Game #163: Vagrant Story

163-Vagrant_StoryHersteller: Square
Produced & Directed by: Yasumi Matsuno
Composer: Hitoshi Sakimoto
System: PlayStation
Jahr: 2000

Vagrant Story ist für mich der „letzte große Schwanengesang“ einer Konsolenära.

Man kennt das ja: Irgendwann ist der Lebenszyklus einer Hardware vorbei, egal ob C64, Super Nintendo oder, wie in diesem Falle, die PlayStation. Während heutzutage die Grenzen zwischen „alt“ und „neu“ verschwimmen und man kaum noch einen Unterschied zwischen dem „grafisch letzten PlayStation 3“ und dem „grafisch ersten PlayStation 4“ Spiel sieht, wirkte der Sprung anno 2000 anders. Die letzten PlayStation-Spiele sahen allenfalls gezwungen schick aus, ruckelten wie die Hölle und steuerten sich entsprechend ungelenk. Kurz: Die Hardware wirkte ausgelaugt – kein Wunder, so rasend schnell wie sich die Technik bezüglich 3D-Grafik entwickelt hat.

Vagrant Story schaffte trotzdem etwas erstaunliches: Es wirkt durch und durch wie ein Spiel, das für Sonys erste Konsole gemacht wurde, aber dank eines interessanten Grafikstils, einer herausragenden Farbpalette und einem Film ähnlichen Schnitt vermittelt es einen moderneren und frischeren Eindruck als jeder PS2-Titel, der im gleichen Zeitraum erschienen ist. Selbst fünfzehn Jahre später bin ich fasziniert von dem spielbaren Intro. Vagrant Story ist nirgends bemüht und dürfte eines der technisch am besten gealtersten Titel der ersten PlayStation-Generation sein.

Damit ist natürlich nicht Schluss, denn im Ernst: Gute Intros? Das kann ja jeder. Nein: Regisseur Yasumi Matsuno hatte mir einen kleinen Wunsch erfüllt, den ich ohne Witz bereits als Kind hatte. Er gab mir ein Rollenspiel orientiertes Kampfsystem, bei dem ich nicht einfach auf „Attack!“ drücke, sondern gezielt Arme, Beine, Torso oder Kopf des Gegners angreifen darf.

Eventuell gab es das vorher schon – ich bin mir gerade sehr unsicher und kann mich nur an Spiele erinnern, in denen MEINE Recken unterschiedlich Schaden an verschiedenen Körperstellen erleiden konnten (Phantasie III – The Wrath of Nikademus oder Robinson’s Requiem). Fakt ist, dass Vagrant Story das System in eine hervorragende Präsentation steckt. Die Kämpfe fühlen sich dynamisch und packend an, die Anwahl der gegnerischen Körperpartie wird direkt auf dem Schlacht- und Spielfeld dargestellt. Natürlich macht es einen Unterschied, wann ihr was angreift: Der Kopf sorgt für den größten Gesamtschaden, jedoch ist die prozentuale Erfolgsquote am geringsten. Die Beine wiederum verursachen relativ wenig „Aua“, allerdings könnt ihr so mit etwas Glück die Bewegungsfreiheit des Gegners einschränken.

Wirklich kompliziert wird das Spiel dank der Gegnerklassen und des Waffensystems, die ihr aufeinander abstimmen müsst. Vagrant Story ist kein schnödes 08/15-Rollenspiel, bei dem ihr euch stupide durch die Kämpfe klickt. Ihr müsst stets aufs Neue überlegen, welche Waffe ihr wie einsetzen müsst.

Die Story selbst driftet nach dem bärenstarken Intro etwas in den Hintergrund, weshalb keiner ein Soap-ähnliches Drama wie in Squares Final Fantasy-Serie erwarten soll. Die Charaktere sind eher stattlich und ehrenhaft, das gesamte Ambiente erinnert mehr an Mittelalter anstatt Fantasy – eben genau wie man es von einem Mann wie Yasamu Matsuno erwarten sollte, der von Ogre Battle bis Final Fantasy XII stets einen ähnlichen Ton anschlägt.

Vagrant Story hat damals enorm hohe Wertungen kassiert und im Nachhinein viel Schelte seitens der Spieler bezogen, speziell aufgrund des hohen Anspruchs bezüglich des Kampfsystems. Aber, ganz ehrlich? Ich bin nicht besonders gut in diesem Spiel und habe es auch nie komplett durchgespielt – und trotzdem hat es mich derart beeindruckt, dass ich es jederzeit verteidigen möchte, sobald es zur Sprache kommt.

 

 

Vagrant_Story