Game #106: Full Throttle

106-Full_ThrottleHersteller: LucasArts
Project Leader: Tim Schafer
Composers: Peter McConnell & The Gone Jackals
System: PC
Jahr: 1995

Die Welt ist ungerecht – manchmal, zumindest. Denn obwohl LucasArts von 1987 bis 1998 die mit himmelweitem Abstand besten Point’n’Click Adventures auf diesem Planeten kreierte, sprach der Erfolg in Sachen Verkaufszahlen eine leicht andere Sprache. Speziell in Amerika war der Konkurrent Sierra betrachtet sehr mächtig und mit dem Einzug der CD-Rom kroch von überall der Interactive-Movie-Hype aus den dunkelsten aller Löchern. Ergo wollte man mal auch bei LucasArts etwas anderes probieren: Weg vom Schwerpunkt des knackig-fairen Rätseldesigns und hin zur Inszenierung einer atmosphärisch dichten Geschichte.

Die „Strafe“ folgte sogleich: Full Throttle wurde damals Wertungstechnisch von einigen Magazinen mit schnöden 70ern abgestraft, was einer schallenden Ohrfeige glich. Dabei war man einfach kein solches Spiel gewöhnt, das nach gut fünf Stunden bereits vorbei ist und in Sachen Puzzles eine sehr dünne Quote vorzuweisen hat. Das perfide daran: Heute würde Full Throttle mit Sicherheit bessere Ergebnisse einfahren und das nicht allein wegen irgendwelcher Wertungsinflationen.

Nein, heute liegt das Hauptaugenmerk auf der Geschichte und die ist unbestreitbar gelungen. Allein das Setting stellt eine Seltenheit im Spielesektor dar: Ihr übernehmt die Rolle von Ben, einem versierten Biker, der in einer dystopisch angehauchten Zukunft mit seiner Gang auf Tour unterwegs ist und zufälligerweise dem alternden Malcolm Corley über den Weg läuft. Als Besitzer der letzten Motorradfabrik Amerikas wird er kurz darauf von seinem Vizepräsidenten Adrian Ribpurger ermordet, der lieber langweilige Minivans anstatt fescher Bikes herstellen möchte. Bens Gang wird hingegen als Sündenbock abgestempelt und des Mordes verdächtig, weshalb ihr eure Unschuld beweisen müsst.

Bereits das fantastisch choreographierte Intro heizt zusammen mit Gone Jackals genialer Metal-Musik die Stimmung mächtig an. Grafisch klotzt Full Throttle mit Bildschirm füllenden Animationen und einer bewusst dreckig gewählten Farbgebung, die der Dystopie vollends gerecht wird. Dazu kommt eine nahezu perfekte englische Sprachausgabe, die besonders von Mark Hamills toller Darstellung des Bösewichten Ripburgers lebt.

Insgesamt ist Full Throttle sehr gut gealtert und passt mit seinen dicken Pixeln mehr als je zuvor in den immer noch anhaltenden Retrowahn. Die Atmosphäre ist damals wie heute ein Brett und verdient ein Platz in der ewigen Top Ten. Einzig die Actionsequenzen sind aus heutiger Sicht etwas problematisch und ungewohnt, weshalb das Spiel gar nicht mal so leicht ist. Mal schauen wie sich in der Hinsicht das von Double Fine angekündigte Remaster schlägt, das nächstes Jahr erscheinen soll.

 

 

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