Oscar-Prognose 2013/14

Es ist so weit: Heute Nacht findet die spannendste Oscarsaison ein Ende, die ich bislang Live miterleben durfte. Obwohl man wie gewohnt viele der Preise dank der unzähligen Gilden im Vorfeld erahnen kann, ist das Rennen um die Best-Picture-Trophäe völlig offen. Von den neun Kandidaten haben drei ernsthaft Chancen zu gewinnen – und der Unterschied könnte am Ende von wenigen Stimmen abhängig sein.

Weil der Blogeintrag so oder so schon sehr lang geworden ist, komme ich gleich auf den Punkt:

Best Picture (Bester Film)

Philomena… Her… The Wolf of Wall Street… Nebraska… Dallas Buyers Club… Captain Phillips: Sie alle dürfen zugucken, wenn heute Nacht der letzte Umschlag geöffnet wird. Doch dafür kann niemand vorhersagen, wer von dem verbleibenden Trio die Schlagzeilen des folgenden Tages beherrschen wird: American Hustle, Gravity oder 12 Years a Slave. Ich möchte möglichst (!) kurz die Pro- und Contra-Argumente für alle drei Filme aufzählen:

1) 12 Years a Slave wird derzeit von den meisten Oscarwatchern als Sieger vorhergesagt. Der Grund ist ein ganz nüchterner: Der Film hat bereits sehr viele Awards unter der Haube, darunter den Golden Globe, den BAFTA und zahlreiche Kritikervereinigungen. Doch wie alle The-Social-Network-Fans von vor drei Jahren wissen, muss das nichts heißen…

Es gibt zwei ernsthafte Probleme für Steve McQueens Werk über die Gräueltaten der Sklaverei, weshalb der Oscar alles andere als im Sack ist: Zum einen hat 12 Years a Slave abseits der Best-Picture-Preise erstaunlich wenig gewonnen. Bei den Golden Globes sah der Film bis zum Ende wie ein unglücklicher Verlierer aus, der komplett leer ausgeht – bis er dann doch die wichtigste Auszeichnung erhielt. Auch die BAFTA-Jungs aus England ließen Steve McQueen & Co. lange zittern, bis sie sowohl Hauptdarsteller Chiwetel Ejiofer als auch eben den Film an sich honorierten.

Natürlich ist ein ähnliches Szenario bei den Oscars denkbar, doch wäre es äußerst ungewöhnlich. Seit 1953 hat jeder Best-Picture-Sieger mindestens drei, in der Regel vier oder noch mehr Academy Awards eingeheimst. Das liegt vorrangig am Wahlverfahren, weil alle Academy-Mitglieder in jeder Kategorie abstimmen dürfen. So fallen in aller Regel weniger wichtige Preise an groß geliebte Filme ab, was sich letztlich summiert.

Zugegeben ist dieses Problem ein rein statistisches, das man niemals auf die Goldwaage legen sollte – möglich ist letztlich alles. Was viel schwerer wiegt, ist der angeblich verhaltene Jubel seitens der Academy. 12 Years a Slave werde zwar hoch geschätzt, aber kaum “geliebt“. So manches Mitglied habe gar aufgrund der schweren Thematik Ängste, sich das Werk überhaupt anzusehen. Das erinnert durchaus an die bösen Gerüchte aus der Saison 2005/2006, wo sich diverse Wähler weigerten, Brokeback Mountain aufgrund der homosexuellen Lovestory in den DVD-Player zu legen. Und in der Tat verlor Ang Lees Meisterwerk gegenüber L.A. Crash, obwohl der Film vor der Oscar-Verleihung praktisch alles abräumte. Genau wie 12 Years a Slave

2) Gravity hätte eigentlich auf dem Papier keine Chance. Ein Weltraumfilm, gerade mal zwei Darsteller, eine zweckmäßige Geschichte und die Dominanz der visuellen Effekte sind absolute No-Gos für die Academy. Jedoch werden hier erneut statistische Werte zu Fakten verdreht, weshalb letztlich nur eines von Relevanz ist: Was denkt die Academy über Gravity? Und hier kommt der Knackpunkt: Laut Insidern sei die Begeisterung ungebrochen. Direkt nach Kinostart mehrten sich die Stimmen, die voller Enthusiasmus hinterfragten, wie Alfonso Cuaron diesen Film realisiert habe.

