Game #45: Chaos auf Deponia

045-Chaos_auf_DeponiaHersteller: Daedalic Entertainment
Creative Lead: Jan Müller-Michaelis
Composer: Finn Seliger & Thomas Höhl
System: PC
Jahr: 2012

Ich möchte gleich klar stellen: Der heutige Eintrag hängt in keiner Weise mit der überraschenden Ankündigung von vor zwei Tagen zusammen, laut der ein vierter Teil der Deponia-Saga bereits diesen Dienstag (!) erscheint.

Umso mehr hoffe ich inständig, dass sich die Mannen rund um Projektleiter Jan Müller-Michaelis bei der Entwicklung an Chaos auf Deponia orientiert haben. Es ist meiner Meinung das Highlight einer fantastischen Firmenhistorie, die klammheimlich vor acht Jahren begann. Der Grund hierfür ist das Rätseldesign, das dank einiger brillanter Ideen sogar an den meisten LucasArts-Klassikern vorbeizieht.

Zunächst war ich skeptisch, ob ein Point’n’Click-Adventure wie Deponia überhaupt eine Spaltung in drei vollwertige Spiele (und keine Episoden á la Telltale) verkraftet. Der Erstling war zumindest gut genug, um mich zu beruhigen. Dann jedoch stieg die Skepsis bezüglich des von Grund auf problematischen Mittelteils: Wie soll der mit dem aufkeimenden Interesse des Vorgängers und dem mutmaßlich dramatischen Höhepunkt des Nachfolgers mithalten?

Chaos auf Deponia braucht eine knappe halbe Stunde für eine Antwort. Demnach ist die Persönlichkeit von Protagonistin Goal aufgrund eines, ich sag mal ganz neutral, „Hirnschadens“ in drei Teile gespalten, zwischen denen ihr mit eurem Spielcharakter Rufus dank einer Fernbedienung (!) beliebig umschalten könnt. Allein diese Prämisse sorgt für ein paar äußerst witzige und vor allem innovative Rätsel, an denen der Adventure-Neuling dank der tollen Präsentation genauso viel Spaß hat wie der Point’n’Click-Veteran.

Darauf baut ein Spieldesign auf, das in nahezu jeder Hinsicht zur Referenzklasse gehört. Daedalic meistert gekonnt die in diesem Genre schwer zu handhabende Schwierigkeitsgradbalance. Sie bieten einen wilden Mix aus simplen Problemfällen, hinter deren Idee ihr einfach „nur“ kommen müsst, und komplexen Aufgaben, die euch durch die halbe Spielwelt jagen.

Zwischendurch kommen immer mal wieder geniale wie bis dato ungesehene Einfälle, die in einem sagenhaften Musikrätsel ihren Höhepunkt finden. Dazu müsst ihr wissen, dass Hauptcharakter Rufus gerne mal die vierte Wand durchbricht und so tut, als ob er vom Spieler oder besser gesagt der Welt vor dem Monitor Kenntnis habe. An einer Stelle muss er in einem bestimmten Rhythmus an einer Tür klopfen, damit er von den dahinter konspirierenden Rebellen wahrgenommen wird. Das Problem ist jedoch, dass Rufus plötzlich die Hintergrundmusik des Spieles wahrnimmt und aufgrund ihres feschen Beats bei jedem Klopfversuch durcheinander gerät. Und jetzt ratet mal, wie man die Stelle knackt? Richtig: Ihr müsst im Optionsmenü die Lautstärke der Musik auf Null drehen!

Allein dieses eine Beispiel ist in meinen Augen auf dem gleichen Brillanzniveau wie der Hamster, der Day of the Tentacle in die Tiefkühltruhe gesteckt werden muss, oder der T-Entferner, mit dem ihr in Leather Goddessess of Phobos aus einer Antifaltencreme (untangeling creme) eine Entwinkelungscreme (unangeling creme) macht. Und deshalb gehört Chaos auf Deponia gefeiert bis ans Ende aller Point’n’Click-Tage.

 

 

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