OST #252: Bird Mother

252-Bird_MotherComposer: Zoltán Mericske
System: C64
Year: 1984

Ich wette, dass kein anderer Mensch außer mir dieses Spiel als “Bester Soundtrack des Jahres 1984“ bezeichnet. Bird Mother erschien zu einer Zeit, in der Computer- und Videospielmusik sehr stiefmütterlich behandelt wurde. Selbst im Vorjahr gab es mehr Highlights in Form von Ultima 3, Aztec Challenge oder Forbidden Forrest, die einem suggerierten: Hier wurde viel Energie in die Erstellung des „Original Scores“ gesteckt.

1984 waren sämtliche Top-Soundtracks mit einem “…aber…“ bestückt. Gyruss klang flott und pumpte euer Adrenalin nach oben, war “aber“ nur eine auf Speed hochgetaktete Version von Johann Sebastian Bachs Toccata und Fuge. Lazy Jones sorgte erstmals für nahtlose Übergange von einer Melodie zur anderen, “aber“ dafür waren die einzelnen Melodien für sich gesehen sehr simpel und zehrten auf Dauer an des Hörers Nerven. Und gleichwohl die C64-Adaption des Ghostbusters-Titelthemas für damalige Verhältnisse erstaunlich „real“ klang, so blieb es „aber“ während des gesamten Spieles bei diesem einen Song.

Bird Mother ist anders. Es geleitet den Spieler durch drei Levels: Als Vogelmutter müsst ihr im ersten ein Nest bauen, im zweiten die frisch geschlüpften Jungen füttern und ihnen im dritten das Fliegen beibringen. Jede dieser Stationen ist vom Grundtenor her völlig anders, was insbesondere durch den von Zoltán Mericske komponierten Soundtrack ersichtlich wird.

Das Thema zur ersten Station erzeugt eine gewisse Aufbruchstimmung, frei nach dem Motto: Jetzt geht es los. Es klingt unbeschwert und erinnert am ehesten an klassische Arcade-Titel. Das Thema zur zweiten Station ist viel heiterer und verspielter. Neben der Fütterung der kleinen Baby-Vögel stolziert am unteren Bildschirmrand ein Mann umher, der alle paar Sekunden seinen Spazierstock in die Luft wirbelt. Allein dieses Detail passt perfekt zur infantil klingenden Melodie: Der Mann erinnert durchaus von seinem Verhalten an einen typischen Slapstick-Film und könnte glatt ein virtuelles Abbild von Charles Chaplin sein.

Das Thema zur dritten Station ist ganz klar das beste. Bereits die Prämisse, den jungen Vögeln das Fliegen beizubringen und sie gleichzeitig vor dem bedrohlichen, großen Habicht zu beschützen, benötigt eine ganz andere Dramatik und wird dementsprechend von der bedrohlich klingenden Musik aufgewartet. Die Atmosphäre, die Zoltán Mericske mit seiner eigentlich sehr simplen Vertonung erzeugt, ist ausschlaggebend für den Erfolg. Und sie ist vor allem einmalig in einem Jahr gewesen, wo es so viele “…aber…“-Soundtracks gab – mit Ausnahme von Bird Mother.

 

 

Bird_Mother