Gleichwohl sei gesagt, dass einige Oscar-Wähler unabhängig von ihren Gefühlen niemals Gravity wählen würden, eben aus den weiter oben genannten Gründen. Es sei zwar höchst visionär und ein Trip ohne Vergleiche, aber eben kein “Best-Picture“-Material und auch noch eines ohne Nominierung für das Drehbuch. So argumentieren in jedem Fall die 12-Years-a-Slave-Fans, um im gleichen Zuge auf den “Wichtigkeitsfaktor“ des Sklavendramas pochen.

Zu guter Letzt könnte noch der 3D-Faktor eine Rolle spielen, nämlich das jene Academy-Mitglieder, die den Film in den heimischen vier Wänden anstatt im dicken Kinosaal gesehen haben, nicht so ganz den Reiz von Cuarons Meisterwerk nachvollziehen konnten.

3) American Hustle wäre vermutlich der Albtraum der Bloggerszene, was freilich die Academy wenig kratzt. Das Drehbuch mag ein Flickenteppich sein, aber wenn David O. Russell auftrumpft, dann bei den Leistungen seiner Schauspieler. Dies spricht wiederum die größte Wählergruppe der Academy an, zudem erneut laut Insidern die Begeisterung ähnliche Wellen schlagen würde wie bei Gravity.

Zu guter Letzt ist da der David.O.-Russell-Faktor: Wenn ein Mann innerhalb von vier Jahren drei Filme dreht und damit elf Oscar-Nominierungen für die Schauspielergarde sammelt, dann wird das auf lange Sicht nicht unbelohnt bleiben. Zugegebenermaßen könnte American Hustle einfach für das beste Originaldrehbuch abkassieren, womit Russell bereits als Preisträger in den Geschichtsbüchern eingehen würde. Aber wenn die Academy einen Film wirklich (!) mag, dann werden sie ihn gegen jede Statistik und gegen jede anderslautende Meinung auch wählen. Erneut zeige ich hier mit dem Finger auf Crash, wo genau das passiert ist – zudem beide Filme genau die gleichen Gildenauszeichnungen bekamen: den Screen Actor für das beste Ensemble und den Eddie für den besten Filmschnitt.

Auf der anderen Seite zehrt American Hustle von dem gleichen Problem wie 12 Years a Slave, nämlich das abseits eines möglichen Best-Picture-Gewinns im Extremfall gar nichts weiter abfallen würde. Um genau zu sein ist die Gefahr sogar noch größer, denn der Film wird in jeder Kategorie, in die er nominiert ist, von den meisten Oscarwatchern für den zweiten Platz prognostiziert – auch beim Drehbuch. Das wäre dann ganz bitter für David O. Russell: Nämlich wenn sein Film gewinnt und er leer ausgeht, weil die Preise für Regie und Drehbuach andersweitig vergeeben werden.

Fazit: Ich hatte bereits eine dicke Argumentationskette verfasst, warum eigentlich Gravity gewinnen müsste. Doch die war nicht wasserdicht und ist zudem aufgrund meiner eigenen Vorlieben beeinflusst gewesen. Unterm Strich sieht es doch ganz nüchtern betrachtet so aus: Gravity mag viele Fans haben, aber einige von denen würden den Film aufgrund des Genres nicht wählen – was doof ist. 12 Years a Slave mag der wichtige Film sein, aber was bringt das, wenn das eine oder andere Academy-Mitglieder ihn sich gar nicht erst anschaut – was richtig doof ist.

