Game #118: Zork Nemesis

118-Zork_NemesisHersteller: Zombie
Produced and directed by: Cecilia Barajas
Composer: Mark Morgan
System: PC
Jahr: 1996

Warum sind Adventures zum Nischengenre geworden? Für diese Frage gibt es zahlreiche Antworten, doch eine davon dreht sich rund um den Aufstieg und Fall der so genannten Render-Adventures. Basierend auf dem Überraschungshit Myst erschienen unzählige ähnlich geartete Titel, in denen ihr euch aus der Ego-Perspektive blickend von einem Bild zum nächsten klickt, komplizierte Maschinen bedient und wenig Story erlebt. Nahezu alle Vertreter dieser inzwischen völlig ausgestorbenen Gattung waren mittelmäßig bis mies. Sie waren viel zu kryptisch, zu steif, zu leblos und zu austauschbar. Des Weiteren stammten viele von neu gegründeten Entwicklerteams, die sichtlich keine Ahnung von gutem Story- oder Rätseldesign hatten.

Obwohl ich Dutzende dieser Render-Adventures gespielt habe, konnte mich am Ende nur eines überzeugen: Zork: Nemesis. Der Nachfolger der berühmten Text-Adventure-Serie hat zwar kaum mehr etwas mit seinen Vorgängern gemeinsam, aber dafür verpackt er eine hervorragend geschriebene Geschichte in eine der besten Präsentationsleistungen überhaupt.

Die Alchemisten Doktor Sartorius, General Kaine, Bischof Malveaux und Madame Hamilton wurden vom niederträchtigen Nemesis ermordet. Ihre Körper vegetieren im Tempel von Agrippa, doch immerhin kann ihr Geist noch mit dem Spieler kommunizieren und um Hilfe bitten. Laut ihren Aussagen könne man sie retten und den Nemesis besiegen, wenn der Spieler die vier Elemente Luft, Erde, Wasser und Feuer in ihrer puren Reinheit erstellt. Doch im Laufe des Abenteuers merkt er, dass die Alchemisten selbst ein dunkles Geheimnis verbergen…

Die Story beginnt wie in jedem Render-Adventure sehr mysteriös und lückenhaft. Doch im Gegensatz zur Konkurrenz entwickelt sie sich zu einem handfesten Plot, der mit grandios inszenierten Überraschungen glänzt und einer sehr befriedigenden Schlusspointe endet. Gerade letzteres ist im Adventure-Genre eine echte Seltenheit und sollte eigentlich als Vorzeigebeispiel in Lehrbüchern vermerkt werden.

Während die Rätsel aufgrund ihrer Try-&-Error-Tendenzen eine kleine Schwachstelle darstellen, ist die Präsentation für das Jahr 1996 ungeschlagen. Durch eine damals noch unverbrauchte Technologie war es den Entwicklern möglich, nicht nur einfache Standbilder zu rendern: Ihr könnt euch an fast jeder Stelle nahtlos um 360 Grad drehen und euren Blick sogar ein Stückchen nach oben oder nach unten neigen. Der Effekt war für die damalige Zeit atemberaubend und vereinte gar Animationen.

Des Weiteren wirken die Soundeffekte ungewöhnlich auffallend, während die schöne Ambientmusik im Hintergrund arbeitet. Dazu kommt ein gesundes Maß an Abwechslung, was die unterschiedlichen Szenerien, in denen ihr die Elemente herstellt, garantieren.

Um es mal in altmodischen Zahlen auszudrücken: Meiner Meinung nach verdienten nur zwei Render-Adventures eine Wertung jenseits von 80 Punkten, nämlich Myst und Zork: Nemesis. Ersteres liegt vorrangig am Innovationsfaktor, weil das Spiel praktisch ein ganzes Genre gegründet hat und wirklich etwas vollkommen Neues war. Letzteres hingegen ist der einzige Vertreter, der ernsthaft etwas mit dem Konzept geschaffen hat und fast durch die Bank weg ausgereift wirkt. Zork: Nemesis ist deshalb auch das einzige Render-Adventure, das an der legendären 90er Marke kratzt.

 

 

Zork_Nemesis