Game #87: Turrican

087-TurricanHersteller: Factor 5
A Game by: Manfred Trenz [C64]
Produced by: Julian Eggebrecht (Amiga]
Composer: Chris Hülsbeck [Amiga]
System: Amiga
Jahr: 1990

Turrican… ein Name, der jeden Amiga-User vor Ehrfurcht erstarren lässt. Gleichwohl das Spiel ursprünglich für den C64 entwickelt wurde, ist es die Version für den 16-Bit-Computer, die weltweit für Furore sorgte. Dabei begann der Kult wie ein typisches Produkt aus der Feder von Manfred Trenz: als ein Plagiat, das frech Elemente verschiedener Games zusammenklaut.

Auf den ersten Blick ist Turrican ein schnödes Run’n’Gun, in dem ihr viel laufen, viel springen und vor allem viel ballern müsst. Die Story könnt ihr vergessen und ist in Anbetracht der riesigen Levels sowie der monströsen Endgegner auch völlig belanglos. Doch hinter der stupiden Fassade steckt eine subtile Tiefe, die euch zum sammelwütigen Diamantenjäger macht.

Denn im Gegensatz zu Probotector sind die Levels nicht linear gestaltet sondern bestehen aus großen, verzweigten Arealen, in denen es nur so vor Schätzen wimmelt. Natürlich hat der Prunk auch einen Haken: Je mehr ihr forscht anstatt dem Ziel folgt, desto enger wird der Kampf gegen das unbarmherzige Zeitlimit. Und spätestens die vierte Welt bringt euch regelmäßig ins Schwitzen, weil der Weg zum Ausgang derart vertrackt designt ist und ihr euch alle Nase lange verlauft.

Überhaupt, diese vierte Welt: Getränkt mit zahlreichen Alien-Anleihen und unter dem Klangbild schauriger Toneffekte sticht sie gesondert gegenüber den ansonsten eher technischen und modernen Gebieten von Turrican hervor. Auch dominieren hier die Farben gelb und rot, während euer Auge ansonsten mit blauen oder grünen Tönen umschmeichelt wird.

Während die Plattformen und die Inneneinrichtungen etwas steif wirken, sind die vielen Endgegner der eigentliche Star. Sie füllen mit ihrer Präsenz gefühlt den halben Bildschirm aus und sind teilweise auch noch wieselflink unterwegs. Doch auch die kleinen Gegner erschweren in aller Regelmäßigkeit euer Leben und bringen euch insbesondere dank ihrer Geschwindigkeit ins Straucheln.

Die Kehrseite der Medaille sind zahlreiche schlecht ausbalancierte Passagen und eine teilweise eher konfus zusammengestückelte Levelarchitektur, die euch bewusst mit immer gleich aussehenden Gebieten verwirren will. Manfred Trenz war eben mehr ein Technikguru anstatt ein Mastermind des Spieldesigns.

Bis hierhin wäre Turrican ein gutes Actiongame, dessen solide Spielbarkeit einher geht mit der für die damalige Zeit beeindruckenden Technik und geschickt die spielerischen Schwächen zu kaschieren weiß. Doch all das ist nicht der Grund, warum das Spiel und sämtliche seiner Nachfolger bis heute in den Köpfen der Spieler hängen geblieben ist. Turrican ist weniger ein Sinnbild für kompromisslose Action und mehr die Verkörperung des ultimativen Spielesoundtracks.

Chris Hülsbeck hatte sich bis hierher bereits einen Namen gemacht, der über die deutschen Landesgrenzen hinausging. Seine Musik war sowohl technisch als auch kompositorisch mehr als ausgereift. Doch mit Turrican stellte er seine und sämtliche Arbeiten seiner Kollegen in den Schatten. Mit einem höchsten Maß an Abwechslung, einer mehr als perfekten Instrumentation und der Aneinanderreihung unzähliger Ohrwürmer stieg Hülsbeck endgültig in den Olymp der besten Spielemusiker auf.

Natürlich werde ich dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt ausführlicher behandeln. Ich kann es jedoch in diesem speziellen Falle absolut nicht tot schweigen, weil die hohe Platzierung von Turrican unzertrennbar mit der Musik verbunden ist. Aus diesem Grund bezieht sich der Eintrag auch auf die Amiga-Version, während das C64-Original zwar technisch ähnlich beeindruckend, jedoch leider die meiste Zeit ohne Musik auskommt.

 

 

Turrican