Emmy Prognose 2014/2015: Mini Series & TV-Movie

Amerikanische Comedy und Drama Serien sind inzwischen beliebter als viele Kinoblockbuster. Doch abseits der großen Namen gibt es noch die Außenseiter in den Sparten Mini Series und TV-Movie, die eine ähnliche Beachtung verdienen.

Bester TV Movie

Nominiert sind:

Bessie
Curtain: Poirot’s Last Case
Grace of Monaco
Hello Ladies: The Movie
Killing Jesus
Nightingale

Ich fange mit einer Kategorie an, die bereits letzten Samstag bei der Creative Arts Verleihung honoriert wurde – warum auch immer. Denn seit ich die Emmys verfolge, wurde der beste TV-Film immer bei der finalen Veranstaltung ausgezeichnet. Lag es am Ende an der zweifelhaften Qualität der diesjährigen Kandidaten?

Denn ganz ehrlich: So ein schlechtes Feld habe ich schon lange nicht mehr gesehen, egal bei welcher Preisverleihung. Grace of Monaco war mal auf dem Papier betrachtet ein aussichtsreicher Oscar-Kandidat, der bei den Kritikern derart gefloppt ist, weshalb sich kein amerikanischer Kinovertrieb finden lies und am Ende der Kabelsender Lifetime einen Film für’s Fernsehen daraus schnippelte.

Killing Jesus hingegen ist die Verfilmung des gleichnamigen Buches des erzkonsverativen Bill O’Reilly, die zwar am Ende weniger „schlimm“ geworden ist wie ursprünglich vermutet. Doch allein der Anfang mit Kelsey Grammer als König Herodes ist derart mies, dass eine goldene Himbeere gerechtfertigter wäre.

Der Tiefpunkt ist jedoch eindeutig Hello Laides: The Movie: Bereits die kurzlebige Serie rund um ein groß gewachsenes Nerd-Arschloch, dessen sexistischen Ansichten bei seinen verzweifelten Versuchen, eine hübsche Frau nach der anderen abzuschleppen, bewusst persifliert wird, gehörte nicht gerade zu den cleversten TV-Geschichten. Doch das brutal auf Happy-End getrimmte „Finale“ ist ab der zweiten Hälfte unerträglich kitschig.

Curtain: Poirot’s Last Case ist immerhin ein gut gedrehter Agatha Christie-Krimi, der zwar bei weitem nicht mit Sherlock & Co. mithalten kann, aber handwerklich solide ist. Am Ende blieben nur zwei wirklich auszeichnungswürdige Werke: Nightingale ist eine interessante One-Man-Show von Selma-Darsteller David Oyelowo, der sich hier den Arsch abschauspielert und sicherlich mit dem Hauptdarsteller-Emmy belohnt wird (dazu später mehr).

Bessie hingegen ist ein sehr gut gemachtes Biopic über Bessie Smith, eine der berühmtesten schwarzen Bluessängerinnen Amerikas. Es ist in meinen Augen zwar auch kein universelles Meisterwerk, aber produktionstechnisch sehr professionell und in Sachen schauspielerischer Gesamtleistung den anderen nominierten Filmen um Welten überlegen. Kein Wunder also, dass Bessie letzten Samstag wie von vielen prognostiziert den Emmy gewonnen hat.

Has won: Bessie
My vote: Bessie

Beste Mini-Serie

Nominiert sind:

American Crime
American Horror Story: Freak Show
The Honorable Woman
Olive Kitteridge
Wolf Hall

Bereits rein die Qualität betrachtet ist das Feld der Mini-Serien in jedweder Hinsicht den TV-Filmkandidaten überlegen. Genau genommen sind alle fünf Nominierten derart gut, dass jeder für sich betrachtet den Emmy verdient hätte.

