Aus, aus und vorbei: Birdman wird bei den Oscars ganz groß abräumen. Nachdem der Film bereits den Producer Guild Award und das Ensemble beim Screen Actor Guild Award gewann, hat nun Alejandro Gonzalez Inarritu auch den Director Guild Award eingeheimst. Das sind allesamt drei sehr wichtige Preise, die genau wie die Oscars selbst innerhalb der Industrie vergeben werden. Und bezüglich “Best Picture“ gab es in der Vergangenheit nur einen einzigen Fall (!), wo diese Kombination nicht zum Erfolg führte: Ron Howards Apollo 13.

Das seltsame an der ganzen Situation ist, dass bis vor zwei Wochen alle Welt auf Boyhood getippt hat – eben weil dieser Film einen Kritiker-Preis nach dem anderen sammelte und laut Insiderkreisen auch innerhalb der Academy sehr beliebt sei. Gerade letzteres ist ein entscheidender Unterschied bezüglich der King’s Speech vs. Social Network Situation, die vor vier Jahren die Bloggerszene in Rage brachte: Damals dominierte David Finchers Facebook-Drama ähnlich stark wie Richard Linklaters jüngstes Meisterwerk, nur um dann von einem “typischen“ Oscar-Film á la King’s Speech in letzter Minute überholt zu werden. Doch gab es dort von Anfang an lautstarke Gerüchte, dass viele Academy-Mitglieder nichts mit Social Network anfangen könnten – weshalb der Ausgang letztlich nicht so überraschte, wie das jetzige Birdman vs. Boyhood Szenario.

Sollte es Birdman in der Tat schaffen, dann wäre es der erste Film seit 1980, der nicht für den besten Filmschnitt nominiert ist. Und es wäre die erste Komödie seit 1977, die bei den Golden Globes nicht in der betreffenden Best Comedy/Musical Kategorie gewann – eine bisweilen sogar einmalige Situation, die sich im Falle von Woody Allens Der Stadtneurotiker ereignete. Aber wie ich so schön sage: Solche Statistiken sind letztlich nichtssagend. Natürlich könnte man das gleiche über den Best Picture Erfolg der DGA+PGA+SAG-Gewinner sagen – aber dort geht es eben mehr als nur um irgendwelche Zahlen aus der Vergangenheit, sondern um die aktuell doch recht deutlich hervorstechende Tatsache, dass Birdman in der Industrie viel besser angekommen ist, wie das 99% aller Oscar-Blogger wahr haben wollten. Und die gleiche Industrie wählt eben auch bei den Oscars…

Persönlich könnte ich sowohl mit Boyhood als auch mit Birdman prima leben, die zusammen mit Wes Andersons The Grand Budapest Hotel in meinen Augen die klar besten Filme des Jahres 2014 waren. Was mir jedoch nicht gefällt: Derzeit schaut es ganz danach aus, dass Richard Linklater nicht einen einzigen Oscar bekommt. Best Picture wäre nun fast ein Wunder – Best Director ist ebenfalls sehr unwahrscheinlich geworden, allein wegen Inarritus DGA-Gewinn – und Best Screenplay hätte er in der Tat nicht verdient, nicht gegen Birdman, nicht gegen Grand Budapest Hotel. Linklaters Leistung bezieht sich zu 90% auf seine Regiearbeit – und die wurde eben nun NICHT beim DGA gewürdigt, was ein sehr böses Omen für den Texaner ist.

Ergo sehe ich nur ein Szenario, dass Linklater doch noch was abkriegt: Das nun die Academy-Mitglieder aufgrund der Gildenpreise merken „Hoppla… das wäre doch etwas zu viel Liebe für Birdman und zu wenig für Boyhood“ und entsprechend ihre Kreuzchen verteilter setzen. Aber das ist Wunschdenken – kein Mitglied der Academy guckt bewusst auf die Gildenpreise und wählt dementsprechend. Man tauscht sich vielleicht untereinander aus und wählt entsprechend gleich – aber das war’s auch schon. Und das dürfte für Richard Linklater nicht ausreichen.

