Game #12: Ultima VIII – Pagan

012-Ultima_8_PaganHersteller: Origin
Director: Mike McShaffrey
Composer: Nenad Vugrinec
System: PC
Jahr: 1994

Großer Gott! Ach du meine Güte!! Schockschwere Not!!! Himmel hilf!!!! Ultima VIII – Pagan – auserkoren von tausenden von Games – auf Platz 12 – seiner absoluten Lieblingsspiele. Was ist da passiert?

Meine im Vergleich zur restlichen Welt große Zuneigung bezüglich Ultima IX – Ascension hat es bereits angedeutet: Ich bin der freakigste und eigensinnigste Ultima-Fan aller Zeiten. Darüber gibt es glaube ich nichts zu diskutieren.

Als Kind wuchs ich mit dem dritten und dem vierten Teil auf, die ich trotz mäßiger Englischkenntnisse regelrecht verschlang. Ultima V – Warriors of Destiny war im Gegensatz dazu eine Enttäuschung, weil es mir viel zu komplex und unübersichtlich erschien – bis ich es Jahre später ausgiebig spielen und wirklich schätzen lernen konnte.

Ich wünschte, ich könnte das gleiche über Ultima VI – The False Prophet, Ultima VII – The Black Gate sowie Ultima VII – Serpent Isle sagen. Bevor ein Unwissender überlegt und angestrengt nachfragt: Nein, das ist kein Tippfehler meinerseits. Den siebten Teil gab es in der Tat „zweimal“…

So oder so war ich mit dem Trio kreuzunglücklich. Ich sah den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das gesamte System überforderte mich maßlos, weshalb ich die Spiele trotz ihrer unbestreitbaren Qualitäten frustriert beiseite legte. Eventuell werde ich es irgendwann noch einmal probieren. Aber selbst wenn ich dann doch noch die Faszination hinter den komplexesten Ultima-Titeln am eigenen Leib erfahre: Es wird nichts an meiner Verehrung bezüglich Pagan ändern. Denn der astronomisch hoch umstrittene achte Teil war genau das, was ICH gebraucht habe.

Zuerst einmal ist die Welt eine völlig andere: Der Avatar, Held der gesamten Seriengeschichte, wird vom fiesen Guardian aus dem gewohnten Britannia entrissen und nach Pagan verbannt. In dessen Mitte klafft ein riesiger Vulkan, der fast die gesamte Landmasse verwüstet. Am Rand wohnen die meisten der noch lebenden Bewohner in Tenebrae, wo sie einem strengen Regime unterliegen. Des Weiteren wird die Welt von vier Titanen beherrscht, die jeweils eines der Elemente Luft, Wasser, Erde und Feuer repräsentieren. Wer stirbt, der muss auf ewig einem von ihnen dienen – wundert euch also nicht, wenn ihr ständig irgendwelchen Zombiekreaturen begegnet.

Pagan ist eine Welt mit einer einmaligen Atmosphäre. Entwickler Origin entschied sich für eine isometrische Perspektive, die eigentlich seit einigen Jahren als überholt galt. Doch gleichwohl sie hie und da für Übersichtsprobleme sorgt, ist die graphische Ausarbeitung derart genial, weshalb das Spiel bis heute ein Unikat ist. Wirklich: Ich kenne nichts, das irgendwie ähnlich ausschaut. Speziell die Farbgebung ist brillant, weil sie gleichzeitig sehr bunt daherkommt und trotzdem perfekt zur deprimierenden Kulisse passt. Ebenfalls genial sind der schön-schaurige Soundtrack von Nenad Vugrinec, der ohne jeden Zweifel der beste der gesamten Seriengeschichte ist, und die hervorragenden Toneffekte.

Damit hätten die meisten Ultima-Fans sicherlich problemlos leben können. Doch der eigentliche Streit bezieht sich auf den Rückgang der Komplexität, dem neuen Kampfsystem und den Jump’n’Run-Passagen. Pagen ist im Vergleich zu Britannia kleiner, straffer und linearer. Gekämpft wird per hektischer Klickerei, zudem ihr abseits des Avatars keinen weiteren Charakter oder gar eine gesamte Party steuert. Und gleich im ersten Dungeon, der euch bevorsteht, müsst ihr einen unterirdischen See überqueren und von einem kleinen Stein zum nächsten hüpfen. Allein diese Szene ist in der Urversion von Pagan monströs schwer, weil ihr nur in einer fest vorgegebenen Distanz springen dürftt. Wer daneben zielt, der ertrinkt sogleich – und wird im Gegensatz zu den Vorgängern auch nicht wiederbelebt.

Wie ich mich da durchgebissen habe? Nun, zum einen darf man gottlob jederzeit speichern – ansonsten hätte mir das auch nicht angetan. Zum anderen stimmt einfach alles andere – und für jemanden wie mich, der sowieso lieber Action- als Rollenspiele zockt, spielt der Geschicklichkeitspart gar in die Karten.

Nun hat Origin nach viel Gejammer einen Patch veröffentlicht, der das Spiel massiv entschärft. So springt ihr dort einfach stets zu jener Stelle, die ihr mit der Maus anvisiert – was in der Tat sehr praktisch ist und super funktioniert. Doch leider hat man es in meinen Augen übertrieben: Warum wurden die beweglichen Plattformen komplett verworfen? Und vor allem: Wieso hat Origin die Prüfung, die ihr in Silberfels bestehen müsst, derart vereinfacht? Ursprünglich müsst ihr hierfür ein paar Bücher studieren und aufgrund dessen die Lösungen zusammenreimen, was mit etwas Grübeln auch gar nicht schwer ist. Doch der Patch erweitert einfach sämtliche Buchseiten mit den passenden Antworten.

Insofern bin ich fast schon gewillt zu sagen, dass mir die ungepatchte Version besser gefallen hat. Sie ist für meiner einer der perfekte Mix aus Ultima (was die Qualität der Story anbelangt), Übersichtlichkeit (die weniger komplexe Spielwelt), Actionanteil (Kampf- und Jump’n’Run-System) und etwas völlig Neuem (die Atmosphäre), eingebettet in der damals üblichen Präsentationsgewalt aus dem Hause Origin.

Und genau deshalb halte ich an Ultima VIII – Pagan fest, auch wenn das so gut wie niemand anderes tut. Ich kann jedenfalls den Groll der Fans verstehen, die sich eine weitere Fortsetzung in Punkto Komplexität und Umfang gewünscht hatten: Die neue Ausrichtung der Serie entstand schließlich aus dem Glauben heraus, eine größere Zielgruppe zu erschließen. Das hat sogar funktioniert, wenn man sich die gestiegenen Verkaufszahlen anschaut.

Doch es wäre letztlich ehrlicher gewesen, wenn Pagan ein eigenständiges Spiel gewesen wäre, dass den Ultima-Namen nicht benutzt. Ich bin mir sicher, dass das Spiel damals wie heute bedeutend mehr Ruhm und Liebe erfahren hätte.

 

 

Ultima_8_Pagan