Den diesjährigen Best-Picture-Sieger sicher zu tippen ist unmöglich, weshalb ich mich für das Szenario entscheiden muss, das irgendwie am meisten Sinn ergibt. Und da komme ich unterm Strich auf den Underdog: American Hustle. Zwar wird er von Filmfans wie -bloggern argwöhnisch betrachtet und das Drehbuch als Flickwerk beschrieben. Aber solche Stimmen hört man eben nicht aus dem Lager der Mitglieder der Academy Awards. Die sind sichtlich fasziniert von dem Schauspielerensemble, weshalb es der Film gleich vier Nominierungen intus hat.

Die Argumente gegen American Hustle, gerade was die Anzahl der sonstigen potenziellen Siege anbelangt, beruhen rein auf Statistiken. Last but not least kommt das ungewöhnliche Wahlverfahren hinzu, dass sich bei den Oscars im Gegensatz zu nahezu alle anderen Preisverleihungen unterscheidet: Jeder Wähler gibt eine Rangliste an, in der er die neun Best-Picture-Filme nach seinen Vorlieben sortiert. Am Ende kommt es dank des komplizierten Verfahrens NICHT darauf an, welcher Film die meisten Erststimmen hat, sondern welcher Film IM VERGLEICH zu allen anderen besser platziert wurde.

D.h. viele Erststimmen sind zwar nützlich, aber nicht ausreichend. Polarisierende Filme, die nur ganz oben und nur ganz unten auf den Stimmzetteln stehen, haben bei diesem Verfahren einen Nachteil. Und genau das könnte der ausschlaggebende Grund GEGEN 12 Years a Slave (weil ihn manche Academy-Wähler gar nicht sehen wollen und somit auf den letzten Platz setzen) und GEGEN Gravity (weil das Genre abschreckt) sein. American Hustle hingegen wird vielleicht weniger Erststimmen wie seine beiden Hauptkonkurrenten kassieren, aber öfters auf den direkt danach folgenden Plätzen auftauchen.

Will win: American Hustle
Could win: Gravity oder 12 Years a Slave
My vote: Gravity
Should have been nominated: Inside Llewyn Davis

Best Director (Beste Regie)

Im Gegensatz zum Film ist der Sieger für die Regie praktisch in Stein gemeiselt. Sollte Alfonso Cuaron heute Nacht verlieren, wäre es eine historische Sensation. Cuaron hat nahezu alles gekriegt, was er kriegen konnte, allen voran den Golden Globe, den BAFTA, den Director Guild Award und den Critics Choice Award. Zudem gilt der Mann aufgrund seiner vorhergehenden Errungenschaften als überfällig für einen Oscar und wird von der Academy sehr geschätzt. Gravity wird allen voran als das Werk eines Visionärs betrachtet, der entgegen allen Vorzeichen das Unmögliche möglich gemacht hat.

Will win: Alfonso Cuaron (Gravity)
Could win: Steve McQueen (12 Years a Slave)
My vote: Alfonso Cuaron (Gravity)
Should have been nominated: Joshua Oppenheimer (The Act of Killing)

Best Actor (Bester Hauptdarsteller)

Matthew McCounagheys Darstellung als AIDS-Kranker ist Futter für die Academy, zudem er eine Leistung vollbringt, die die meisten seiner vorhergehenden Filme pulverisiert. Chiwetel Ejiofers Sieg bei den BAFTAs suggeriert den Hauch einer Spannung, allerdings war dort McCounaghey gar nicht erst nominiert.

Die Hoffnungen für Leonardo DiCaprio wiederum sollten all seine Fans abschminken: Ja, der Junge von der Titanic war in The Wolf of Wall Street noch nie so gut wie seit Gilbert Grape. Aber nein, es ist überhaupt ein Wunder, dass Scorseses Drogentrip für überhaupt etwas nominiert ist. Wir reden von einem der polarisierendsten Filmwerke des Jahres – und damit ein schwerer Brocken für die Academy Awards.

