Oscar Prognose 2024/25

Kurz vor Toresschluss kann ich gar nicht anders und möchte euch noch meine Oscar-Tipps & -Meinungen für die heutige Nacht präsentieren.

Bester Film

Frontrunner: Anora
Spoiler: Conclave
Missing: Flow

My Ranking:
1.Anora
2.Conclave (Konklave)
3.Wicked
4.The Brutalist
5.The Substance
6.Dune: Part Two
7.I’m Still Here
8.A Complete Unknown (Like A Complete Unknown)
9.Nickel Boys
10.Emilia Pérez

Es ist spannend wie selten zuvor: Fast das ganze Jahr über wird Anora als vermeintlicher Oscar-Sieger gefeiert, nach dem Erfolg in Cannes und weil viele im Vorfeld gehypten Filme baden gehen bzw. lieber Goldene Himbeeren gewinnen möchten (siehe Megalopolis, siehe Joker: Folie à Deux).

Der Reihe nach gab es ständig neue Favoriten, wie Wicked (weil nicht nur erfolgreich sondern auch ernsthaft gut), The Brutalist (Kritikerliebling und klassisches Epos, das vor zwanzig Jahren locker gewonnen hätte) und natürlich Emilia Pérez (weil aus irgendwelchen Gründen dieser Film für praktisch alles nominiert werden muss, was es gibt – ungeachtet der immensen Kritik und es im Nachhinein kaum einer zugeben möchte, dass er/sie den Film wirklich gut findet).

Aber nachdem Anora schon von Oscar-Watchern beerdigt wurde, gewinnt Sean Bakers Indie-Dramedy den Critics Choice Award, den Director Guild Award, den Producer Guild Award und den Writer Guild Award. Die letzten drei Preise sind deshalb so wichtig, weil es eine Schnittmenge zwischen den Wählern bei den Gilden und bei den Oscars gibt.

Auf einmal war Anora wieder DER Frontrunner, uneinholbar… und darf dann doch zittern, weil Underdog Conclave zum Schluss den BAFTA (Britischer Oscar) und den Screen Actor für das beste Ensemble erhalten hat.

Damit ist Edward Berger zum zweiten Mal der Regisseur eines potenziellen Oscar-Best-Picture-Siegers (nach Im Westen nichts Neues) und das obwohl er erneut nicht für die Regie nominiert ist.

Mir persönlich ist es fast egal, weil Anora und Conclave zusammen mit Wicked mein persönliches Lieblingstrio bilden: Das sind für mich DIE drei Filme, denen ich es doch am meisten gönnen würde. Im Falle von Wicked gehe ich stark davon aus, dass die Academy sich hier erst einmal den zweiten Teil anschauen möchte. Ansonsten hätte The Brutalist eigentlich auch gute Karten, als klassisches Epos, dass viele Golden Globes und Brady Corbet einige Reigepreise erhalten hat – nur hat der Film nicht einen einzigen Gildenpreis gewonnen. Keinen. Nicht einmal Adrien Brody als Hauptdarsteller.

Abschließend ein Wort zu den zehn nominierten Filmen an sich: Die Auswahl ist für mich mit eine der besten überhaupt… wenn da nicht Emilia Pérez wäre, einer der schlechtesten Best-Picture-nominierten Filme, die ich gesehen habe (und ich habe fast alle von 1928 bis heute gesehen!).

Dafür sind die anderen neun momentan in meiner persönlichen Top Ten (was so auch glaube noch nie passiert ist), gleichwohl sich natürlich so etwas mit der Zeit und bei nochmaligem Anschauen immer etwas verschieben kann. Ebenfalls sehr klar klarer für mich ist, welchen Film ich gegen Emilia Pérez austausche: Flow – ein animierter Film mit einer schwarzen Katze als Protagonist, die gemeinsam mit anderen Tieren in einer Shadow-of-the-Colossus-ähnlichen Welt ums Überleben einer Flutkatastrophe kennt. Sprich: Da kann ich einfach nicht objektiv sein XD

Beste Regie

Frontrunner: Sean Baker (Anora)
Spoiler: Brady Corbet (The Brutalist)
Missing: Edward Berger (Conclave) & Jon M. Chu (Wicked)

My Ranking:
1.Sean Baker (Anora)
2.Brady Corbet (The Brutalist)
3.Coralie Fargeat (The Substance)
4.James Mangold (A Complete Unknown (Like A Complete Unknown))
5.Jacques Audiard (Emilia Pérez)

Über Monate hinweg hieß es: Brady Corbet wird für The Brutalist gewinnen, weil er mit gerade mal 10 Millionen Dollar ein epochales, über dreistündiges Drama gedreht hat. Und in der Tat räumt Corbet gut ab, darunter den Golden Globe und den BAFTA – aber das bringt ihm relativ wenig, wenn er ausgerechnet die beiden wichtigsten Preise verliert: den Critics Choice Award (der in einem völlig bizarren Moment an Jon M. Chu für Wicked ging) und den Director Guild Award… den Sean Baker unter tosendem Applaus für Anora erhielt.

