Composer: distant
System: PC
Year: 2013

Ich weiß ja, dass mein Geschmack so seine Eigenheiten besitzt. Wer außer mir ist schließlich mit Computer- und Videospielmusik regelrecht aufgewachsen? Wer sonst hat sich Spiele und gar Konsolen (!) allein wegen der Soundtracks gekauft? Selbst meine Sammelleidenschaft begründet sich am meisten im Bestreben, richtig gute Musik hören zu wollen. Deshalb stolpere ich ab und an auf einen Titel, der zwar weites gehend unbekannt und doch eigentlich völlig brillant ist.

AVGN Adventures ist ein inoffizielles Jump’n’Run rund um den Angry Video Game Nerd. Bekannt geworden ist der versierte YouTuber dank seiner unverblümten Wutausbrüche und überspitzten Schimpftiraden, inklusive unzähliger, hässlicher Fluchwörter, die er beim Zocken verhasster NES-Klassiker von sich gibt. AVGN Adventures veralbert nahezu sämtliche seiner Insider, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben, und möchte mit einer nervigen Designphilosophie bewusst den Spieler zur Weißglut treiben. Kurz: Es möchte gar kein ernsthaft faires Jump’n’Run sein sondern eine Parodie auf alles Schlechte, was die alten NES-Tage zum Vorschein gebracht haben.

Es gibt eigentlich nur zwei Aspekte, die den Anforderungen eines modernen, guten Games entsprechen: die solide Steuerung und der Soundtrack. Der Komponist, der leidet nur unter dem nichtssagenden Pseudonym distant bekannt ist, hat für jede der acht Welten eine kleine, jeweils ein bis zwei minütige Melodie ausgetüftelt, die allesamt eine unverschämt liebevolle Hommage an die alten 8-Bit-Tage darstellt. Allein „Assholevania“ ist eine Verbeugung gegenüber den glorreichen Castlevania-Titeln, die darüber hinaus die Techniken und Möglichkeiten des Chiptune-Phänomens zu sprengen weiß. Der Rhythmus ist ungeheuer flott, die Beats lassen keinen Finger ruhen und die schrillen Leadinstrumente kicken eure Motivation bis zum Anschlag.

„Moment mal.. Asshole-vania…?“ : Ja, die Tracks haben nicht gerade familientaugliche Bezeichnungen. Egal ob „Dungeons & Dickholes“, „Thy Farts Consumed“ oder „Future Fuckballs 2010“: Die Namen zollen dem Humor des Nerds Tribut und lassen kaum vermuten, dass sich dahinter ein ernsthaft guter Soundtrack versteckt. Doch gerade der letztgenannte Track ist in Sachen Instrumentation und Aufbau eine kleine Sensation im Chiptune-Format. Allein der Wechsel vom dumpfen „E-Gitarren“-Feeling hin zum hellen Synthi-Ambiente ist schlicht grandios.

Oder um es mit den Worten des Nerds persönlich auf einen Nenner zu bringen, der AVGN Adventures im Rahmen seines Videoformates vorstellte: „Why is the music so fucking awesome!?!??“

Soundtrack-Veröffentlichungen [Original]

AVGN Adventures (Original Soundtrack)