Game #91: LIMBO

091-LimboHersteller: Playdead
Created and Directed by: Arnt Jensen
Director of Development: Dino Christian Patti
Composer: Martin Stig Andersen
System: Xbox 360
Jahr: 2010

Zu den wenigen Arbeiten, die ich bislang verfasst habe und mit denen ich rundherum zufrieden bin, gehört ein Artikel über Emotionen in Videospielen. Darin stelle ich mehrere, positive Beispiele vor, die mindestens eine von angeblich acht Grundemotionen ansprechen. Während es kein Problem war, mehrere Kandidaten für Wut, Trauer oder Freude zu finden, bildete sich beim Wörtchen „Ekel“ eine große, leere Gedankenblase in meinem Kopf. Denn welches Spiel schafft es schon, den Spieler auf eine Weise anzuekeln, so dass er es zu schätzen weiß?

Letztlich habe ich nur einen gefunden, der es jedoch gleich komplett richtig macht: LIMBO. Ihr steuert einen kleinen Jungen, der auf einer Wiese aufwacht und nicht so recht weiß, wie er dort hingekommen ist. Für ihn gibt es nur eine Möglichkeit: aufstehen und weiter gehen, in der Hoffnung auf irgendeine Antwort. Bevor er eine solche erhält stößt er auf angriffslustige Eingeborene und tödliche Fallen, die er nur durch geschicktes Springen und Lösen von Rätseln austricksen kann.

Dabei braucht LIMBO gar keine Anleitung: Sämtliche Spielmechanismen, sei es laufen, hüpfen, greifen oder schieben, arbeiten wie selbstverständlich. Ihr marschiert einfach los und reagiert auf alles, was da kommt – selbst wenn es sich dabei um eine widerliche Riesenspinne handelt

Die Spinne ist das perfekte Beispiel dafür, wie LIMBO funktioniert. Sie lässt sich durchaus als eine Art „Endboss“ oder „Zwischenendgegner“ bezeichnen, allein aufgrund ihrer Größe und ihrer spitzen Beine, die euch mit einem schnellen Stoß durchbohren. Doch wo vergleichbare Biester in anderen Spielen immer stärker und immer gemeiner werden, je öfters man ihnen begegnet, da verliert die Spinne zunehmend an Gefährlichkeit, weil sie nach und nach ihre Gliedmaßen verliert. Am Ende kriecht sie völlig unbeholfen mit einem verbleibenden Bein auf euch zu, woraufhin ihr es packt und herausreißt. Weil das noch nicht demütigend genug ist, müsst ihr noch den völlig wehrlosen Körper in eine Grube voller Stacheln rollen – und ja, mit „rollen“ meine ich mit „bloßen Händen“…

Das Spieldesign von LIMBO gleicht einer kleinen Sensation. Es ist einer der ganz seltenen Fälle, in denen Spielweltlogik mit Spielweltbalance harmonieren. Ständig stolpert ihr über neue Probleme, während sich eure Umgebung klammheimlich von einer Art Wald zur bedrohlichen Fabrikanlage wandelt. Dabei wirkt alles so natürlich und so organisch, weshalb Geschichte und Spiel zu einem unzertrennbaren Werk verschmelzen.

Die Sache mit der Spinne funktioniert übrigens nur deshalb, weil das Spiel in Schwarz-Weiß gehalten ist und sich dem Scherenschnitt bedient. So ist der Spinnenkörper nicht im Detail zu sehen sondern „nur“ als große, schwarze Kugel – weshalb euer Kopf entscheidet, inwieweit ihr euch den grandios inszenierten Ekel vorstellen wollt.

 

 

Limbo