Und ja: Dieser eine Gildenpreis ist sehr, sehr mächtig. Es gibt Ausnahmen, nach denen der DGA-Gewinner nicht den Oscar für die Regie erhält. Aber das ist wirklich sehr selten und meist durch einen Underdog begründet, der überraschend kurz vor Schluss durch die Ziellinie rauscht. Eine Rolle, die man eigentlich Baker zugetraut hätte.

Und ganz ehrlich: Er hat es auch verdient. Mag sein, dass The Brutalist riesengroß ist und Corbet verdammt gut gehaushaltet hat. Aber Bakers Leistung ist aus meiner Sicht viel wertvoller, weil er nahezu nahtlos von einem modernen Märchen über überdrehte Comedy-Einlagen mit Tom-&-Jerry-Vibes bishin zum sehr tiefgründigen wie sehr emotionalen Finale wechselt. DAS ist Kunst und DAS gehört ausgezeichnet.

Ansonsten möchte ich Coralie Fargeat für ihre mutige Eigensinnigkeit loben, dass sie The Substance so schonungslos durchgezogen hat, wie sie das wohl für richtig erachtete. James Mangold hingegen… nun… irgendwo gönne ich dem Mann ja seine erste Regienominierung und A Complete Unknown ist ein wirklich guter Film. Aber die Filme von Berger und Chu waren besser, visionärer, ausgereifter.

Und Audiard? Tja, auch er hat einen Film mit vielen Nuancen und Facetten gedreht – nur das seiner im Gegensatz zu Bakers Anora einfach nicht funktioniert.

Beste Hauptdarstellerin

Frontrunner: Demi Moore (The Substance)
Spoiler: Mikey Madison (Anora) oder Fernanda Torres (I’m Still Here)

My Ranking:
1.Mikey Madison (Anora)
2.Demi Moore (The Substance)
3.Fernanda Torres (I’m Still Here)
4.Cynthia Erivo (Wicked)
5.Karla Sofía Gascón (Emilia Pérez)

Ähnlich wie bei Best Picture zerreißt es mich, hier einen Favoriten rauszupicken. Gascón ist praktisch raus, sowohl wegen den furchtbaren Tweets, die ihre Kampagne zerstört haben, als auch weil sie nicht mit dem Rest mithalten kann. Möchte sie aber trotzdem als eine der positiven Elemente aus Emilia Pérez hervorheben und ich hoffe für sie, dass sie aus den Fehlern der vergangenen Wochen lernt bzw. irgendwie zurückkommt.

Cynthia Erivo ist auch noch leicht abgeschlagen, was aber bei ihr mehr am „Es ist halt nur die erste Hälfte der Story“-Faktor liegt. Ansonsten möchte ich am liebsten eine dreiseitige Münze werfen: Moore hat die klassische Comeback-Story, die ihr zum Sieg verhelfen könnte – nur war ihre Karriere davor sehr wankelmütig und die Academy hat noch nie eine solche Body-Horror-Rolle wie jene aus The Substance ausgezeichnet. Madison IST Anora und trägt den Film maßgeblich – ist aber noch sehr, sehr jung. Und Torres wurde ansonsten nur bei den Golden Globes nominiert – wo sie aber gewonnen hat und weshalb vermutlich genau deswegen genügend Academy-Mitglieder I’m Still Here gesehen sowie zu einem Best-Picture-nominierten Film gemacht haben.

Demi Moore hat ansonsten fast jeden Preis gewonnen, den sie kriegen konnte – aber nicht den BAFTA, was sehr merkwürdig gewesen ist. Der ging nämlich an Mikey Madison für Anora, während der Film ansonsten bei den Briten nicht besonders gut ankam.

Wie gesagt: ein Münzwurf. Der „sichere“ Tipp ist Moore, der „mutige“ Madison. Und sollten genügend Academy-Mitglieder I’m Still Here gesehen haben, dann würde ich fast schon auf Torres wetten.

