OST #85: World of Goo

085-World_of_GooComposer: Kyle Gabler
System: PC
Year: 2008

Mein Musikgeschmack ist eigen und ohne jeden Zweifel einmalig. Ihr glaubt mir nicht? Bitte, hier ist der Beweis: World of Goo wurde von keiner mir bekannten Institution auch nur in die Nähe einer Nominierung (!) für den besten Soundtrack des Jahres 2008 gerückt – und doch steht der kleine Indie-Hit in meiner entsprechenden Liste ganz oben auf Platz 1. Immerhin: Die Entscheidung war „knapp“, denn schließlich berichtete ich gerade mal vor zwei Tagen von einem anderen Soundtrack des gleichen Jahrgangs…

Bereits das Denkspielgenre lässt nicht gerade auf musikalische oder gar pompöse Klangewalt schließen – und schon gar nicht auf eines, das voll auf Atmosphäre setzt. In der Tat deckt der Soundtrack die volle Bandbreite von fröhlich über traurig bis dramatisch ab – obwohl ihr im Spiel selbst nichts anderes tut als mit quirligen kleinen Goos riesige Brücken zu bauen. In der Tat würde wohl ohne Kyle Gablers Musik gar nicht erst Dramatik zustande kommen – und genau DESHALB ist sie so grandios.

Mal ehrlich: Ein Denkspiel, dass Gefühle und Emotionen allein aufgrund des Sounds auslöst – wo gibt es das?. In „Jelly“ sorgen ein leises Zugrattern im Hintergrund in Kombination mit dem ruhigen Piano und dem Synthi-Streicher für Wehmut ohne Ende. „Cog In The Machine“ vermittelt euch mit seinem Jauchzen und Kreischen von Kinderstimmen nicht wirklich eindeutig, ob es sich nach Spaß oder nach Panik anhört. Der Trompeter in „Ode To The Bridge Builder“ schwebt irgendwo zwischen Leidenschaft und Langeweile. Und der übertrieben hämmende Beat aus „Red Carpet“ drängt sich derart in den Vordergrund, weshalb alle anderen Instrumente hinten anstehen müssen.

Teile des Soundtracks bestehen aus sehr kurzen Stücken, die sich schnöde wiederholen und alles andere als professionell ausgearbeitet klingen. Aber dieser laienhafte Ansatz ist einer der großen Reizpunkt von World of Goo, weil er so herrlich unschuldig und unendlich kreativ daherkommt. Zudem sprudelt er nur so vor Abwechslung, weshalb das Titelthema nach Danny Elfman klingt, ihr bei „Years Of Work“ an Vangelis denkt oder „My Virtual World Of Goo Corporation“ voll in die Chiptune-Kiste greift.

Ungemein interessant ist das offizielle Album, das Gabler seit Drängen der Fans für lau auf seiner Webseite bereitstellt, die Entstehungsgeschichten aller Tracks erläutert und sie teilweise um mehrere Minuten erweitert. Spätestens dort merkt man, wie sehr Gabler darauf bedacht war sich in keiner Weise zu wiederholen – auch wenn das eine oder andere Musikstücke mehr aus einer Laune entstanden ist.

2008 war ein in Punkto Soundtracks ein durchwachsener Jahrgang, weil ich mir nach jedem neu entdeckten Highlight stets das gleiche dachte: „Ja, das klingt toll, aber…“. Der einzige Titel, der trotz unüberhörbare Defizite eben kein „aber“ auslöste, war World of Goo. Und genau deshalb ist er für mich der beste Soundtrack 2008.

 

 

 

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