Game #10: Castlevania – Symphony of the Night

010-Dracula_X_Nocturne_to_the_MoonlightHersteller: Konami
Director: Toru Hagihara
Assistant Director: Koji Igarashi
Composer: Michiru Yamane
Additional Composer: Tony Haynes, Jeff Lorber & Rika Muranaka
System: PlayStation
Jahr: 1997

Lange Zeit war Konami für mich der Inbegriff zweier Serien: Contra (bzw. Probotector) und Castlevania. Bis Ende der Super-Nintendo-Ära waren meine Prioritäten klar abgesteckt und eindeutig auf die kernige Alienballerei ausgelegt. Der Peitschenschwinger kam mir dafür immer etwas dröge und in Punkto Leveldesign zu altbacken vor.

Entsprechend bin ich nicht gleich ausgeflippt, als Symphony of the Night in einer meiner damaligen Stammzeitschriften (die gute, alte Video Games) solide 82 Prozent einfuhr. Gemeckert wurde vor allem über die Grafik: Die sei aufgrund ihrer 2D-Darstellung überholt und erinnere zu sehr an die Vorgänger für PC-Engine sowie Super Nintendo – zwei veraltete Hardwarplattformen.

Kurz darauf flatterte der Testbericht der Man!ac ein und der sorgte mit satten 90 Punkten für ein dickes Ausrufezeichen – so viel hatte jedenfalls kein anderes Castlevania-Abenteuer von den damals amtierenden Redakteuren erhalten. Also griff ich dann doch zum Importhändler und besorgte mir die Japan-Version. Die Ungeduld sollte sich auszahlen: Nocturne to the Moonlight, hierzulande besser bekannt als Symphony of the Night, stellte die gesamte Serie auf den Kopf und etablierte ein neues Genre, das heutzutage als Metroidvania bekannt ist.

Anstatt durch einen Level nach dem anderen zu spazieren, steht euch ein komplettes Schloss zur Verfügung. Dieses ist in verschiedene Bereiche eingeteilt, die abseits eines überbrückenden Ladebildschirmes nahtlos miteinander verknüpft sind. Während ihr anfangs noch recht linear von Raum zu Raum marschiert, verzweigt das Spieldesign zunehmend mit jedem Extra, das ihr ergattert. So könnt ihr höher gelegene Plattformen erst erreichen, wenn ihr euch in eine Fledermaus verwandelt könnt, oder nur in Nebelform durch gitterartige Türen huschen.

Im Prinzip hat Konami einfach das Konzept von Nintendos Super Metroid übernommen – und doch etwas völlig Neues daraus gemacht. Denn im Gegensatz zur Science-Fiction-Saga kommen einige Rollenspielelemente hinzu, weshalb ihr Erfahrungspunkte sammelt, euch mit Waffen ausrüstet und Heiltränke schlürft.

Auch die Story ist kurz, aber knackig und begeistert vor allem mit dem stimmigen Anfang: Dort spielt ihr eine vereinfachte Version des letzten Endgegnerkampfes aus Rondo of Blood nach. Direkt danach erklärt der Erzähler, dass Draculas Bezwinger Richter Belmont mitsamt dem Schloss spurlos verschwunden sei – und plötzlich, einige Jahre später, wie aus dem nichts wieder auftaucht. Danach übernehmt ihr die Rolle von Alucard, dem Sohn des Fürsten der Finsternis, der sich auf die Suche nach Richter und einer Erklärung für die mysteriösen Ereignisse macht.

Der Vorwurf seitens der Video Games, was die Grafik anbelangt, macht mich bis heute wütend. Ja, sicherlich: Es gibt so gut wie keine 3D-Elemente – aber dafür ist die pixelige Hintergrundoptik verboten schön und sagenhaft detailliert gezeichnet. Zudem ist das Argument, auf einer CD passe mehr Grafik als auf ein Modul, totaler Nonsens, weil nämlich die Spielwelt ungleich komplexer und vielschichtiger im Vergleich zu den wie an einer Schnur aneinandergereihten Levels der Vorgänger ist. Ganz davon abgesehen steckt die technische Brillanz so oder so in der herausragenden Musik, die Michiru Yamane von einem Moment auf den anderen zur Königin der Castlevania-Serie machte.

„Nun gut – das Konzept ist toll, das Leveldesign ein Brett, die Grafik schick und die Musik genial. Das hört sich jetzt trotzdem für einen zehnten Platz der absoluten Lieblingsspiele etwas nüchtern an.“ – Ja, das ist richtig. Es kommt auch noch was – etwas wichtiges. Etwas einschneidendes. Etwas gewaltiges.

Wie zu Beginn erklärt spielte ich die japanische Version. Die Sprachbarriere hält sich in Grenzen, weil die Geschichte sehr kurz und in Form von gut dargestellten Animationen erzählt wird. Auch die einzelnen Funktionen in den Menüs sind schnell durch Ausprobieren erklärt und beim Ausrüsten neuer Waffen oder Rüstungen reicht ein Vergleich der Zahlenwerte.

Nun habe ich Symphony of the Night nach kurzer, jedoch sehr intensiver Zockerei durchgespielt – an einem Tag investierte ich gut 15 Stunden (!), was bis heute mein persönlicher Rekord ist. Zufrieden und glücklich legte ich das Spiel beiseite und stieß einige Wochen später auf ein englischsprachiges Magazin, das in der hiesigen Bahnhofsbuchhandlung auslag. Darin steckte ein umfassender Guide mitsamt Karte und sämtlichen Geheimnissen , weshalb ich mir die Zeitschrift besorgte.

Und dann traf mich der Schlag: In dem Guide stand, dass es ein zweites Schloss gebe! Genau genommen wird das erste buchstäblich auf den Kopf gestellt und mit komplett neuen Gegnern bevölkert. Man benötigt beim vermeintlichen Endkampf nur einen bestimmten Gegenstand, um es zu erreichen – und schon wird die Gesamtspieldauer verdoppelt!

Das war der Moment, wo es um mich geschehen war. Und wo in meiner Gunst die Castlevania-Serie auf immer und ewig Contra überholte.

 

 

Dracula_X_Nocturne_to_the_Moonlight