Bester Hauptdarsteller

Frontrunner: Adrien Brody (The Brutalist)
Spoiler: Timothee Chalamet (A Complete Unknown)

My Ranking:
1.Adrien Brody (The Brutalist)
2.Timothee Chalamet (A Complete Unknown (Like A Complete Unknown))
3.Colman Domingo (Sing Sing)
4.Ralph Fiennes (Conclave (Konklave))
5.Sebastian Stan (The Apprentice)

Adrien Brody hat einen fast einwandfreien Durchmarsch hingelegt und alles gewonnen – außer ausgerechnet den Screen Actor Guild Award, der am häufigsten mit den Oscars übereinstimmt. Der ging an Timothee Chalamet – und in der Tat liebt die Academy Schauspielleistungen, die auf reale Persönlichkeiten beruhen.

Trotzdem: Brody ist in meinen Augen allein aufgrund seiner puren Leistung zu mächtig. Sollte er verlieren, dann eher weil er damals für The Pianist bereits einen Oscar erhalten hat. Was eigentlich selten eine Rolle spielt, gerade in den letzten Jahren.

Beste Nebendarstellerin

Frontrunner: Zoe Saldana (Emilia Pérez)
Spoiler: Isabella Rossellini (Conclave (Konklave))

My Ranking:
1.Ariana Grande (Wicked)
2.Felicity Jones (The Brutalist)
3.Monica Barbaro (A Complete Unknown (Like A Complete Unknown))
4.Zoe Saldana (Emilia Pérez)
5.Isabella Rossellini (Conclave (Konklave))

Dieser Oscar für Emilia Pérez ist kaum zu verhindern: Zoe Saldana hat alles gewonnen. Wirklich… alles. Auch nachdem der Skandal mit den Tweets rund um Gascon losging.

Zumindest ist Soldana das beste, was der Film zu bieten hat – und die anderen Kandidaten haben alle ein „Aber…“ am Gepäck kleben: Ariana Grande ist fantastisch lustig und mit weitem Abstand meine persönliche Favoritin, aber es ist eben (ich wiederhole mich) erst die erste Hälfte der Story. Felicity Jones spielt fast so gut wie Brody, aber ist erst/ausschließlich in der zweiten Filmhälfte zu sehen. Monica Barbaro kann sehr gut mit Chalamet mithalten, aber sie ist mit Abstand die Unbekannteste in diesem Quintett und ihre Nominierung an sich war schon leicht überraschend. Isabella Rossellini hat den größten Star- bzw-. Überfälligkeitsstatus, nur ist ihre Rolle derart klein und unscheinbar, weshalb selbst ich, ein großer Fan von Conclave, sie kaum wahr genommen habe.

Am Ende nehme ich Rossellini nur deshalb als Spoiler, falls die Academy Emilia Pérez dann doch komplett abstrafen und Rossellini quasi einen Oscar für ihre gesamte Karriere geben möchte.

Bester Nebendarsteller

Frontrunner: Kieran Culkin (A Real Pain)
Spoiler: Jeremy Strong (The Apprentice)

1.Kieran Culkin (A Real Pain)
2.Jeremy Strong (The Apprentice)
3.Yura Borisov (Anora)
4.Guy Pearce (The Brutalist)
5.Edward Norton (A Complete Unknown (Like A Complete Unknown))

Kieran Culkin. Mehr gibt es nichts zu sagen. Beste Rolle. Alle Preise gewonnen. Kein echter Konkurrent im Weg. Und Jeremy Strong hat nur deshalb krasse Außenseiterchancen, weil sein Name doch relativ häufig von anonymen Academy-Mitgliedern genannt wurde, die ihre Wahl bereits im Vorfeld verraten haben.

Bestes Original Drehbuch

Frontrunner: Anora
Spoiler: The Substance oder A Real Pain

My Ranking:
1.Anora
2.The Brutalist
3.The Substance
4.September 5
5.A Real Pain

Das hier war mal der am sichersten geglaubte Oscar für Anora – und den wichtigsten Preis, nämlich den Writer Guild Award, hat Sean Baker auch gewonnen. Aber alle anderen… nicht… und jedes Mal hat Baker gegen jemand anderen verloren: den Golden Globe an Conclave (da wird allerdings auch nicht zwischen Original und Adaptierten Drehbuch unterschieden), den Critcs Choice Award an The Substance (in der Tat wäre das hier eine gute Gelegenheit, Coralie Fargeat auszuzeichnen) und den BAFTA an A Real Pain (geschrieben von niemand geringerem als Jesse Eisenberg, der sicherlich mehr Freunde in Hollywood hat als ein gewöhnlicher Drehbuchautor).