Beste Regie (Kinofilm)

Alejandro Gonzalez Inarritu (Birdman) Winner
Clint Eastwood (American Sniper)
Morten Tyldum (The Imitation Game)
Richard Linklater (Boyhood)
Wes Anderson (The Grand Budapest Hotel)

Beste Regie (Dokumentarfilm)

Dan Krauss (The Kill Team)
John Maloof & Charlie Siskel (Finding Vivian Maier)
Jesse Moss (The Overnighters)
Laura Poitras (Citizenfour) Winner
Orlando von Einsiedel (Virunga)

Beste Regie (Drama Series)

Dan Attias (Homeland: “13 Hours in Islamabad)
Jodie Foster (House of Cards: “Chapter 22“)
Cary Joji Fukunaga (True Detective: “Who Goes There“)
Lesli Linka Glatter (Homeland: “From A to B and Back Again“) Winner
Alex Graves (Game of Thrones: “The Children“)

Beste Regie (Comedy Series)

Louis C.K. (Louie: “Elevator: Part 6“)
Jodie Foster (Orange is the New Black: “Thirsty Bird“)
Mike Judge (Silicon Valley: “Minimum Viable Product“)
Gail Mancuso (Modern Family: “Vegas“)
Jill Soloway (Transparent: “Best New Girl“) Winner

Beste Regie (TV-Movie oder Mini-Series)

Rob Ashford & Glenn Weiss (Peter Pan Live!)
Lisa Cholodenko (Olive Kitteridge) Winner
Uli Edel (Houdini)
Ryan Murphy (The Normal Heart)
Michael Wilson (The Trip to Bountiful)

Beste Regie (Variety/Talk/News/Sports Programs)

Paul G. Casey (Real Time With Bill Maher: “#1226“)
Dave Diomedi (The Tonight Show Starring Jimmy Fallon: “Episode #1“) Winner
Jim Hoskinson (The Colbert Report: “#11040“)
Don Roy King (Saturday Night Live: “Host Jim Carrey/Musical Guest Iggy Azalea“)
Chuck O’Neil (The Daily Show with Jon Stewart: “Open-Carryring to the Midterms“)

Beste Regie (Variety/Talk/News/Sports Special)

Hamish Hamilton (The 86th Annual Academy Awards)
Louis J. Horvitz (The 37th Annual Kennedy Center Honors
Des McAnuff (Billy Crystal: 700 Sundays)
Rich Russo (Super Bowl XLVIII)
Glenn Weiss (The 68th Annual Tony Awards) Winner

Beste Regie (Reality Programs)

Bertram van Munster, Jack Cannon & Elise Doganiere (The Quest: “One True Hero“)
Neil P. DeGroot (The Biggest Loser: “Episode 1613“)
Steve Hryniewicz (Top Chef: “The First Thanksgiving“)
Anthony B. Sacco (The Chair: “The Test“) Winner
Adam Vetri (Steve Austin’s Broken Skull Challenge: “Welcome to the Gun Show“)

Beste Regie (Childrens Programs)

Paul Hoen (How to Build a Better Boy)
Jonathan Judge (100 Things To Do Before High School: “Pilot“) Winner
Vince Marcello (American Girl: Isabelle Dances Into The Spotlight)
Joey Mazzarino (Sesame Street: “4504 Numericon)
Amy Schatz (Saving My Tomorrow: “Part 1 and 2“)

Beste Regie (Werbung)

Nicolai Fuglsig (Sapeurs, Guinness / Waiting, FEMA) Winner
Lauren Greenfield (Always #LikeAGirl, Always)
Brendan Malloy & Emmett Malloy (The Huddle, Nike)
Daniel Mercadante & Katina Mercadante (Sports Matter, Dick’s Sporting Goods / We Are Not Alone, Facebook / Big Sister, Facebook)
Noam Murro (Ahead of Their Time, Dodge / Empty Chair, Guinness)