American Crime ist auf den ersten Blick ein gewöhnliches Drama rund um einen Mordfall, bei dem sowohl die Hinterbliebenen des Opfers (primär die Eltern) als auch die vermeintlichen Täter (deren Schuld bis zum Ende hin nicht vollständig geklärt wird) sowie einige Verdächtige sehr detailliert und nuanciert dargestellt werden.

Ebenfalls in Punkto Schauspieler extrem stark ist American Horror Story: Freak Show, deren Thematik sich diesmal rund um einen Zirkus voller Freak-Darsteller dreht und natürlich Ryan-Murphy-typisch die „normalen“ Menschen als die wahren Bösewichter zeichnet. Sichtlich inspiriert von dem umstrittenen Klassiker Freaks aus dem Jahre 1932, schwindet die oberflächliche Hässlichkeit vieler Charaktere hinter einer Sage voller Graustufen anstatt stupider Schwarz-Weiß-Malerei und am Ende erstaunlich wenig „Horror“ zeigt.

The Honorable Woman ist ein teilweise etwas schwer zu verstehendes Politdrama, das wild mit Rückblenden und vielen Andeutungen arbeitet, aber dafür in Sachen Regie meisterhaft in Szene gesetzt ist. Noch mehr Lob verdient Wolf Hall, das im Gegensatz zu vielen anderen Historienserien erstaunlich glaubwürdig geschrieben ist, laut Historikern der Realität sehr nahe käme und trotzdem höchst interessant ist.

Doch am Ende dürfte der Emmy an Lisa Cholodenkos Olive Kitterdige gehen: Vier Folgen umspannen mehr als 20 Jahre der titelgebenden Olive Kitteridge, die mal tragisch und mal komisch eine Lebensstation nach der anderen beschreiben. Die meiste Zeit wirkt sie verbittert und zynisch, zudem am Anfang eine Vorblende suggeriert, sie nehme sich im hohen Alter das Leben. Doch letztlich kommt es anders als sie denkt und auch wenn es kein Zucker-Happy-End ist, was sie dort erwartet, so ist es eine erstrebenswerte Perspektive, die ihrem Charakter in Aussicht gestellt wird.

Müsste ich jedenfalls in dieser Kategorie wählen, ich wäre völlig überfordert. Meine Stimme würde wohl knapp an American Horror Story: Freak Show gehen, allein damit die Anthology-Serie wenigstens einmal ihren längst verdienten Serien-Emmy gewinnt. Aber genau so bin ich von der Authenzität eines Wolf Hall, der Cleverness der Olive Kitteridge, der Spannung von American Crime und der genialen Regie seitens The Honorable Woman fasziniert. Selten war es so unfair, dass es am Ende nur einen „Gewinner“ geben darf.

Will win: Olive Kitterdige
Could win: American Horror Story. Freak Show
My vote: American Horror Story: Freak Show

Bestes TV-Movie/Mini-Series Drehbuch

Nominiert sind:

American Crime
Bessie
Hello Ladies: The Movie
The Honorable Woman
Olive Kitteridge
Wolf Hall

Ich sag so etwas selten, aber ich hab keinen blassen Schimmer, wie Hello Ladies: The Movie sich in diese elitäre Gruppe gemogelt hat. Davon abgesehen sollte der Sieg zwischen Olive Kitteridge und Wolf Hall ablaufen: Ersteres steckt voller intelligenter Pointen und cleverer Plotverläufe, letzteres ist wie bereits erwähnt „erschreckend“ authentisch und trotzdem spannend.

Will win: Olive Kitteridge
Could win: Wolf Hall
My vote: Wolf Hall

Beste TV-Movie/Mini-Series Regie

Nominiert sind:

American Horror Story: Freak Show (Episode „Monsters Among Us“)
Bessie
The Honorable Woman
Houdini
The Missing
Olive Kitteridge
Wolf Hall

Die Nominierung von Uli Edels Regieleistung in Houdini ist jenseits von Gut und Böse. Die beiden Folgen der Mini-Serie sind derart überzogen und überstilisiert, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich applaudieren oder vor Scham versinken möchte.

