Game #98: Lotus Turbo Challenge 2

098-Lotus_Turbo_Challenge_2Hersteller: Magnetic Fields
Programming by: Shaun Southern
Graphics by: Andrew Morris
Level Design: Peter Liggett
Composer: Barry Leitch & Shaun Southern
System: Amiga
Jahr: 1991

Wenn ich mir moderne Rennspiele anschaue, dann frage ich mich ernsthaft: Was ist hier eigentlich schief gelaufen? Unter all dem Wahn nach Technikbombast und Grafikgedöns wurde irgendwann die Kunst des Spiel- und Streckendesigns vergessen. Wir werden einfach mit einer unübersichtlichen Open World zugemüllt, in der jede Kurve wie die andere ausschaut, mir ein Fuhrpark mit gefühlt Milliarden Fahrzeugen zur Verfügung stehen, deren spieltechnischen Unterschied ich mit der Lupe suchen darf, und mir bereits nach ein bis zwei Stunden die Motivation ausgeht, weil ich nicht weiß: Wo soll ich anfangen und wann soll ich aufhören?

Lotus Turbo Challenge 2 ist das absolute Gegenteil von der heutigen Rennspielphilosophie. Es verzichtet komplett auf Wettbewerbe, setzt einzig auf den Faktor Zeit als Gegner, bietet ein Auto, von dem ich nicht mal die Farbe einstellen darf, und heizt mich über „magere“ acht Kurse. Aber die sind dafür sensationell gut ausgearbeitet.

Allein die Unterschiede sind für die Konkurrenz beschämend: Die Tagstrecke ist noch simpel aufgebaut und lebt von den Baumstämmen, über die ihr springen könnt. Was sagt ihr da? Das sei unrealistisch? Wer will schon Realismus in einem Computer-SPIEL! Die Nachtstrecke ist aufgrund der späten Tageszeit etwas unübersichtlicher, zudem ihr durch diverse Tunnel düst. Die Nebelstrecke verkürzt eure Sicht enorm und schränkt die Breite der Fahrbahn massiv ein.

Die Schneestrecke gleicht sich rein von der Optik immer mehr der Streckbegrenzung an und bringt euch dank der Eisschollen gehörig ins Schleudern. Die Wüstenstrecke ist gespickt mit Sträuchern, Steinen und Sandbänken, die euch unterschiedlich stark abbremsen. Die Stadtstrecke besteht aus einer dicht befahrenen Straße inklusive Spuren mit Gegenverkehr. Die Sumpfstrecke besteht phasenweise am Rand nur aus Wasser und wäre ohne die auf der Straßen liegenden Zeitboni kaum zu schaffen. Die Sturmstrecke jagt euch über den schnellsten Parcours und ist voller enger Kurven sowie unübersichtlicher Höhenunterschiede.

Shaun Southerns Lotus Turbo Challenge 2 mag rein die Fakten betrachtet arm aussehen, aber dafür ist es in den Punkten, die es umzusetzen versucht, ein kleines Meisterwerk. Neben der hervorragenden Schwierigkeitsgradkurve, die nur in der Stadt und beim Sturm etwas nach unten knickt, und der fabelhaften Steuerung ist es vor allem die technisch einmalige Grafik, die anno 1991 die Münder reihenweise offen lies. Lotus Turbo Challenge 2 ist abartig schnell und selbst für heutige Verhältnisse erstaunlich detailliert.

Möglich wird dies durch eine einwandfrei programmierte Mischung aus 3D-Strecke und gezeichneten Streckenobjekten, die in verschiedenen Größenstufen im Speicher des Amiga hinterlegt sind und von klein nach groß an euch vorbeihuschen, woraufhin der Eindruck von räumlicher Tiefe entsteht. Zwar war und ist Lotus Turbo Challenge 2 nicht der einzige Titel, der diese Technik nutzt – aber mir fällt selbst im aus heutiger Sicht kein anderer ein, der sie besser im Griff hat.

 

 

Lotus_Turbo_Challenge_2


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