Game #105: Fable

105-FableHersteller: Lionhead
Designers: Peter Molyneux, Dene Carter, Ben Huskins & Mark Webley
Composer: Russell Shaw
System: Xbox
Jahr 2004

Ich unterscheide mich in vielen Punkten im Vergleich zu meinen Kollegen oder anderen langjährigen Zockern. Am deutlichsten wird es, wenn es um das Wörtchen „Hype“ geht: Während Hinz und Kunz lieber das Morgen feiert, sich an E3-Award für unfertige Spiele klammert und sich auf Triple-A-Titel freut, die eigentlich nur aufgewärmtes in neuer Grafik präsentieren, dann lässt mich das völlig kalt. Was in meinen Augen zählt, ist das hier und jetzt – und in ganz wenigen Fällen sorgt das gar dafür, dass mein Spielspaß im Vergleich zu anderen steigt anstatt fällt.

Was hat Peter Molyneux nicht alles mit Fable versprochen? Man könne eigene Kinder haben und eine ganze Dynastie anstatt eines einzelnen Helden spielen. Oder wisst ihr noch: die Bäume, die wachsen sollten? Ein herrlicher PR-Spaß, der Molyneux im Nachhinein zur Lachnummer verkommen ließ. Irgendwie wollte der Mann nach Populous, Syndicate und Dungeon Keeper den nächsten Innovationsboliden raushauen. Am Ende hat er ein märchenhaftes Fantasy-Rollenspiel geschaffen, das aufgrund seiner Präsentation und seiner Zugänglichkeit ein Erfolg war.

Am Anfang seid ihr noch ein kleiner Junge, der am Geburtstag seiner Schwester mit ansehen muss, wie die Bewohner seiner Dorfes von Räubern überfallen und massakrieren. Die Schwester wird entführt, der Vater ermordet: Während der Junge über den Trümmern seines Lebens weint, tritt ein versierter Held hervor, der in ihm viel Potenzial sieht. Er nimmt euch mit und trainiert euch in der Heldengilde, um mit Schwert, Bogen sowie Magie kämpfen zu lernen. Als ausgewachsener Mann zieht ihr in die große, weite Welt, um den Bewohnern Albions behilflich zu sein und die Handlanger des Raubzuges, der einst euer Leben zerstörten, zu rächen.

Viele der Geschichten und Aufgaben, die euch begegnen, stellen euch über kurz oder lang vor eine Wahl, die jedes Mal auf den gleichen Nenner hinausläuft: Wollt ihr ein guter oder ein böser Held sein? Abhängig von euren Taten ändert sich sowohl euer Ansehen in der Welt als auch euer Aussehen.Wer besonders gut ist, der strahlt eine glänzende Aura aus. Wer besonders böse agiert, dem wachsen Hörner.

Neben typischem Heldenkrams stehen euch viele triviale Details zur Verfügung. Ihr könnt zu einem Friseur gehen und euren Bart stutzen lassen. Ihr dürft euch eine Frau oder gar einen Mann suchen, die/der sich in euch verliebt und mit der/dem ihr den Bund der Ehe eingehen könnt. Theoretisch sind sogar mehrere Partnerschaften möglich, sofern eure jeweiligen Geliebten in verschiedenen Städten residieren.

Unterm Strich ist Fable weder schwer noch besonders umfangreich, aber genau das macht auch den Reiz des Spieles aus: Es fühlt sich einfach leicht und unbeschwert an. Hier kann jeder zum Helden werden, Großes erreichen und sich wie ein echter Abenteuer fühlen. Die märchenhafte Grafik, die geniale englische Sprachausgabe und die absolut fantastische Musik von Russell Shaw sorgen letztlich für die richtige Atmosphäre.

Und genau aus dem Grund war es mir letztlich egal, das Molyneux irgendwelche Versprechen nicht eingehalten hat, die sowieso völlig größenwahnsinnig und überambitioniert klangen. Ich rate euch: Lasst euch nicht unnötig hypen, lasst euch nicht von Messe-Awards blenden und lasst die Finger von Vorbestellungen. Am Ende zählt nur das fertige Spiel – und das kann euch ohne künstlich gezüchtete Vorfreude mehr überraschen als ihr es euch vielleicht vorstellen könnt.

 

 

Fable