Der Rest des Feldes ist bedeutend konventioneller und sollte sich vor den meisterhaft inszenierten Highlights in The Honorable Woman verneigen: Allein die Anfangsszene, die den Mord an des Vaters Protagonistin zeigt, ist ein Stück für’s Lehrbuch. Allerdings dürfte ein Gewinn gegen das in der Industrie mehr geachtete Olive Kitterdige schwer durchzusetzen sein, zudem Lisa Cholodenkos Regie eine dieser seltenen Glanzleistungen ist, die eine auf den ersten Blick gewöhnliche Geschichte in ein durch und durch ansehnliches Korsett packt.

Will win: Olive Kitteridge
Could win: The Honorable Woman
My vote: The Honorable Woman

Bester Hauptdarsteller eines TV-Movie/einer Mini-Serie

Nominiert sind:

Adrian Brody (Houdini)
David Oyelowo (Nightingale)
Mark Rylance (Wolf Hall)
Richard Jenkins (Olive Kitteridge)
Ricky Gervais (Derek: The Final Chapter) **
Timothy Hutton (American Crime)

David Oyelowo all the way: Nicht nur, dass der Mann aufgrund des letztjährigen Oscar-Snubs jeden „Trostpreis“ dieser Erde verdient hat. Er trägt ganz alleine einen abendfüllenden Film und liefert ein fantastisches Porträt eines verstörten Kriegsveteranen. Einzig Richard Jenkins hat Außenseiterchancen, eben aufgrund der allgemeinen Beliebtheit seitens Olive Kitteridge und seiner subtilen Darstellung.

Ansonsten möchte ich jauchzen und jubeln über Timothy Hutton: Seit seinem Oscar-Sieg vor 35 (!) Jahren hat er eine Drehbuchniete nach der anderen gezogen und dank American Crime endlich mal zeigen dürfen, dass Ordinary People keine Eintagsfliege war.

Will win: David Oyelowo
Could win: Richard Jenkins
My vote: David Oyelowo

Beste Hauptdarstellerin eines TV-Movie/einer Mini-Serie

Nominiert sind:

Emma Thompson (Sweeney Todd (Lincoln Center)) **
Felicity Huffman (American Crime)
Frances McDormand (Olive Kitteridge)
Jessica Lange (American Horror Story: Freak Show)
Maggie Gyllenhaal (The Honorable Woman)
Queen Latifah (Bessie)

Ich würde zu gerne wissen, wie Emma Thompson das hier geschafft hat: Ihre Nominierung bezieht sich auf eine Aufzeichnung einer Theateraufführung, die in keiner Form auf DVD oder Video on Demand erhältlich ist und scheinbar auch nicht in Form von Screenern existiert. Für jemand wie mich war es jedenfalls unmöglich, auch nur einen Ausschnitt ihrer Darbietung zu sehen. Davon abgesehen gibt es bei den Frauen viel mehr zu diskutieren als bei den Männern, denn die anderen fünf Damen haben allesamt eine mehr oder weniger große Siegchance.

Erneut könnte Olive Kitteridge absahnen, speziell dank Frances McDormands subtiler Mimik und ihtrm stets mit sich tragenden Mix aus Frust sowie Zynismus. Gleichzeitig sehe ich ausgerechnet sie als eine Schwachstelle, denn ihr Charakter ist nicht wirklich „liebenswert“ und das wiederum ist (leider) stets ein Problem bei solchen Preisverleihungen.

Jessica Lange hat zwar schon besseres bezüglich American Horror Story abgeliefert, doch allein ihr perfekter Deutschakzent als Elsa Mars in Freak Show ist jede Verneigung wert. Wenn jedoch eine altgediente und bereits mehrfach honorierte Veteranin an einem weiteren Emmy schnüffeln darf, dann ist es Felicity Huffman für American Crime. Zwar muss auch sie mit einem „unliebsamen“ Charakter“ hantieren, der jedoch voller Energie und vorzeigewürdiger Szenenausschnitte steckt. Ihr emotionaler Zusammenbruch am Ende der Serie ist jedenfalls Oscar-reif.