Will win: Matthew McConaughey (Dallas Buyers Club)
Could win: Chiwetel Ejiofor (12 Years a Slave)
My vote: Leonardo DiCaprio (The Wolf of Wall Street)
Should have been nominated: Daniel Brühl (Rush)

Best Actress (Beste Hauptdarsteller)

Ohne jeden Zweifel: Cate Blanchett gewinnt ihren zweiten Oscar für Blue Jasmine. Ihre Leistung gilt als universell unantastbar und selbst der jüngst neu aufgekochte Kindesmissbrauchskandal rund um Regisseur Woody Allen können da nichts dran ändern.
Einzig Amy Adams hat ein verschwindend kleine Chance aufgrund ihres Überfälligkeitsstatus. Es ist schließlich ihre fünfte Nominierung innerhalb von acht Jahren – aber genau deshalb werden sich viele Academy-Mitglieder denken, dass es eben nicht ihre letzte sein wird und Adams große Stunde sicherlich noch kommen werde.

Will win: Cate Blanchett (Blue Jasmine)
Could win: Amy Adams (American Hustle)
My vote: Sandra Bullock (Gravity)
Should have been nominated: Emma Thompson (Saving Mr. Banks)

Best Supporting Actor (Bester Nebendarsteller)

Ich sage es mal so: Jared Letos Siegchancen werden nur von Cate Blanchett übertroffen. Auch Leto hat fast alles gewonnen und wurde nur bei den BAFTAs gar nicht erst nominiert. Aber das könnte allgemein am Groll gegen den Film Dallas Buyers Club gelegen haben, der nämlich komplett von den Briten ignoriert wurde.

Will win: Jared Leto (Dallas Buyers Club)
Could win: Barkhad Abdi (Captain Phillips)
My vote: Bradley Cooper (American Hustle)

Best Supporting Actress (Beste Nebendarstellerin)

Hätte Jennifer Lawrence nicht im letzten Jahr mit blutjungen 22 Jahren ihren Oscar für Silver Linings gekriegt, sie würde ihn 1000%-ig in diesem Jahr für American Hustle einheimsen. Aber in dem Alter eine doppelte Preisträgerin und dass auch noch für zwei Rollen, die sich im Kern sehr ähneln? Nie und nimmer und niemals im Leben. Das passiert nicht – außer die American-Hustle-Liebe innerhalb der Academy ist noch viel größer, als wir alle glauben.

Lupita Nyong’os Frontrunnerstatus ist gleichwohl alles andere als Sattelfest. Für sie spricht primär, dass es ein recht solider Sieg für 12 Years a Slave im Allgemeinen wäre. Persönlich würde ich ohne mit der Wimper zu Zucken für June Squibbs herrlich quirkige Leistung in Nebraska stimmen – und gerade diesbezüglich vernahm ich in den letzten Tagen von diversen amerikanischen Oscarbloggern, dass die 84-jährige eine eigene Lobby innerhalb der Academy habe. Deshalb löst sie im letzten Moment Jennifer Lawrence in meiner “Could-Win“-Prognose ab.

Will win: Lupita Nyong’o (12 Years a Slave)
Could win: June Squibb (Nebraska)
My vote: June Squibb (Nebraska)

Best Adapted Screenplay (Bestes adaptiertes Drehbuch)

John Ridley hat erstaunlich wenig für sein Drehbuch zu 12 Years a Slave gewonnen. Jedoch hat der Mann auch einfach etwas Pech gehabt: Beim Writers Guild Award konnte er aufgrund strenger (wie dämlicher) Regularien nicht nominiert werden und die BAFTA-Jungs haben ihn geopfert, um stattdessen das hauseigene Philomena irgendwo würdigen zu können. Bei den Oscars denke ich aber, dass es klappen wird.

