Composer: Magnus Pålsson
System: PC
Year: 2010

Chiptune-Musik macht einsam – die Lektion lernte ich schonungslos als Teenager. Wer konnte schon etwas mit Computer generierten Soundtracks anfangen, die explizit für Spiele geschrieben waren? Warum sollte man sich freiwillig den knarzig-synthetischer Klang geben? Anders ausgedrückt: Hätten bereits das VCS 2600 oder der C64 „normale“ Musik in gewohnter Tonqualität abspielen können, dann hätte es vielleicht niemals Chiptune-Musik gegeben.

Ich bin mir deshalb nie sicher, ob ich sie Leuten empfehlen kann, die eben nicht mit einem Commodore Computer, einem Game Boy oder einem Nintendo Entertainment System aufgewachsen sind. Wer es trotzdem einmal „probieren“ möchte, dem möchte ich als allererstes VVVVVV empfehlen. Spiel und Soundtrack erschienen vor ungefähr sechs Jahren und symbolisieren perfekt, warum sich aus einem „Mittel zum Zweck“ eine neue Stilrichtung entwickelte.

Gute Chiptune-Musik muss in meinen Augen drei Kriterien erfüllen: Sie muss das Flair der alten Tage widerspiegeln, rein vom Klang her trotzdem modern klingen (und nicht verrauscht oder fiepsig) und verdammt gut komponiert sein. Letzteres ist ein sehr wichtiges Element, denn ohne eine gescheite Ohrwurmmelodie ist Chiptune verloren. Im Idealfall sollte sie derart clever konzipiert sein, dass sie mit „normalen“ Instrumenten bedeutend schlechter funktioniert.

VVVVVV erfüllt diese Bedingungen allesamt mit Auszeichnungen. Magnus Pålsson hat einen zugleich homogenen wie höchst abwechslungsreichen Score erstellt, der die piepsigen, von alten Computersystemen generierten Instrumente zu einem poppigen wie peppigen Gesamtwerk zusammenwürfelt. Er steigt mit jedem Musikstück sofort voll ein und bleibt zu keinem Zeitpunkt stehen. Des Weiteren funktioniert der Soundtrack hervorragend im Spiel als auch in Albumform.

Das einzige, was man Pålsson vorwerfen könnte: Er betritt kein Neuland. Er perfektioniert all die Tricks und die Eigenheiten der Chiptune-Kunst, jedoch ohne etwas grundlegend Neues hinzuzufügen. Diese Ehre sollte fünf Jahre später einem anderen Künstler vorbehalten bleiben…