Weil diese ganzen anderen Preise sich auf keinen gemeinsamen Nenner einigen konnten und der Writer Guild Award wie gesagt eben der wichtigste Preis von allen ist, tendiere ich weiterhin zu Anora. Aber dieser potenzielle Oscarsieg ist deutlich unsicherer als der für Film oder Regie.

Best adaptiertes Drehbuch

Frontunner: Conclave
Spoiler: Nickel Boys

My Ranking:
1.Conclave (Konklave)
2.Nickel Boys
3.A Complete Unknown (Like A Complete Unknown)
4.Sing Sing
5.Emilia Pérez

Conclave durch und durch. Ähnlich wie im Falle von Kieren Culkan hat Conclave alles gewonnen, was man gewinnen kann. Zudem ist die Konkurrenz deutlich schwächer als es bei Original Drehbuch der Fall wäre.

Bester Filmschnitt

Frontrunner: Conclave
Spoiler: Wicked
Missing: A Complete Unknown

My Ranking:
1.Conclave (Konklave)
2.Wicked
3.The Brutalist
4.Anora
5.Emilia Pérez

Irgendwie fühlen sich alle nominierten Filme „falsch“ an. Normalerweise gewinnt hier ein Film, der besonders stark/schnell/oft geschnitten ist. Was für Emilia Pérez sprechen würde, aber… nein, einfach nein. Bitte, liebe Academy: Macht… das… nicht!

Der Schnitt von Anora sorgt mit dafür, dass der Film so gut funktioniert – aber er ist auch so unscheinbar und unsichtbar… es ist wirklich schade, dass solche Leistungen kaum registriert werden. The Brutalist hingegen ändert im Laufe der Zeit seine Pace, was ich wirklich beachtlich fand – aber trotzdem sind am Ende dreieinhalb Stunden über, die man sicherlich noch irgendwie hätte kürzen können.

Wicked glänzt mit furios geschnittenen Musical-Nummern und ist jedoch ebenfalls einen Tacken zu lang für so einen Filmschnitt-Oscar, weshalb am Ende nur Conclave bleibt. Der sitzt zwischen allen Stühlen, sein Schnitt ist nicht aufdringlich, aber doch spürbar. Und damit ist er der logische Gewinner.

Anmerkung: Ich finde es sehr schade, dass A Complete Unknown ausgerechnet hier nicht nominiert wurde. Dort gefielen mir nämlich die Szenenübergänge ungemein und haben mir das Gefühl vermittelt, dass der Filme regelrecht von einer Szene zur nächsten fließt.

Beste Kamera

Frontrunner: The Brutalist
Spoiler: Maria
Missing: Conclave

My Ranking:
1.Maria
2.The Brutalist
3.Dune: Part Two
4.Nosferatu
5.Emilia Pérez

Das hier ist so mit die furchtbarste Oscar-Nominierung für Emilia Pérez – vor allem wenn man bedenkt, dass das fantastisch aussehende Conclave übergangen wurde. Dem Film hätte ich auch ohne mit der Wimper zu zucken den Oscar gegeben – aber so wird es wohl The Brutalist machen, der von Anfang bis Ende immer wieder mit beeindruckenden Einstellungen glänzt.

Mein persönlicher Favorit ist Maria, weil … OMG … wie schön kann ein Film eigentlich aussehen?

Bestes Produktionsdesign

Frontrunner: Wicked
Spoiler: Nosferatu

My Ranking:
1.Wicked
2.Dune: Part Two
3.Conclave (Konklave)
4.The Brutalist
5.Nosferatu

Wicked. Punkt. Darüber diskutiere ich nicht einmal.

Beste Kostüme

Frontrunner: Wicked
Spoiler: Nosferatu

My Ranking:
1.Wicked
2.Gladiator 2
3.Nosferatu
4.A Complete Unknown (Like A Complete Unknown)
5.Conclave (Konklave)

Siehe Produktionsdesign

Bestes Make-Up und Frisuren

Frontrunner: The Substance
Spoiler: Wicked

My Ranking:
1.The Substance
2.Nosferatu
3.Wicked
4.A Different Man
5.Emilia Pérez

Dieser potenzielle Oscar für The Substance ist für Demi Moore sehr wichtig, denn in den letzten 15 Jahren haben auffallend viele Hauptdarsteller gemeinsam mit ihren Makeup-Künstlern gewonnen (Darkest Hour, The Whale, The Eyes of Tammy Faye, Poor Things, Les Miserables, The Iron Lady). Und wenn die Academy Horror-Filme mit Oscars prämiert, dann beim Makeup – ganz unabhängig davon, dass es mit Abstand (!) die beste Leistung des Jahres ist.