Will win: 12 Years a Slave
Could win: Philomena
My vote: 12 Years a Slave

Best Original Screenplay (Bestes Originaldrehbuch)

Viele tippen auf Her, weil der Film unter anderem den Writer Guild Award und den Golden Globe kassiert hat. Aber ich weiß nicht: Die Thematik von Her ist genau von solch einem Kaliber, womit das durchschnittliche Academy-Mitglied rein gar nichts anfangen kann. Zudem brennen sicherlich viele Wähler darauf, David O.Russell in irgendeiner Hinsicht auszuzeichnen. Und weil er in diesem Jahr in der Regiekategorie keine Chance hat, wäre hier die einzige Gelegenheit gegeben.

Will win: American Hustle
Could win: Her
My vote: Nebraska
Should have been nominated: Inside Llewyn Davis

Best Editing (Bester Filmschnitt)

Ein guter Schnitt ist essentiell wichtig für einen guten Film. Im Gegensatz zu einem mittelmäßigen Drehbuch oder nicht ganz so sattelfesten Schauspielern lassen sich Schwächen in dieser Disziplin nur schwer ausgleichen. Andersherum bedeutet dies, dass ein wenig versierter Filmexperte den besten Schnitt mit dem besten Film gleichsetzt – weshalb ein Sieger der Marke Gravity, Ameican Hustle oder gar 12 Years a Slave heute Abend ein dickes Ausrufezeichen darstellen würde.

Geht alles seinen gewohnten Gang, dann wird es bis zum Ende spannend bleiben – denn Captain Phillips hat gegenüber den Best-Picture-Frontrunnern einen großen Vorteil: Auch der Laie “sieht“ den Schnitt, eben weil Christopher Rouse viele kleine Szenen zusammen geschnippelt hat. Für meinen Liebling Gravity sieht es genau deshalb duster aus, weil der Filmschnitt zwar absolut fantastisch, aber aufgrund der lang anhaltenende Szenen kaum sichtbar ist.

Will win: Captain Phillips
Could win: American Hustle
My vote: Gravity
Should have been nominated: Rush

Best Cinematography (Beste Kamera)

3D hin oder her: Wenn ein Kameramann für einen CGI-getränkten Film einen Oscar verdient, dann Emmanuel Lubezki für seine akribische, wie abartige (Vor-)Arbeit zu Gravity. Die Academy tendiert nämlich seit Jahren dazu, einfach dem visuell beeindruckendsten 3D-Werk diese Trophäe in die Hand zu drücken – egal ob die tollen Bilder wirklich per Kamera aufgezeichnet wurden oder aus dem Computer stammen. Doch weil Lubezki eigentlich mindestens zehn Statuetten allein für Children of Men und insbesondere Tree of Life verdient gehabt hätte, beschweren sich in diesem Jahr auch die größten 3D-Verächter keinen Millimeter über diesen praktisch sicheren Oscargewinner.

Will win: Gravity
Could win:
My vote: Gravity

Best Production Design (Bestes Produktionsdesign)

In dieser Kategorie könnten die Fans von 12 Years a Slave das Kontingent an Oscarauszeichnungen hoch schrauben, ohne das es jemand anderem groß weh tut. Die Konkurrenz, die statistisch gesehen die Nase vorne hat, lautet schließlich The Great Gatsby – und der Film gilt insgesamt als höchst umstritten, zudem Catherine Martin bereits ein paar Oscars im Schrank stehen hat. Damit will ich aber einen Sieg für Baz Luhrmanns Miniepos nicht ausschließen: Vor ein paar Jahren heimste schließlich Tim Burtons Alice im Wunderland drei Auszeichnungen dieser Größenordnung ein, ergo spielt die maue Qualität des Gesamtwerkes nicht immer eine Rolle (zum Glück).

Will win: 12 Years a Slave
Could win: The Great Gatsby
My vote: The Great Gatsby

Best Costume Design (Beste Kostüme)

Bei den Kostümen hat die Academy weniger Scheu als beim Produktionsdesign, ein nicht ganz so berühmtes Werk auszuzeichnen. Darüber hinaus gewinnt nahezu immer der Film mit den aufwändigsten Klamotten und da ist The Great Gatsby ganz klar der Meister des Jahres.

