Hersteller: Konami
Director: Yuji Shibata
Composer: Masahiko Kimura, Motoaki Furukawa & Mariko Egawa
System: Nintendo 64
Jahr: 1999
Vor gut zwei Monaten stellte ich Indiana Jones and the Infernal Machine als eines von drei Spielen vor, die im gleichen Jahr erschienen und landläufig als misslungene Experimente verschrien sind. Heute ist der zweite Kandidat an der Reihe – und der dürfte noch ein paar „Feinde“ mehr in der Hinterhand als der steife Dr. Jones haben.
Das erste Castlevania mit Polygongrafik hat rein von der Atmosphäre und vom Spielgefühl her betrachtet kaum etwas mit seinen Vorgängern gemeinsam. Das bunte, detaillierte Setting wich einer nebligen, blockigen wie grau-gräulichen Kulisse. Das Gegnerdesign offenbart einige seltsame Auswüchse, allen voran Motorrad fahrende Skelette… reichlich unsinnig für eine Geschichte, die im 19. Jahrhundert ansiedelt. Und der fesche Soundtrack wurde gegen einen eher klassischen Ambientscore ersetzt, der kaum Mitpfeifmelodien beherrscht.
Rein objektiv weiß ich eigentlich, wie misslungen dieses „Experiment“ war… und doch hat mich irgendwie das Leveldesign gepackt, in dem mehr positives drin steckt, als man auf den ersten Blick vermuten mag. So empfinde ich die Größe der einzelnen Abschnitte als genau „richtig“: Sie sind umfangreich und verzweigt genug, um mir das Gefühl einer frei begehbaren Spielwelt zu vermitteln. Aber sie sind auch nicht zu voluminös, weshalb ich den Überblick verliere.
Des Weiteren ist Castlevania ein reinrassiges Action-Jump’n’Run geblieben und kein verkappter Brawler geworden (etwas, was ich den späteren PlayStation 2-Episoden Lament of Innocence und Curse of Darkness vorwerfe). Hier müsst ihr richtig viel Klettern, Springen und Distanzen abwägen. Ja, ich weiß was jetzt kommt: Das genau diese Elemente aufgrund der problematischen Kameraführung überhaupt nicht funktionieren und nur stören. Doch genau an diesem Beispiel kann ich prima den Unterschied zwischen objektiver Einschätzung und subjektiven Spielspaß erklären.
Die Kamera IST nicht gut – auf gar keinen Fall. Von den drei möglichen Einstellungen ist eine völlig unsinnig (weshalb sie im leidlich verbesserten Nachfolger Legacy of Darkness auch komplett rausgeflogen ist), während ihr ständig zwischen den anderen beiden schalten müsst, um eine Balance zwischen Übersicht und Spielbarkeit zu erhalten. Deshalb ist Castlevania für Nintendo 64 zurecht eine der ungeliebtesten Episoden. Aber (!) wenn ihr damit zurecht kommt, dann (!) macht es eben Spaß, sich durch die verwinkelten und erstaunlich cleveren Levelpassagen zu arbeiten.
Und genau das ist eben bei mir „passiert“: Manchmal kommt man eben mit offensichtlichen Problemen klar, woraufhin die versteckten Qualitäten des Spieles auftrumpfen können. Das beste Beispiel ist der Sprengstoff-Abschnitt: Zunächst durchstreift ihr einen Raum mit auffallend kompliziert angeordneten Plattformen sowie seltsam dünnen sowie überhöht liegenden Wegen, die ihr einfach umlaufen oder umhüpfen könnt. Doch kurz darauf erhaltet ihr etwas Nitroglyzerin, mit dem ihr den gleichen Parcours erneut durchlaufen müsst – nur das ihr diesmal weder fallen noch springen dürft! Gleichwohl der Kniff Storytechnisch am Rande zur Unsinnigkeit strebt, macht rein spielerisch betrachtet die Anordnung der Plattformen plötzlich Sinn und ihr steht vor einer der gemeinsten wie spaßigsten Herausforderungen der frühen 3D-Action/Jump’n’Run-Ära.