Beste Musik

Frontrunner: The Brutalist
Spoiler: Wicked
Missing: Challengers

My Ranking:
1.Conclave (Konklave)
2.The Wild Robot
3.Wicked
4.The Brutalist
5.Emilia Pérez

Ich werde mit der Musik von The Brutalist irgendwie nicht warm… ich kann nicht einmal erklären, woran das liegt. Aber sie gilt als Favorit, was ich freilich akzeptieren muss.

Mein persönliches Trio Wild Robot, Conclave und Wicked kann sich im Laufe der Zeit ändern – die liegen alle drei so dicht beieinander, weshalb mir eine Rangliste sehr schwer fällt. Und ja, ich weiß: Wicked basiert auf einem Musical. Meine Beurteilung bezieht sich aber rein auf den Score von John Powell und Stephen Schwartz, der extra für den Film geschrieben wurde und der IMHO perfekt zu den bereits vorhandenen Musicalnummern passt.

Die ganze Diskussion rund um den möglichen Sieger wäre übrigens hinfällig, wenn die Academy Challengers nominiert hätte – weil der Film hat nämlich fast alle anderen Preise gewonnen. Seufz…

Bester Song

Frontrunner: El Mal (Emilia Pérez)
Spoiler: The Journey (The Six Triple Eight)

My Ranking:
1.Like A Bird (Sing Sing)
2.El Mal (Emilia Pérez)
3.Mi Camino (Emilia Pérez)
4.The Journey (The Six Triple Eight)
5.Never Too Late (Elton John: Never Too Late)

Gute Güte, was ist das für eine schwache Kategorie in diesem Jahr… kein Vergleich zur letzten Verleihung, wo allein die beiden Barbie-Songs für mächtig Stimmung sorgten.

Ich gebe zu: El Mal ist nicht schlecht. Der Song ist reich an Energie, die Szene sehr gut choreographiert und die Performance aller Beteiligten einwandfrei. Wäre der gesamte Film so, dann hätte ich die dreizehn Oscar-Nominierungen schon eher verstanden.

Mi Camino fand ich auch nicht schlecht, aber El Mal dominierte bislang sehr deutlich alle bislang vollzogenen Preisverleihungen.

The Journey von The Six Triple Eight hat Außenseiterchancen, wenn die Academy dann doch endlich Dianne Warren ihren Oscar geben möchte. Und damit sie vielleicht danach nicht mehr für wirklich ALLES nominiert werden muss, was sie schreibt.

Bester Ton

Frontrunner: Dune Part Two
Spoiler: A Complete Unknown

My Ranking:
1.A Complete Unknown (Like A Complete Unknown)
2.Dune: Part Two
3.Wicked
4.The Wild Robot
5.Emilia Pérez

Es ist das erste Jahr, wo ich es ernsthaft bedauere, dass es keine getrennten Oscars mehr für Tonabmischung und Toneffekte gibt. Denn dann hätte A Complete Unknown zweifelsohne ersteren und Dune Part Two definitiv letzteren Oscar gewonnen.

So bleibt nur ein Mischmasch und auch wenn ich A Complete Unknown es von Herzen gönnen würde (weil die Abmischung wirklich sensationell gut ist), so sehe ich den gemeinen Oscar-Wähler eher ein Kreuzchen beim lauten Dune Part Two machen.

Beste visuellen Effekte

Frontrunner: Dune Part Two
Spoiler: Wicked

My Ranking:
1.Dune: Part Two
2.Wicked
3.Alien: Romulus
4.Better Man
5.Kingdom of the Planet of the Apes (Planet der Affen: New Kingdom)

Keine Diskussion… obwohl halt, vielleicht doch: Es gibt Oscar-Blogger, die Kingdom of the Planet of the Apes als potenziellen Sieger sehen. Was ich nicht verstehe, weil keiner der Affen-Filme bislang gewonnen hat – auch dann nicht, wenn kein Best-Picture-nominierter Film mit im Rennen ist. Die nämlich fast immer automatisch siegen und weshalb ich eher Wicked als Spoiler sehe.

Bester Internationaler Film

Frontrunner: I’m Still Here
Spoiler: Emilia Pérez

My Ranking:
1.Flow (Lettland)
2.I’m Still Here (Brasilien)
3.The Girl with the Needle (Das Mädchen mit der Nadel) (Dänemark)
4.The Seed of the Sacred Fig (Die Saat des heiligen Feigenbaums) (Deutschland)
5.Emilia Pérez (Frankreich)

Mein geliebtes Flow wird hier nicht gewinnen, aber das ist nicht schlimm: Vier der fünf nominierten Filme sind großartig. Trotzdem hat bislang der fünfte, nämlich Emilia Pérez, praktisch alles eingesackt.