Will win: The Great Gatsby
Could win: 12 Years a Slave
My vote: The Great Gatsby

Best Makeup and Hairstyling (Bestes Make-up und Haarstyling)

Dallas Buyers Club ist ganz klar der beste der drei nominierten Filme, zudem das Make-up auch wirklich stark ist und zudem spotbillig gewesen sei. Aber unterschätzt nicht die Leistung hinter Bad Grandpa: Viele Szenen der Jackass-Produktion wurden Borat-like an realen Orten gedreht, wo die meisten anwesenden Personen keine Ahnung davon hatten, dass da eben kein 86 Jahre alter Sack sein Unwesen treibt, sondern ein Kerl der gerade mal halb so alt ist. Das Make-up funktioniert also nicht nur auf der Leinwand, sondern täuschte bereits im “realen“ Leben.

Will win: Dallas Buyers Club
Could win: Jackass Presents: Bad Grandpa
My vote: Jackass Presents: Bad Grandpa
Should have been nominated: American Hustle

Best Original Score (Beste Musik)

Steven Prices Musik zu Gravity ist unersetzlich und trägt maßgeblich zur Gesamtwirkung bei – der Mann müsste der haushohe Favorit in einem Feld sein, dass ansonsten recht schwach ausgefallen ist. Die Nominierungen für Philomena und Die Bücherdiebin sind für meine Ohren ein Rätsel. Klar, da stecken große Namen dahinter – aber die Musikbranche der Academy sollte doch zwischen einem guten und einem seichten Werk seitens Alexandre Desplat beziehungsweise John Williams unterscheiden können.

Thomas Newmans hingegen hat mit Saving Mr. Banks eine gewohnt fabelhafte Arbeit geleistet, die den Film ganz klar aufwertet – von der wunderbaren Implementation des Mary-Poppins-Soundtracks ganz abgesehen. Und keiner sollte den Soundtrack von Arcade Fire für Her unterschätzen, einer interessanten Mischung aus E-Gitarre und Ambient-Stil: Die Academy zeichnet schließlich gerne eine Musik aus, die einfach “anders“ als die Konurrenten klingt.

Zu guter Letzt ein Kommentar zu meinen “Should have been nominated“-Kandidaten: Der neue Romeo & Juliet mag ein mieser Film sein, aber die Musik von Abel Korzeniowski ist unvergleichlich und meines Erachtens die zweitbeste des Jahres 2013. Und Hans Zimmer schafft es doch immer wieder, mich irgendwie zu überraschen. Seine feschen E-Gitarren-Einlagen in Rush passen jedenfalls hervorragend zum Formel-1-Zirkus.

Will win: Gravity
Could win: Saving Mr. Banks
My vote: Gravity
Should have been nominated: Romeo & Juliet, Rush

Best Original Song (Bester Song)

Es ist meine “No Guts, No Glory“-Vorhersage des Jahres 2013: Die gesamte Bloggerszene tippt auf Let it Go (Die Eiskönigin) oder Ordinary People (Mandela), aber ich sage euch, das macht der Pharrell Williams. Und ja, ich würde ihn auch wählen – obwohl ich den zugehörigen Film Ich, einfach unverbesserlich 2 abgrundtief hasse.

Nach dem witzigen und zuckersüßen Vorgänger war ich entsetzt über die biligen Slapstickwitzchen und dem furzgetränkten Humor. Aber das Lied Happy ist eine Hausnummer für sich, die mich kaum noch loslässt. Und die Academy mag solche hippe Sachen: Sie haben anno 2002 Eminem und 2005 Three 6 Mafia genau in dieser Kategorie ausgzeichnet, ebenfalls entgegen allen Prognosen. Mehr als noch bei der Filmmusik ist es für den besten Song ungemein nützlich, einfach “anders“ zu sein. Last but not Least gibt es kaum jemand anderen, der so aggressiv für den Oscar geworben hat, wie Pharrell Williams.

