Game #115: Tempest 2000

115-Tempest_2000Hersteller: Llamasoft
Programming: Jeff Minter
Music: Ian Howe, Alastair Lindsay & Kevin Saville
System: Atari Jaguar
Jahr: 1994

Der Atari Jaguar ist eines der traurigsten Kapitel der Hardwaregeschichte. Was den ehemals so großen Konsolenhersteller zu alter Stärke verhelfen sollte, landete eine der brutalsten Bruchlandungen der Szene. Aufgrund der schwierig zu programmierenden Systemstruktur erschienen kaum Spiele und das klobige Joypad mit seinem unsinnigen Tastenfeld erinnerte an gescheiterte Experimente aus den frühen 1980er Jahren.

Unter all dem Müll gab es nur ein einziges Spiel, für das sich die Anschaffung eines Atari Jaguars ernsthaft lohnte: Tempest 2000. Die Fortsetzung des alten Arcade-Klassikers entstand unter der Leitung von Programmierlegende Jeff Minter, der aus dem schlichten Ballerprinzip eine furiose Techno-Orgie machte.

Eine Story gibt es freilich keine und selbst der erste Blick auf den Einstiegslevel hinterlässt spontan einige Fragezeichen. Ihr steuert eine klauenförmige Einheit, die am Rand eines dreidimensionalen Gitternetzes hängt. Ihr könnt euch seitwärts von einer Bahn zur nächsten bewegen und von außen nach innen in die Tiefe ballern. Von dort kriechen alsbald abstrakte Gegner herbei, die euch entweder bei Berührung entführen oder mit ihren Waffen abschießen.

Das Original-Tempest gehörte anno 1980 zu den beeindruckendsten 3D-Frühwerken, die verflixt schwer zu meistern waren. Denn dort war praktisch Schluss mit lustig, sobald eine der feindlichen Einheit das Ende der Bahn erreicht und seitwärts zu euch kroch. Tempest 2000 umgeht dieses Dilemma geschickt mit einem Extra, das ihr euch mit wenigen Abschüssen verdienen könnt: der Jump-Mechanik. Damit hüpft ihr nach oben und könnt in der Luft die am Rand verbleibende Gegnerschaft ins Visier nehmen – hoffentlich schnell genug, bevor eure Landung erfolgt.

Des Weiteren ist Tempest 2000 mit seinen 100 Gitternetzen und stetig neu hinzu kommenden Gegnerarten viel umfangreicher als das alte Tempest, ohne unnötig kompliziert zu sein. Es fühlt sich immer noch wie ein unkomplizierter Arcadespaß an, der aber durch die moderne Technik ein fescheren Gesamteindruck hinterlässt.

Die Grafik gibt auf den ersten Blick nicht viel her, jedoch sind die purpurnen Fabren und die hohe Geschwindigkeit essentiell wichtig für die abstrakte Atmosphäre, die das Spiel ausstrahlt. Das Highlight schlichtweg ist natürlich der phänomenale Soundtrack, der nicht nur von mir als der beste Rave-Score der Videospielgeschichte bezeichnet wird. Er ist ein Musterbeispiel dafür, wie man harte, immer wieder kehrende und Trance-artige Töne mit durchdachten Kompositionen vereint.

 

 

Tempest_2000