Und doch tippt praktisch jeder Oscar-Wahrsager auf I’m Still Here und das aus einem entscheidenden Grund: Das brasilianische Biopic hat aus dem Nichts heraus eine Best-Picture-Nominierung erhalten und wird von nahezu allen, die es gesehen haben, als der klar bessere Film bezeichnet.

Auch ich kann eigentlich gar nicht anders und fiebere für den vermeintlichen Underdog mit.

Bester Animierter Film

Frontrunner: The Wild Robot
Spoiler: Flow

My Ranking:
1.Flow
2.The Wild Robot
3.Memoir of a Snail
4.Inside Out 2 (Alles steht Kopf 2)
5.Wallace and Gromit: Vengeance Most Fowl (Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln)

Was für ein Quintett! Alle fünf Filme sind verdient Oscar-nominiert, gleichwohl die beiden Fortsetzungen von Inside Out und Wallace & Gromit ganz leicht abfallen. The Wild Robot hätte es allein für seine meisterhafte Musik verdient, Memoir of a Snail ist so freakig wie liebevoll gemacht und über Flow habe ich bereits mehrfach geschwärmt.

In der Tat gibt es hier sogar minimale Siegchancen, nachdem Flow überraschend den Golden Globe vor The Wild Robot gewonnen hat. Aber letzterer ist dann doch mehr Academy- und Mainstream-freundlicher – im übrigen beide Filme von der Thematik her nicht weit auseinander liegen.

Bester Dokumentarfilm

Frontrunner: Porcelain War
Spoiler: No Other Land

My Ranking:
1.Porcelain War
2.No Other Land
3.Soundtrack to a Coup d’Etat
4.Sugarcane
5.Black Box Diaries

Ich wiederhole mein Lob bezüglich der Animierten Filme: Die fünf nominierten Dokumentarfilme sind ebenfalls alle sehr gut und meine Rankings liegen sehr dicht beieinander. Viele sehen No Other Land als den besten Dokumentarfilm, was ich aufgrund der Thematik und der Umsetzung auch gut verstehen kann. Mich persönlich hat allerdings Porcelain War einen Tacken mehr beeindruckt, allen voran wegen den Drohnenaufnahmen und die den Schrecken des Ukraine/Russland-Konflikts umso beklemmender vermitteln.

No Other Land plagen zwei Probleme: Zum einen ist der Film auch in den USA nur schwer zugänglich und wird nirgends gestreamt. Zum anderen haben die beiden Regisseure einige Isreal-kritische Kommentare von sich gegeben, nachdem sie mit ihrem Film auf der Berlinale gewonnen haben. Und ohne den Inhalt der Kommentare zu bewerten bzw. ob sie recht oder unrecht haben: Viele Academy-Mitglieder sind jüdischer Abstammung und werden diese Kommentare vermutlich nicht mögen, so unfair das auch klingen mag.

Bester Kurzdokumentarfilm

Frontrunner: I Am Ready, Warden
Spoiler: The Only Girl in the Orchestra

My Ranking:
1.Incident
2.Instruments of a Beating Heart
3.I Am Ready, Warden
4.Death by Numbers
5.The Only Girl in the Orchestra

The Only Girl in the Orchestra ist ein überraschend polarisierender Kurzdokumentafilm und dies aus einem eher doofen Grund: Es ist der Film mit der mit Abstand „unwichtigsten“ Thematik. Das gefällt dem einen, weil sich der Film eher entspannend und leicht anzuschauen anfühlt – und missfällt dem anderen, weil so ein Oscar doch besser auf ein wichtiges Thema hinweisen könnte.

Mir selbst war er auch zu harmlos, gleichwohl handwerklich gut gemacht. Mein Favorit Incident ist von ganz anderer Natur und zeigt ausschließlich Aufnahmen von Straßenkameras, die einen tödlichen Vorfall zwischen einem schwarzen Mann und mehreren weißen Polizisten dokumentieren – und wo mir am Ende die Kinnlade runter geklappt ist.

Death by Numbers dokumentiert die Gedanken einer jungen Frau, die das Parkland-Schulmassaker überlebt hat und vor Gericht ein Statement vor den Augen des Amokläufers vorbereitet. Instruments of a Beating Heart zeigt eine japanische Grundschulklasse, in der einzelne Schüler für eine Musikaufführung gesucht und ausgewählt werden. Was auch total harmlos klingt, wenn man nicht den Leistungsdruck und die hohe Erwartungshaltung der Schüler spüren würde.

