Ruffalo als Hauptdarsteller ist schlicht grandios, aber auch Julia Roberts, Taylor Kitsch, Matt Bomer, Joe Mantello, Alfred Molina und niemand anderes als Jim “Sheldon Cooper“ Parsons (!) machen den Film zu etwas wirklich einmaligem.

Ergo ist mein Tipp in dieser Kategorie so eindeutig wie bei keiner anderen.

Outstanding TV-Movie

Will Win: The Normal Heart
Could Win: Sherlock: His Last Vow
My Vote: The Normal Heart

Personal Ranking:

1.The Normal Heart
2.Sherlock: His last Vow
3.Killing Kennedy
4.Muhammed Ali’s Greatest Fight
5.The Trip to Bountiful

Darüber hinaus gibt es keine weitere Kategorie, in der “nur“ Fernsehfilme berücksichtigt werden. Darsteller, Regisseure und Drehbuchautoren werden weiterhin gemeinsam mit den Miniserien in einen Topf geworfen, weshalb ich meine diesbezüglichen Tipps bis morgen aufspare.

Links zu allen Blogeinträgen über die diesjährige Emmy-Verleihung:

1. Emmy-Nominierungen 2013/2014
2. Emmy-Rundown #1: Comedy Series
3. Emmy-Rundown #2: Television Movies
4. Emmy-Rundown #3: Miniseries
5. Emmy-Rundown #4: Drama Series