La La Land

Eigentlich vermeide ich Angaben bezüglich meines Lieblingsgenres. Meine schnöde Ausrede bezüglich solcher Fragen lautet: Ich mag Filme, die gut sind. Doch natürlich gibt es diverse Tendenzen: Mich faszinieren intelligente Science-Fiction-Geschichten, die nicht zu abgehoben sind, zu meinen größten „Guilty Pleasures“ gehören Katastrophenfilme und darüber hinaus ist mir eine originelle Regiearbeit lieber als ein perfekt geschniegeltes Drehbuch.

Und dann sind da die Love-Storys: Das Genre, das in meinen Augen am schwierigsten umzusetzen ist und mich am meisten umhaut, wenn es funktioniert.

La La Land erzählt eine im Grunde sehr einfache Geschichte zwischen einem Mann und einer Frau, die sich ineinander verlieben und gemeinsam beim Erreichen ihrer ambitionierten Träume unterstützen. Während Sebastian (Ryan Gosling) einen eigenen Club besitzen und als leidenschaftlicher Pianist den klassischen Jazz vom Aussterben bewahren möchte, träumt Mia (Emma Stone) von einer Schauspielerkarriere. Beide müssen die üblichen Rückschläge in Kauf nehmen, die einem bei solch ehrgeizigen Motiven zwangsläufig über den Weg laufen und in letzter Instanz auch die Beziehung der beiden auf die Probe stellen.

Im Prinzip gibt es nicht mehr über die Rahmenhandlung zu sagen, was sich für den einen oder anderen sehr dünn anhört. Doch um diesen schlichten Kern herum hat Regisseur Damien Chazelle, der vor zwei Jahren mit Whiplash eines der besten Debütwerke überhaupt ablieferte, eine unvergleichliche Fassade gebaut. Seine Liebe zur Musik kommt diesmal in Form von Musicalnummern zum Einsatz, die entweder sehr ruhig und wunderschön einfühlsam oder enorm lebendig und schlichtweg atemberaubend daherkommen. Allein die Anfangsszene, in der Chazelle innerhalb von Sekunden einen Stau auf dem Highway zu einer sensationell gut choreographierten Party aufbaut, ist auf dem gleichen Niveau der ganz, ganz großen Musicalhighlights aus den 1950er Jahren, wie Singin in the Rain oder Seven Brides for Seven Brothers.

Überhaupt ist es dieser stetig fließende Tempowechsel, den Chazelle perfekt im Griff hat, und der seinem Film eine herzerfrischende Dynamik verleiht. Gleichwohl die Musicalnummern Genre-typisch etwas Fantastisches haben, wirken sie im Gegensatz zu ihren Genrekollegen natürlich und zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt. Aus diesem Grunde kommen sie auch nur dann zum Einsatz, wenn sie der Geschichte dienen. In der zweiten Hälfte des Filmes verzichtet Chazelle gar weitgehend darauf, weil es nicht zum Ton der Ereignisse passen würde.

Neben der spektakulären, ja, ich möchte gar sagen revolutionären Inszenierung gelingt La La Land auch praktisch jeder andere Aspekt. So dünn die Geschichte in einer Zusammenfassung erscheint, so interessant sind die Dialoge trotz ihrer einfachen Botschaft geschrieben. Ryan Gosling und Emma Stone harmonieren so gut wie kein anderes Filmliebespaar zusammen, das ich in diesem Jahrzehnt auf der Kinoleinwand gesehen habe. Während Gosling der minimal bessere Sänger der beiden ist, zieht Stone alle Register in Punkto Mimik. Es gibt zahlreiche Momente, in denen sie ihren Blick mal subtil, mal offensichtlich verändert und in jedem Fall eine eindringliche Wirkung erzielt. Manchmal bekommt ihr sie als Zuschauer nur für den Bruchteil einer Sekunde zu Gesicht, was den Effekt umso verstärkt.

Die Chemie der beiden geht jedenfalls weit über die eines blind verliebten Pärchens hinaus und ist trotz der filmischen Freiheiten, die eine Love-Story zusammengepresst in zweieinhalb Stunden nun einmal mit sich bringt, bemerkenswert authentisch. La La Land wirkt deshalb dank des großartigen Schauspiels wie ein realistisches, lebensnahes Märchen.

Und damit bin ich immer noch nicht bei Linus Sandgrens bravouröser Kameraarbeit, Tom Cross meisterhafter Schnitttechnik oder Justin Hurwitz unvergesslicher Musik angelangt. Überhaupt: Wann habt ihr zuletzt einen Film mit durchweg neuen Musicalnummern gesehen? Abseits des fantastischen sowie erstaunlich komplexen instrumentalen Scores ist es vor allem der magische Song City Of Stars, den ihr bereits nach fünf Sekunden fehlerfrei mitpfeift.

La La Land ist einer dieser ganz seltenen Filme, die sowohl originell als auch in meinen demütigen Augen praktisch perfekt sind. Mir fällt jedenfalls keine Szene ein, die mir irgendwie missfallen oder bei der ich mich gelangweilt hätte. Das Ende ist gar hochgradig aufwühlend, ebenfalls ein Spektakel für sich und zeigt, das Chazelle nicht nur ein extrem begabter Regisseur sondern auch ein genialer Drehbuchautor ist. Ich meine: Der Junge wird nächstes Januar gerade mal 32 Jahre alt… was soll hiernach noch kommen, womit er sich selbst übertreffen könnte?

Der offizielle Kinostart in Deutschland ist der 12. Januar. 2017.