Am Ende sehe ich I Am Ready, Warden als leichten Favoriten, weil es die letzten Gespräche eines verurteilten Mörders kurz vor seiner Hinrichtung zeigt – und parallel dazu den Sohn des getöteten Opfers gegenüberstellt.

Bester Animierter Kurzfilm

Frontrunner: Wander to Wonder
Spoiler: Magic Candies

My Ranking:
1.Wander to Wonder
2.In the Shadow of the Cypress
3.Magic Candies
4.Yuck!
5.Beautiful Men

Ich bin kein großer Fan von Beautiful Men und Yuck – habe mich bei beiden Filmen irgendwie unwohl gefühlt, was aber glaube mehr an mir selbst liegt. Beautiful Men zeigt drei Brüder, die eine Klinik für eine Haartransplation besuchen. Alle drei fühlen sich als nicht sehr attraktiv, sind unsicher und greifen sich am Ende auch gegenseitig an. Zwischendurch sieht es so aus, als ob nur einer eine Transplantation erhält – und der Grund, warum es dann doch alle drei schaffen, wirkt völlig willkürlich und wie aus dem Zauberhut gezogen.

Yuck dreht sich um eine Handvoll Kinder, die gemeinsam auf einem Zeltplatz Erwachsene beim Küssen beobachten und dies eklig finden. Natürlich kommt es wie es kommen muss und zwei der Kinder verspüren selbst den Drang, sich zu küssen. Und wie gesagt: Ich hab mich unwohl gefühlt. Obwohl die Darstellung und die Umsetzung sehr harmlos bzw. eher niedlich ist.

Magic Candies ist ein klassischer animierter Film, basierend auf einem Kinderbuch. Demzufolge erhält ein Junge die Fähigkeit, dass er Dinge oder Tiere sprechen hört, sobald er ein vom Muster her passendes Bonbon lutscht. Hier hat mir die Schlusspointe sehr gut gefallen, die ich so nicht erwartet habe. Als Spoiler sehe ich ihn deshalb, weil er sich am „klassischsten“ von allen nominierten Filmen anfühlt.

In the Shadow of the Cypress könnte man an als den „künstlerisch wertvollen“ Beitrag bezeichnen, der obendrein von einer sehr ernsten Thematik profitiert: ein älterer Mann lebt mit seiner erwachsenen Tochter alleine am Strand und leidet aufgrund seinen eigenen Kriegserfahrungen an PTSD. Er ist leicht getriggert und wird schnell aggressiv, was gleichzeitig eine große Belastung für die Tochter ist. Doch dann wird ein Wal an den Strand geschwemmt, den beide unbedingt retten wollen. Der Mann wird daraufhin von mehreren Rückfällen geplagt und kann doch am Ende einen wichtigen Schritt für seinen eigenen Lebensfrieden leisten.

Mein ganz klarer Favorit, sowohl persönlich als auch als potenzieller Oscarsieger, ist ohne jeden Zweifel Wander to Wonder. Mir fällt es hier auch leider schwer etwas zu schreiben und dies ohne zu spoilern. Deshalb nur so viel: Die Prämisse ist eine Kindersendung, in der ein älterer, liebenswerter Mann mit drei Knetfiguren interagiert. Recht früh bemerkt man jedoch, dass irgendetwas nicht stimmt – und wird mit einer echten Horrorvorstellung konfrontiert, die mich sehr mitgenommen hat. Sprich: Auch der Film ist unangenehm, aber auf eine positive Weise – und mit einem sehr gut ausgearbeiteten Drehbuch, das innerhalb von einer Viertelstunde sehr viel zeigt und gleichzeitig keinen Meter chaotisch ist.

Bester Kurzfilm

Frontrunner: A Lien
Spoiler: I’m Not a Robot

My Ranking:
1.The Man Who Could Not Remain Silent
2.I’m Not a Robot
3.Anuja
4.The Last Ranger
5.A Lien

Vorweg: Alle fünf Kurzfilme sind gut, weshalb es für mich auch kein „Problem“ ist, wenn (wie von vielen vorher gesagt) mein am „schlechtesten“ platzierter gewinnt. A Lien ist ein cleveres Wortspiel, weil es einerseits französisch für „Eine Bindung“ bedeutet und andererseits zusammengeschrieben auf „Alien“ hinweist – womit in Amerika vorrangig ein Ausländer gemeint ist.

Entsprechend handelt der Film um eine kleine Familie (bestehend aus Vater, Mutter und Kind) aus El Salvador, die in die USA einreißen möchten. Die Mutter ist gebürtige Amerikanerin, weshalb es für sie kein Problem gäbe – wenn es nicht zu Konflikten und Vorurteilen gegenüber des Vaters kommen würde und weshalb die Behörden ihm die Einreise verweigern.

