Composer: Austin Wintory
System: PlayStation 3
Year: 2012
Ich bin immer noch erstaunt darüber, wie gut Journey bei der Masse angekommen ist. Nicht nur, dass es der erste Low-Budget-Titel ist, der flächendeckend die meisten Spiel des Jahres Preise abräumte: Die Musik von Austin Wintory wurde als erster Videospielsoundtrack überhaupt für einen Grammy nominiert. Bevor jemand motzt: Der Song „Baba Yetu“ aus Civilization 5 zählt in meinen Augen nur bedingt, weil „nur“ ein Jahre später erschienenes Arrangement ausgezeichnet wurde, das Christopher Tin extra für ein neues Album anfertigte.
Was macht nun Wintorys Journey zu etwas Besonderem, weshalb sich plötzlich die Musikindustrie genötigt fühlt, ein Videospiel zu honorieren? Zuerst einmal steckt dahinter eine konventionelle Produktion und Machart, die mehr an klassische Filmmusiken erinnert. Wintorys Komposition klingen sehr schwer und ungewöhnlich ernst für ein Spiel. Ihr orientalischer Flair erzeugt auch bei dem Zuhörer Stimmung, der die Bilder nicht vor Augen hat – eine Seltenheit in dieser Branche.
Der größte Nachteil von Journey ist zugleich der stärkste Vorteil: Es ist sehr schwer einzelne Stücke herauszukristallisieren, weil alle zusammen eine unverrückbare Einheit bilden. Es gibt nur zwei Ausnahmen: „Nascence“ fällt aufgrund des Hauptthemas auf, das trotz klassischer Orchesterkunst sehr markant ist. Und „Apotheosis“ bildet zum Abschluss einen starken Kontrast, weil es derb viel euphorischer und erhabener klingt. Hier kommt auch Wintorys bestes Element zum Zuge: Ich kenne keinen anderen Komponisten, der atonale Musik derart gut harmonisch wirken lässt. Insbesondere in „Apotheosis“ fühlen sich die Instrumente wie die Stimmen eines Kanons an, was auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig und auf den zweiten ungeheuer reizvoll ist.
Demnach ist Austin Wintorys Journey kein Leichtgewicht und das glatte Gegenteil zu den verspielten Chiptunes der heutigen Tage. Aber genau deshalb ist es auch so wertvoll, weil es wie kein anderer Soundtrack die gewaltige Bandbreite der Videospielmusik dehnt.
