Game #96: Guild Wars

096-Guild_WarsHersteller: ArenaNet
Lead Designer: Mike O’Brien
Composer: Jeremy Soule
System: PC
Jahr: 2005

Wir schreiben das Jahr 2005 und alle Welt ist dem Wahn verfallen, der da World of Warcraft heißt. Für mich als Liebhaber des ausgefeilten Spieldesigns sollte der Trend einem schleichenden Super-GAU gleichen. Schließlich durfte ich mich jüngst durch ein sichtlich vom MMORPG-Trend inspirierten Mammut-Rollenspiel quälen, das gegen jedwede von mir bevorzugte Designphilosophie ankämpft. Hauptsache, die Gegner sind zahlreich, die Welten riesengroß und die Sammelitems unüberschaubar. Bäh.

So, das muss jetzt mal aus aktuellem Anlass raus – bleibt nur die Frage, warum sich Guild Wars trotz meiner Abneigungen gegenüber dem Genre durchsetzen konnte. Denn im Prinzip „leidet“ es unter den gleichen „Problemen“: Ihr kämpft bis der Arzt kommt gegen eine unüberschaubare Menge an Gegnern, verprügelt euch auf Wunsch im PvP und folgt einer halbgaren Story. Doch bereits in letzterem Punkt schafft ArenaNet einen kleinen, aber feinen Unterschied.

Es gibt nämlich …(-tamdamtamdam-)… Zwischensequenzen (-tusch-)! Die sind nun wirklich nicht spektakulär, geben mir aber zumindest das Gefühl, hier nicht einer von Milliarden unbekannter Pseudo-Helden zu sein. Zudem verschaffen sie dem Prolog eine gehörige Portion Dramatik: Dort trainiert ihr zunächst die Steuerung in einer saftig-grünen Welten, die kurz darauf zerstört wird. Der Wechsel von der friedlichen Natur hin zur trostlosen Apokalypse sorgt gleich für einen emotionalen Kick, mit dem kein World of Warcraft-Event mithalten kann.

Danach ist es vorrangig die Spielwelt, die mich begeistert. Zwar wird sie wie jedes andere MMORPG von viel zu vielen seelenlosen Gegnern bevölkert, aber dafür wirkt die Umgebung und die Architektur der vorhandenen Bauten ungleich liebevoller. Überhaupt sollte Guild Wars anno 2005 beweisen, dass ein auf Online getrimmtes Spiel die beste Art Direction des Jahres haben kann.

Als Nächstes mag ich den Multiplayer-Ansatz, den Guild Wars verfolgt: Ihr marschiert hier nämlich nicht wie in der Konkurrenz mit hunderten von anderen Spielern durch die Lande, sondern trefft potenzielle Mitstreiter in der zentralen Stadt. Außerhalb reduziert sich der Online-Aspekt auf eine Party mit maximal acht Recken, deren Plätze ihr gar mit Bots füllen dürft. Die sind vielleicht arg doof, erfüllen aber ihren Zweck und machen Guild Wars zum einzig mir bekannten MMORPG, dass ich tatsächlich auch komplett und ohne nennenswerte Hürden alleine zocken kann.

Zu guter Letzt war das Fertigkeitensystem zu seiner Zeit richtig innovativ, speziell weil ihr im Vorfeld entscheidend musstet, mit welchen acht ihr auf Monsterjagd geht. Der Maximallevel ist zudem vergleichsweise niedrig, womit Guild Wars von vorneherein klar macht: Hier geht es nicht ums stupide Sammeln von Erfahrungspunkten. Es geht ums Taktieren und um das Erforschen einer wunderschönen Welt, die selbst mehr als zehn Jahre nach ihrem Debüt reizvoll ist.

 

 

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