Will win: Happy (Ich, einfach unverbesserlich 2)
Could win: Let it Go (Die Eiskönigin)
My vote: Happy (Ich, einfach unverbesserlich 2)
Should have been nominated: Young and Beautiful (The Great Gatsby)

Best Sound Mixing (Beste Tonabmischung)

Gravity gewinnt diesen Oscar allein wegen dem Mix aus Filmmusik, den (eigentlich wenigen) Soundeffekten und dem Funkverkehr zwischen Stone, Kowalksi & Co. Alle Elemente werden vom Zuhörer getrennt wahrgenommen und bilden doch eine eindrucksvolle Symbiose, ohne die der Trip nicht so grandios geworden wäre.

Will win: Gravity
Could win: Inside Llewyn Davis
My vote: Gravity
Should have been nominated: 20 Feet from Stardom

Best Sound Editing (Bester Tonschnitt)

Das hier wiederum ist recht kniffelig und könnte spannend werden, wenn der eine oder andere Academy-Wähler anfangen sollte zu denken. Denn Gravity hat trotz Soundbombast gar nicht so viel Effekte, wie es den Anschein hat – in den Außenaufnahmen werden Explosionen oder Kollisionen schließlich durch die eigenwillige Musik von Steven Price vertont.

Aber auf der anderen Seite gelten gerade die Sound-Kategorien als ein gutes Beispiel dafür, dass viele Academy-Wähler über Dinge entscheiden müssen, von denen sie eigentlich gar keine Ahnung haben. Deshalb gilt die Faustregel: Der lauteste Film gewinnt – und damit ist Gravity ganz klar vorne.

Will win: Gravity
Could win: Lone Survivor
My vote: Gravity

Best Visual Effects (Beste visuelle Effekte)

Ja, äh, ne. Darüber diskutier ich nicht mal.

Will win: Gravity
Could win:
My vote: Gravity

Best Animated Feature (Bester animierter Film)

Im Gegensatz zum letzten Jahr gibt es kein spannendes Rennen um den besten animierten Film: Die Eiskönigin gilt universell als der Trick-Star des Jahres, woran auch solch künstlerisch vielleicht wertvolleren Filme wie The Wind Rises oder Ernest & Celestine nichts ändern können.

Will win: Die Eiskönigin
Could win: The Wind Rises
My vote: Die Eiskönigin

Best Documentary Feature (Bester Dokumentarfilm)

Zum ersten Mal habe ich alle fünf nominierten Dokumentarfilme gesehen – und bin kaum schlauer, was den Sieger anbelangt. The Act of Killing müsste eigentlich siegen, wenn die Welt gerecht wäre. Doch Joshua Oppenheimers Mindfuck ist ein ganz tiefer Schlucker – ich weiß nicht. The Square sowie Dirty Wars sind schon etwas “bodenständiger“, was ihre Message anbelangt und dabei nicht minder schockierend. Ersterer wäre übrigens das erste Kickstarter-finanzierte Projekt, das einen Oscar gewänne – das nur so nebenbei.

Aber so wichtig diese drei Filme aufgrund ihrer Themen auch sein mögen: 20 Feet from Stardom ist rein produktionstechnisch ein Brett. Es zeigt wunderbar den Glamour der Musikszene und stellt die Frauen, die sonst nur im Hintergrund zu sehen sind, in ein leuchtendes Licht.

Will win: 20 Feet from Stardom
Could win: The Act of Killing
My vote: The Act of Killing

Best Foreign Language Film (Bester fremdsprachiger Film)

Eigentlich müsste es ein enges Rennen zwischen Die Jagd, The Broken Circle und La Grande Belleza – Die große Schönheit geben. Aber der Beitrag aus Dänemark hat ein schwer verdauliches Thema (ein Mann wird zu Unrecht von seinem gesamten Umfeld des Kindesmissbrauchs angeklagt) und der Film aus Belgien ist emotional extrem aufwühlend sowie am Ende einfach nur niederschmetternd – das könnte etwas zu viel “Realität“ für die Academy sein.

