OST #18: Chrono Cross

018-Chrono_CrossComposer: Yasunori Mitsuda
System: PlayStation
Year: 1999

Wer meine Liste aufmerksam verfolgt und Fan japanischer Rollenspielmusik ist, dem wird vielleicht aufgefallen sein, dass bislang ein ganz berühmter Name so gut wie gar nicht vorkam: Yasunori Mitsuda. Genau genommen beschränkte ich mich bislang auf einen einzigen Eintrag, den der Japaner im Falle von Kid Icarus mit zahlreichen anderen Kultkomponisten wie Motoi Sakuraba oder Yuzo Koshiro teilen musste.

Das soll jedoch nicht bedeuten, dass ich den Mann nicht zu schätzen weiß. Ganz im Gegenteil: Zwar gibt es nicht viele Soundtracks, die ich von Mitsuda mag. Nur sind sie gleich derart genial, weshalb sie allesamt einen Platz in der Top Twenty (!) erobert haben.

Das „schwächste“ Glied von Yasunori Mitsudas elitären Trio heißt Chrono Cross: Vier Jahre nach Chrono Trigger durfte er sich für den Nachfolger auf der PlayStation austoben und hatte das in Japan parallel erscheinende Final Fantasy VIII als Konkurrent im Nacken. Obwohl beide Titel mit der gleichen Hardware auskommen und ähnlich umfangreich sind, klingt Chrono Cross bereits rein technisch betrachtet um Welten besser. Während Nobuo Uematsus Streich zu sehr nach Midi riecht, ist das Instrumentenset von Mitsuda beängstigend nahe an der Realität dran. Das sanfte Quietschen, das bei manchen Gitarrentönen zu hören ist, suggeriert gar geschickt, dass es sich um Live-Aufnahmen handelt.

Was sich schon bei Mitsudas anderen elitären Soundtracks andeutet, wird in Chrono Cross amtlich gemacht: Keiner kann so gute Städte- und Weltenmusiken komponieren wie er. Egal ob beschaulich, träumerisch oder verspielt: Ihr fühlt euch stets und überall heimisch. Deshalb ist es ausnahmsweise weniger dramatisch, wenn ausgerechnet die Standardkampfmusik der schwächste Part des gesamten Scores ist.

Im Gegensatz dazu sind die beiden Stücke, die in der Tat mit realen Instrumenten entstanden sind, die besten des Spieles: „The Scars of Time“ ist ein furioses Intro, das selbst Leuten ein Begriff ist, die Chrono Cross nie gesehen oder gar gespielt haben. In gerade mal zweieinhalb Minuten steckt derart viel Energie und Leidenschaft, das man damit mindestens drei Soundtracks hätte füllen können. Es erinnert vom Stil her an eine mittelalterliche Rockballade, nur dass sich Mitsuda auf orchestrale und traditionell-japanische Instrumente verlässt.

Der finale Song „Radical Dreamers“ ist von einem ganz anderen Kaliber. Zunächst einmal zieht er vom Namen her einen Bezug zu einem Textadventure, das nur in Japan erschienen ist und die Geschichte zwischen den beiden Chrono-Titeln erzählt. Gleichwohl Mitsuda ein paar Melodien für Chrono Cross übernommen und arrangiert hat (darunter das bezaubernde „The Girl Who Stole The Star“), ist der Song brandneu.

Er besteht aus einer simplen Melodie, die per Akustikgitarre gespielt wird, und dem Gesang von Noriko Mitose. Letzterer klingt zunächst für den gemeinen Europäer befremdlich und fast schon schief, was aber nur eine Sache der Gewöhnung ist. Die stellt sich ganz automatisch nach drei Minuten und fünf Sekunden ein: Mitose verstummt und lässt für eine Viertelminute der Gitarre den Vorzug. Nachdem diese ein paar Akkorde gespielt hat, kehrt Mitose zurück… und wird zu Gottes Stimme persönlich. Sie singt für 40 Sekunden weiter, ohne Text und ihre eigene Stimme mehrfach überlappend, als ob plötzlich ein Chor hinter ihr stehe.

Der Effekt ist unbeschreiblich und sichert Mitsuda erstmals ein ganz seltenes Triple: bester Soundtrack, beste Komposition (Scars of Time) und bester Song (Radical Dreamers) des Jahres. Und seither hat auch nur ein einziger Komponist diese Leistung wiederholen können…

 

 

 

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