OST #50: Ghouls ‘n Ghosts [Amiga]

050-Ghouls_n_GhostsComposers: Tim Follin / Tamayo Kawamoto
System: Amiga / Arcade
Year: 1989 / 1988

Dies hier dürfte der letzte Soundtrack sein, bei dem sich der eine oder andere Videospielmusikliebhaber wundert, warum ich ihn so hoch platziere – und das sogar bewusst (!) über David Whittakers Shadow of the Beast. Ich möchte den Spieß gleich umdrehen und ernsthaft fragen, wieso dieses in mehrfacher Hinsicht außergewöhnliches Werk nicht den gleichen universellen Kultstatus genießt.

Zur Vorgeschichte: Ghouls ‘n Ghostsist genau wie sein Vorgänger Ghosts ‘n Goblins ein Kind der Spielhalle. Die Musik des Originals stammt von Tamayo Kawamoto, die eine gute, wenn auch wenig aufregende Arbeit abgeliefert hat. Tim Follin bekam den Zuschlag, Adaptionen für Amiga, Atari ST und C64 zu schreiben. Dabei hat er am Ende nicht mal halb so viele Stücke abgeliefert wie Kawamoto (z.B. weil er auf Bossmusiken verzichtet) und sich nur in zwei Fällen an den Originalkompositionen der Japanerin orientiert.

Um die Sache noch komplizierter zu gestalten, hat Follin ein paar Musiken exklusiv für den Amiga geschrieben, während andere ausschließlich auf dem C64 sowie Atari ST vorkommen. Ich fange zunächst mit den letztgenannten Versionen an, die bereits zum Besten gehören, was der Brite je gemacht hat.

Die Arrangements sind im Vergleich zu Kawamotos Originalen in Punkto Instrumentation um Welten besser und klingen viel atmosphärischer, ohne dass der Reiz der Ohrwummelodie verloren geht. Die eigenen Kompositionen sind ähnlich stark, auch wenn sie für meinen Geschmack ein Stückchen zu verspielt für die Thematik geraten sind – schließlich kämpft ihr Ghouls ‘n Ghosts gegen Untote und Dämonen Umso besser funktioniert der Stil beim Eintrag in die Hi-Score-Liste, dessen Musik frohe Laune verbreitet und einen würdigen Abschluss für ein beinhartes Action-Jump’n’Run darstellt.

Jetzt kommen wir zur Amiga-Version, die in meinen Ohren das absolute Highlight von Tim Follins Karriere als Spielemusiker darstellt. Erstens ist die Instrumentation eine Klasse für sich und rein technisch betrachtet eines der stärksten Werke der Amiga-Geschichte. Zweitens hat Follin zwei exklusive Musikstücke beigefügt, die mit dem Rest des Ghouls ‘n Ghosts-Score den Boden aufwischen.

Bereits die Titelmelodie ist eine fantastische Rock-Ballade, die schmissig komponiert und technisch unheimlich nahe an „reale“ Instrumente, egal ob Gitarre, Schlagzeug oder Flöte, heranreicht. Gleichzeitig flechtet Follin seinen typischen Synthi-Sound mit ein, der jedem seiner Scores seinen Stempel aufdrückt.

All das ist nichts gegenüber der ersten Levelmusik, die mich immer wieder sprachlos macht. Hier bricht Follin völlig mit dem Stil des restlichen Soundtracks und vertraut vollends auf einem langsamen wie düsteren Aufbau, der dem Spiel eine einmalige Horrorkomponente beschehrt. Zunächst hört ihr nur ein paar dumpfe Trommeln. Dann beginnt ganz zaghaft eine Art Orgelklang, der den Beginn von etwas wirklich Großem andeutet. Spätestens, wenn Follin auf furiose Weise mit dem Klavier klimpert, entwickelt sich das zweiminütige Stück zu einer epischen Suite, die in dieser Form auf dem Commodore Amiga absolut einmalig ist.

Wie gesagt: Mir ist es ein Rätsel, wieso allein dieses spektakuläre Musikstück nicht den gleichen Ruhm solch Klassiker wie Turrican oder Shadow of the Beast erfahren hat. Es ist technisch wie kompositorisch ein Brett und schreit geradezu nach einer orchestralen Überarbeitung.

 

 

Ghouls'n'Ghosts_[Arcade]