Game #93: Amnesia – The Dark Descent

093-AmnesiaHersteller: Frictional Games
Design: Thomas Grip & Jens Nilsson
Composer: Mikko Tarmia
System: PC
Jahr: 2011

Ich habe es bereits das eine oder andere mal erwähnt: Ich mag keine Horror-Spiele. Kaum ein anderes Genre versucht in meinen Augen mit derart plumpen Mitteln für Pseudo-Spannung und gekünstelte Atmosphäre zu sorgen. Wirklich Angst habe ich höchstens bei den Spielen, in denen ich verfolgt werde – und die möchte ich genau deshalb nicht wirklich spielen, weil ich eigentlich keine Angst haben möchte.

Amnesia: The Dark Descent ist einer der besten Zaubertricks, den ich je gesehen habe. Es verarscht mich von hinten bis vorne, weil es mir eine Gefahr suggeriert, die gar nicht vorhanden ist. Ich weiß nicht einmal, ob man in dem Spiel überhaupt „sterben“ kann – wenn, dann ist es echt schwierig. Denn die bösen Kreaturen sorgen eigentlich nur dafür, dass ich ohnmächtig werde und an anderer Stelle aufwache.

Aber, meine Güte: Die Inszenierung schlägt alles dagewesene. Als Szenario dient ein altertümliches Schloss, die Zeitepoche befördert euch mitten ins 19. Jahrhundert. Ihr wacht noch leicht benommen auf und könnt euch gerade mal an euren Namen erinnern. Schnell durchstöbert ihr die Räumlichkeit der Burg, in der es nur so vor von euch selbst verfassten Notizen wimmelt. Die machen schnell klar, dass ihr euer Gedächtnis selbst mit einem Trank gelöscht habt, auf der Flucht seid und einen Mann namens Alexander töten sollt. Wieso, warum und weshalb erfahrt natürlich Schritt für Schritt.

Schnell stoßt ihr auf die besagten Kreaturen, die das Durchstreifen der verwinkelten Gänge zu einem Katz-und-Maus-Spiel machen. Bereits ihr scheußliches Aussehen sorgt dafür, dass ihr ihnen auf keinen Fall über den Weg laufen wollt. Darüber hinaus arbeitet Frictional Games mit überzogenen Grafikfiltern und eklig klingenden Toneffekten, die alle eure Angstgefühle auf einen Schlag wecken und Amok laufen lassen. In Amnesia: The Dark Descent rennt selbst der größte Macho schreiend wie ein kleines Mädchen davon, wenn er sich an einer Kreuzung nichtsahnend zur Seite dreht und dort plötzlich eines dieser Viecher vor ihm steht.

Ihr könnt euch nicht wehren, aber sehr wohl verstecken. Die Kreaturen können euch nicht in der Dunkelheit sehen, weshalb ihr euch von einer Nische zur nächsten begebt. Leider hat die Idee einen sehr hässlichen Haken: Eure Spielfigur bekommt von Natur aus Panik im Dunkeln, weshalb er mehr und mehr dem Wahn verfällt. Das beginnt mit einer tief atmenden Stimme, geht über klägliches Wimmern und endet in Halluzinationen, bei denen modrige Insekten über eure Auge flimmern.

Abseits der sensationell gut gemachten Präsentation und einer insgesamt solide geschriebenen Geschichte überraschen die Rätsel mit ein paar wirklich schwer zu lösenden Problemfällen. Interessant ist hierbei die Steuerung, die aus Frictional Games Vorgängertitel Penumbra übernommen wurde: Wenn ihr eine Tür öffnen möchtet, dann müsst ihr dafür die Klinke anvisieren, die Maustaste gedrückt halten und die Maus zu euch schieben – vergleichbar mit dem Prozess, wie ihr in der Realität eine Tür aufmachen würdet. Diese Bewegungssteuerung müsst ihr auch beim Knacken der Puzzles beherrschen, um Objekte korrekt zu bewegen oder Räder in die richtige Richtung zu drehen.

Der einzige Aspekt, der gegenüber teuer produzierten Spielen abfällt, ist die Technikleistung. Im Prinzip sieht die Grafik nach nichts Besonderem aus und auch die Kreaturen wirken bei genauerem Hinsehen sehr schlicht. Doch umso mehr besteht die Kunst der Entwickler daran, all die Schwächen geschickt zu kaschieren und durch das Zelebrieren der Stärken zu überdecken.

 

 

Amnesia