La Grande Bellezza – Die große Schönheit hat einen gewaltigen Vorteil gegenüber allen andern Nominierten: Er lebt von teilweise atemberaubenden Bildern und Szenen, für die es keine Sprache braucht. Das Drehbuch mag etwas dürr und arg Fellini-getränkt sein – aber ersteres stört nicht und letzteres könnte letztlich von Vorteil sein.

Will win: La Grande Bellezza – Die große Schönheit
Could win: Die Jagd
My vote: The Broken Circle

Best Live Action Short Film (Bester Kurzfilm)

Avant que de tout perde müsste haushoch gewinnen: So einen packenden Kurzfilm habe ich selten gesehen. Von vorne bis hinten minutiös perfekt getimt, wird die Flucht einer Mutter mitsamt ihren Kindern vor dem gewalttätigen Vater beschrieben, so dass jeder Actionthriller in Punkto Spannung daneben verlasst.

“Leider“ ist Helium auch verdammt gut geschrieben und von der Thematik her anrührender: Ein Krankenpfleger gibt einem todkranken Jungen mit seinen Erzählungen die Hoffnung, er würde nicht in den langweiligen Himmel, sondern in die traumhafte Heliumwelt gelangen. Der Film lebt ebenfalls von einer handwerklich einwandfreien Erzählstruktur und die Schlussszene ist eine für die Geschichtsbücher.

Will win: Helium
Could win: Avant que de tout perde
My vote: Avant que de tout perde

Best Animated Short Film (Bester animierter Kurzfilm)

Weil seit kurzem jeder Academy-Wähler in dieser Kategorie eine Stimme abgeben darf (also auch wenn er gar nicht alle fünf nominierten Werke gesehen hat), dürfte Disneys Get a Horse! haushoch siegen. Denn den hat wirklich jeder gesehen, weil er als Vorfilm vor jeder Die Eiskönigin-Vorführungen gezeigt wurde. Mein Problem ist jedoch, dass ausgerechnet Get a Horse! richtig mies ist. Zwar ist die Idee putzig, einen zunächst auf alt getrimmten Micky-Maus-Film plötzlich mit Farbe sowie 3D-Elementen aufzupeppen und so die Entwicklung des animierten Trickfilms im Zeitraffer zu zeigen. Aber der gezeigte Slapstick ist einfach nur abgedroschen, peinlich und nicht witzig.

Leider ist das Feld der animierten Kurzfilme in diesem Jahr allgemein eher schwach. Nur Mr. Hublot hat mich richtig überzeugt und hätte wohl auch ernsthafte Siegchancen, wenn nicht das Wahlverfahren geändert worden wäre. Aber so gewinnt die graue Maus.

Will win: Get a Horse!
Could win: Mr. Hublot
My vote: Mr. Hublot

Best Documentary (Short Subject) (Bester Dokumentarkurzfilm)

Zum ersten Mal habe ich immerhin drei nominierte Kurzdokumentarfilme gesehen – das ist absoluter Rekord. Und des Weiteren ist der potenzielle Sieger fast schon ein No-Brainer: The Lady in Number 6: Music Saved My Life erzählt das faszinierende Leben der ältesten Holocaust-Überlebenden, die zum Zeitpunkt des Drehens 109 Jahre alt war. Leider ist Alice Herz-Sommer ausgerechnet vor einer Woche verstorben – deshalb nicht wundern, wenn die Macher ihres Filmes in der Tat gewinnen und dabei nicht allzu glücklich aussehen.

Will win: The Lady in Number 6: Music Saved My Life
Could win: Karama has no walls
My vote: The Lady in Number 6: Music Saved My Life