Game #97: Rock ‘n Roll

097-Rock_n_RollHersteller: Rainbow Arts
Director: Martin Gaksch [Amiga]
Composer: Chris Hülsbeck [Amiga] & Ramiro Vaca [C64]
System: Amiga
Jahr: 1989

Murmelspiele sind doof. Was soll auch schon besonderes daran sein, mit einer Kugel durch seelenlose Labyrinthe zu rollen, vielleicht irgendwelche Diamanten einzusammeln und einen Ausgang nach dem anderen anzusteuern? Nun ja – Murmelspiele waren nicht immer doof. Streng genommen hab ich bereits drei im Rahmen meiner Liste vorgestellt, nämlich Marble Madness, Spindizzy und Spindizzy Worlds. Dazwischen erschien noch ein weiteres Murmelspiel aus deutschen Landen, das ich ganz klar als das beste von allen bezeichne.

Martin Gaksch ist eigentlich einer der ältesten und „berühmtesten“ Spielekritiker Deutschlands, der vornehmlich in den 1980er und den 1990er Jahren tätig war. Jedoch nahm er sich 1989 eine „Auszeit“, um bei Rainbow Arts als Regisseur für Rock ‘n Roll zu fungieren. Die Prämisse ist simpel: Ihr rollt mit einer Kugel durch Labyrinthe, sammelt Schlüssel, öffnet Türen und weicht allerlei tödlichen Hindernissen aus. Doch bereits am ausgeklügelten Leveldesign merkt man, dass hier ein echter Kenner am Zeichenbrett saß.

Die 32 Levels (plus eine Bonusstage) sind außergewöhnlich groß und bereits von Beginn an ungewöhnlich komplex konzipiert – was aufgrund des suboptimalen Einstiegs auch der einzige Makel ist. Obwohl Gaksch euch gleich mit zahlreichen Elementen wie Beschleunigungspfeile, Teleporter, Röhren oder löchrigen Böden bombardiert, wirkt das Gebotene nie überladen oder gar verheizt.

Ab und an stoßt ihr auf Gegenstände, die ihr gegen bares Geld kaufen könnt – oder besser gesagt müsst, denn meist benötigt ihr sie zwingend zum Absolvieren eines Levels. Das Interessante hierbei ist das Paradoxon, das Gaksch schafft: Eigentlich würde man bei einer Spitzhacke oder einer Bombe vermuten, sie dienen der Zerstörung. Doch in Wahrheit könnt ihr mit dem Kram Löcher verschließen und neue Wege ebnen.

Die Steuerung ist einer der strittigsten Faktoren des Spieles, denn ohne eine gut funktionierende Maus landet eure Tastatur vor Wut irgendwann im Monitor. Läuft der kleine Nager hingegen wie geschmiert, dann stehen euch alle Optionen offen. Die Feinfühligkeit und Spielbarkeit von Rock ‘n Roll ist bemerkenswert und in meinen Augen der Hauptgrund, warum das Spiel so toll ist.

O.k. – das war gelogen. Natürlich ist sie NICHT der Hauptgrund.

Quizfrage: Warum heißt das Spiel überhaupt Rock ‘n Roll? Antwort: allein der Musik wegen. Die orientiert sich weitläufig an der beliebten Musikrichtung, wobei Tracks wie „Lovely Feelings“ ein lieblichere oder „Magnetic Beats“ eine härtere Gangart einschlagen. Der Soundtrack der Amiga-Version stammt von Chris Hülsbeck, die der C64-Version von Ramiro Vaca. Angeblich kann sich niemand mehr erinnern, wer hinter den Kompositionen steckt, weshalb ich die beiden Jungs trotz klarem Amiga-Vorteil stets gemeinsam erwähne .

Wir reden hier jedenfalls von einem der besten Soundtracks aller Zeiten, an den sich kein Schwein mehr erinnern möchte. Dabei sahnte das Teil zu seiner Zeit Höchstwertungen ab und verschaffte Hülsbeck dank der Spiel-des-Jahres-Wahl der legendären Power Play eine seiner ersten Auszeichnungen überhaupt.

Aufgrund der latenten Amnesie, unter denen alte Amiga-User diesbezüglich zu leiden scheinen, kann ich nicht anders und muss die Musik bereits im Rahmen der Top 365 Games würdigen – in der Hoffnung, dass sich irgendwann mal wer an ein gescheites Arrange-Album setzt. Wir lesen uns wieder in anderthalb Monaten.

 

 

Rock'n_Roll