Während meine Stimme eindeutig an Maggie Gyllenhaals zerrütteter Darstellung in The Honorable Woman geht, die ein Trauma nach dem anderen durchleben „darf“ und nebenbei überraschend den Golden Globe Anfang des Jahres gewann, tippe ich was den Sieg anbelangt letztlich auf Queen Latifahs sympathischer Darstellung in Bessie. Nicht vergessen: Charaktere, die auf reale Personen gestützt sind, haben bei Oscars, Golden Globes und Emmys immer ein Plus in der Hinterhand.

Will win: Queen Latifah
Could win: Frances McDormand
My vote: Maggie Gyllenhaal

Bester Nebendarsteller eines TV-Movie/einer Mini-Serie

Nominiert sind:

Bill Murray (Olive Kitteridge)
Damian Lewis (Wolf Hall)
Denis O’Hare (American Horror Story: Freak Show)
Finn Wittrock (American Horror Story: Freak Show)
Michael Kenneth Williams (Bessie)
Richard Cabral (American Crime)

Ich war zugegebenermaßen schockiert, als ich mir auf Gold Derby die Prognosen der Emmy-Experten anschaute und ich dort keine kollektiven Jubelarien bezüglich Finn Wittrock sichtete, der in meinen Augen einen Bösewicht für die Geschichtsbücher abliefert. Natürlich profitiert Wittrock vom bereits abartigen Grundriss seines diabolischen Charakters – aber dann muss man es natürlich auch noch hinkriegen, derart perfekt ein so eindringliches Arschloch zu mimen. Ich war jedenfalls gleichzeitig fasziniert wie angekelt – und sein Showdown in der letzten Folge liegt mir jetzt noch schwer im Magen.

Zurück zu den Experten: Die prognostizieren erneut Olive Kitterdige und somit Bill Murray, der jedoch in meinen Augen eine Spur zu verdeckt spielt und auch erst recht spät seinen Einsatz findet. Deshalb lehne ich mich hier mal aus dem Fenster und schiele in Richtung Richard Cabral, der in American Crime einen äußerst starken Abschlussmonolog hinlegt und sich allein deshalb in die Köpfe einiger Wähler eingebrannt haben dürfte.

Will win: Richard Cabral
Could win: Bill Murray
My vote: Finn Wittrock

Beste Nebendarstellerin eines TV-Movie/einer Mini-Serie

Nominiert sind:

Angela Bassett (American Horror Story: Freak Show)
Kathy Bates (American Horror Story: Freak Show)
Mo’Nique (Bessie)
Regina King (American Crime)
Sarah Paulson (American Horror Story: Freak Show)
Zoe Kazan (Olive Kitteridge)

Ich sag es mal freundlich: Wenn das Ding hier nicht an Sarah Paulson geht, dann wird sie von den Emmy-Wählern gehasst. Sie hätte schon haushoch für American Horror Story: Asylum siegen MÜSSEN – und nun kehrt sie mit einer Doppelrolle zurück, in der sie zwei siamesische Zwillingsschwestern spielt, die rein äußerlich aus zwei Köpfen und einem Körper bestehen. Unrealistisch, sagt ihr? Fragt mal bei Abigail und Brittany Hensel nach…

Jedenfalls mimt Paulson nicht nur zwei Charaktere auf einen Schlag: Deren Persönlichkeiten sind völlig unterschiedlich und jede für sich meisterhaft umgesetzt. Einzig Regina King kommt hier mit ihrer voller Selbstbewusstsein strotzenden Darstellung in American Crime ran – aber ein Sieg für sie wäre ebenso in meinen Augen einfacher nur ein gezielter Schlag gegen Sarah Paulson.

Will win: Sarah Paulson
Could win: Regina King
My vote: Sarah Paulson