Das Ende ist bewusst offen gelassen und suggeriert eine drohende Trennung der Familie. Der Film könnte allein wegen der Thematik gewinnen, die spätestens mit der Wiederwahl von Donald Trump spürbar an Gewicht zugenommen hat.

Mein Favorit ist hingegen The Man Who Could Not Remain Silent: Der wirklich sehr kurze Kurzfilm basiert auf einer wahren Begebenheit, als im Jahre 1993 eine paramilitärische Einheit in Bosnien und Herzegowina einen Zug stoppt und sämtliche Muslime herausholt. Das gleiche Schicksal wäre beinahe einem jungen Mann ohne Ausweis widerfahren, wenn sich nicht ein alter jugoslawischer Ex-Offizier eingemischt hätte. Am Ende wurde er anstatt des Jungen aus dem Zug geholt – und hat sich im wahrsten Sinne des Wortes damit geopfert.

Der Film geht einem entsprechend an die Nieren, obwohl man das finale Schicksal der Männer nicht sieht und die gesamte Story innerhalb des Zuges statt findet. Bei der Thematik braucht es schlichtweg nicht mehr.

The Last Ranger spielt in Südafrika und behandelt die Beziehung zwischen einem jungen Mädchen und einer jungen Frau, einer Rangerin genau genommen. Sie kümmert sich um den Verbleib der Nashörner und muss sich dabei stets mit ruchlosen Wilderern auseinander setzen. Während des Filmes eskaliert ein solcher Konflikt und zieht die Familie des Mädchens mit hinein.

Wie alle anderen Kurzfilme profitiert auch dieser von sehr guten Schauspielern und von einer gewissen Authentizität: Das gerettete Nashorn wurde tatsächlich im realen Leben bedroht und konnte von Rangern gerettet werden.

Anuja führt uns nach Indien und in das Leben zweier Schwestern, die alleine wohnen. Beide verdienen sich ihren Lebensunterhalt in einer Textilfabrik. Die jüngere, die gerade einmal neun Jahre alt ist, besitzt jedoch ein mathematisches Talent und erhält die Chance, eine Schule zu besuchen – sofern sie den passenden Eignungstest besteht. Das würde jedoch bedeuten, dass die Schwestern getrennt wären. Und entsprechend offen ist das Ende, das leider sehr hastig und wirr inszeniert ist. Ansonsten wäre Anuja ein sehr guter Film, der viele emotionale Höhen wie Tiefen vereint.

Und wie jedes Jahr gibt es auch etwas „Lustiges“, nämlich I’m Not a Robot – zumindest beginnt der Film sehr amüsant. Wir alle kennen diese Captcha-Tests, die beweisen sollen, dass man ein Mensch und keine Maschine sei. Der Film spielt genau damit und zeigt eine Frau, die verzweifelt versucht ein Captcha zu lösen und ständig gesagt bekommt, sie sei kein Mensch. Was sich schnell als Wahrheit herausstellt und die altbekannte Frage aufwirft: Kann eine menschenähnliche Maschine überhaupt selbst erkennen, dass sie kein Mensch ist?

Vollständiges Ranking

50. Better Man
49. The Six Triple Eight
48. Beautiful Men
47. Emilia Pérez
46. Elton John: Never Too Late
45. Yuck!
44. Kingdom of the Planet of the Apes
43. Maria
42. Magic Candies
41. Gladiator 2

40. The Only Girl in the Orchestra
39. A Lien
38. Alien: Romulus
37. Death by Numbers
36. A Different Man
35. The Last Ranger
34. Instruments of a Beating Heart
33. I Am Ready, Warden
32. Nosferatu
31. Black Box Diaries

30. Sugarcane
29. I’m Not a Robot
28. In the Shadow of the Cypress
27. Anuja
26. Soundtrack to a Coup d’Etat
25. Wallace & Gromit. Vengance Most Foul
24. Inside Out 2
23. Wander to Wonder
22. The Apprentice
21. No Other Land

20. Incident
19. Memoir of a Snail
18. A Real Pain
17. Porcelain War
16. Sing Sing
15. The Man Who Could Not Remain Silent
14. The Seed of the Sacred Fig
13. The Wild Robot
12. The Girl with the Needle
11. September 5

10. Nickel Boys
09. A Complete Unknown
08. Ainda Estou Aui
07. Dune: Part Two
06. The Substance
05. Flow
04. The Brutalist

03. Wicked
02. Conclave

01. Anora