BlacKkKlansman

Die Absurdität von Rassisten kennt keine Grenzen. Rein aus der Angst vor dem Unbekannten und dem (für sie) Ungewöhnlichen halten sie an ihre Vorurteile wie eine Religion fest. Nur dürfen sie sich dann nicht wundern, wenn man sie reihenweise mit den billigsten Methoden an der Nase herumführt.

Ron Stallworth beginnt Anfang der 1970er Jahre seinen Job als Kriminalbeamter und denkt sich einen waghalsigen Streich aus: Er antwortet auf eine Zeitungsanzeige des in Colorado Springs ansäßigen Ku-Klux-Klan und gewinnt allein dank eines Telefonats sowie überzogener, gezielt extremistischer Parolen dessen Vertrauen. Er solle doch ruhig vorbei kommen und sich dem Klan anschließen. Eigentlich keine schlechte Idee, den Laden zu infiltrieren und von Innen auszuhebeln. Blöd nur, wenn ausgerechnet Stallworth afroamerikanischen Ursprungs ist.

Also schmieden er und seine Kollegen einen verwegenen Plan: Stallworth soll weiterhin via Telefon kommunizieren und den Klan mit seiner Rhetorik blenden.Gleichzeitig wird der jüdische Beamte Flip Zimmerman als vorzeigbares Gesicht geschickt, der tatsächlich dem Klan beizutreten soll.

Was sich hier nach einer wahnwitzigen Geschichte im Stile von Cyrano de Bergerac anhört, beruht auf einer wahren Geschichte. Genau genommen hat Lee laut eigener Aussagen nur deshalb den Job als Regisseur angenommen, weil er die Saga rund um Ron Stallworth zunächst nicht fassen konnte. Es klang einfach zu dumm, um wahr zu sein.

Aus dem Grund wirkt BlacKkKlansman umso authentischer, weil Lee gekonnt den abstrusen Sachverhalt nüchtern, dramatisch als auch komisch umsetzt. Der eigentliche Plotverlauf wirkt sehr schlüssig und in sich abgeschlossen, während immer wieder Szenen zum Kopf schütteln animieren – sei es wegen der Verbortheit oder der Dummheit des Klans. Dabei war ich zunächst skeptisch bezüglich Topher Graces Rolle als David Duke, einem bekennenden Holocaust-Leugner und ehemaligen Leiters des K-K-K. Doch selbst dieses gewagte Casting funktioniert perfekt, weil Lee Duke als schlechten Scherz charakterisiert – und somit das komische Element in BlacKkKlansman stellt.

Ansonsten ist der Film von der Sorte eines Spotlight oder eines Michael Clayton: Aufgrund der Thematik und der glatten Umsetzung wirkt er unangreifbar. Die Geschichte ist top geschrieben und könnte Lee einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch einbringen. Die Schauspieler bilden gekonnt die vielen, verschiedenen Töne ab – wobei Adam Drivers Nominierung als Bester Nebendarsteller für seine Rolle als Flip Zimmerman ähnlich wie der Film selbst gerade durch seine Unauffälligkeit zustande kommt. Sprich: Der Junge funktioniert einfach und wirkt nicht wie ein Schauspieler, der einen Charakter mimt. Ein Aspekt, den John David Washington als Ron Stallworth in meinen Augen nicht ganz so gut hinbekommt.

Und die Regie? Nun, ich muss mir unbedingt mal ein paar weitere Werke von Spike Lee geben. Auf mich wirkt BlacKkKlansman besonders bei den Monologen richtig frisch und originell – egal ob Alec Baldwin als Dr. Kennebrew Beaureguard während seiner rassistischen Verschwörungstheorien permanent von einem flimmerenden Projekter angeleuchtet wird, bei einer Rede des Black-Power-Aktivisten Kwame Ture die parallel geschalteten Gesichter sich in unterschiedliche Richtungen bewegen oder die Protagonisten von Nahem gefilmt werden, während sie auf einem Rollband durch einen Gang fahren. Einige dieser Kniffe soll Lee bereits in anderen Filme einsetzen. Hier in BlacKkKlansman verkommen sie jedenfalls nicht als Gimmick, sondern sorgen für Aufmerksamkeit und genau die richtige Fokussierung.

Das letzte Lob gibt es für Terence Blanchards geniale Musik, die den Flair der 1970er Jahre besser einfängt als jede Afro-Frisur. Sie ist ruhig, sie ist cool und sie geht sofort ins Ohr – ein echter moderner Klassiker, bei dem ich mich im Nachhinein frage, wieso die passende Oscar-Nominierung nicht schon vorher in Stein gemeißelt war.

Wie gesagt: Der Film ist so glatt, ich kann kaum etwas meckern. Allerdings ist er eben auch DERART glatt, weshalb ich mehr Respekt als Liebe empfinde. Genau wie bei Spotlight verstehe ich die Ernsthaftigkeit dahinter. Meine Emotionen kochen erst ganz am Ende über, wenn Spike Lee eine schonungslose Parallele zu den vor zwei Jahren stattgefundenen Ausschreitungen in Charlottesville zieht.

Aus dem Grund könnte der Film bei den Oscars alles oder gar nichts erreichen. Keine seiner sechs Nominierungen gilt als gesetzter Sieg. Selbst der für das beste adaptierte Drehbuch schwankt, nachdem die Writer Guild of America ganz überraschend Can you ever forgive me? ausgezeichnet hat.

Doch auf der anderen Seite ist das Jahr ähnlich strittig und zerklüftet wie 2015, wo es ebenfalls keinen klaren Front-Runner gab… und am Ende Spotlight Best Picture gewann.

Nominiert für: Bester Film, Beste Regie, Bester Nebendarsteller (Adam Driver), Bestes adaptiertes Drehbuch, Bester Filmschnitt, Beste Musik.