OST #14: The Last Ninja

014-The_Last_NinjaComposers: Ben Daglish & Anthony Lees
System: C64
Year: 1987

Ben Daglish ist für mich ein echtes Phänomen. Mir fiel sein Stil und seine Musik bereits als Kind auf, jedoch meist auf eine unangenehme Weise. Seine „Instrumente“ klangen oft zu quäkig, während die Technik weit hinter den Größen Hubbard, Galway oder Hülsbeck hinterher hinkte. Das einzige, was er wirklich gut konnte, war das Komponieren einer eingängigen, meist unbeschwerten Ohrwurmmelodie (z.B. Bombo, Cobra oder Ark Pandora).

Bis heute geht es nicht in meinem Kopf, wie Daglish und The Last Ninja zusammenpassen. Hätte ich von der Materie keine Ahnung und würde nur das Spiel kennen, ich würde die Musik nie im Leben mit dem gebürtigen Engländer assoziieren. Sein einzig anderer Soundtrack, der im entferntesten ähnlich klingt, ist der zu Gremlins Avengers – und auch der kommt niemals an die Qualität von The Last Ninja heran.

Hört euch allein die ersten Takte von Palace Gardens an: Das ist wie von einer anderen Welt. Im wahrsten Sinne des Wortes: Das Leadinstrument strahlt ein unheimlich authentisches Asia-Feeling aus. Vorher wie nachher habe ich nie wieder so einen Ton aus dem SID-Chip gehört oder eine vergleichbare Atmosphäre auf dem C64 verspürt.

Von ähnlicher Brillanz sind Wastelands, Wilderness oder Inner Sanctum, die bedeutend energiereicher gestaltet sind und die kompositorischen Highlights reihenweise aufstellen. Auch hier übertrifft sich Daglish mit einer jeweils sensationellen Instrumentation, die er (warum auch immer) NIEMALS wiederholen konnte! Denn das ist es, was mich am meisten fertig macht: Ben Daglish hat Dutzende von Soundtracks für den C64 komponiert und programmiert, aber niemals seinen eigenen Erfolg von The Last Ninja „kopiert“. Wer sich seine späteren Werke anhört, der möchte gar mutmaßen, dass er es nicht mal probiert hat.

Nun steht da noch ein zweiter Name in den Credits: Anthony Lees war der ursprüngliche Komponist, der jedoch auf halbem Wege gefeuert und von Daglish ersetzt wurde. Seine vor dem Rausschmiss fertiggestellten Werke sind primär während der Ladepausen zwischen den Levels zu hören und fast durch die Bank weg zwei bis drei Klassen schlechter. Es gibt nur eine Ausnahme: das phänomenale Dungeons-Thema. Dort definiert Lees eine ambiente Begleitmusik, die als Vorreiter für alle kommenden Horrorsoundtracks gelten dürfte. Kein Wunder, dass genau dieses Stück das einzige Seitens Lees ist, das ihr während des Spielens zu hören bekommt.

Das einzige, was rein auf dem Papier gegen die hohe Platzierung von The Last Ninja spricht: Das Spiel verzichtet komplett auf Soundeffekte, weshalb sich der SID-Chip voll auf die Musik konzentrieren darf. Aber weil Daglish und Lees diesen Umstand konsequent ausgenutzt haben, ist es auch kein Wunder, dass der Soundtrack derart beliebt ist.

Wie gesagt: The Last Ninja ist ein Unikat durch und durch. Ausgerechnet Ben Daglish, der stets im Schatten von Hubbard und Galway stand, katapultierte sich mit diesem Ausnahmewerk an all deren Highlights vorbei – nicht zuletzt auch dank des für die damaligen Zeiten abartigen Umfangs von sechs Musikstücken, die jeweils vier Minuten andauern. Dazu kommen dann noch die fünf Überbleibsel von Lees, die ebenfalls in Sachen Länge klotzen anstatt kleckern.

Das Ergebnis ist unterm Strich der meiner Meinung nach zweitbeste Soundtrack, der je für den C64 konzipiert wurde. Und wer das Jahr über brav aufgepasst hat, der dürfte sich schon denken, wie die Nummer 1 lautet…

 

 

 

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