Game #119: Xenogears

119-XenogearsHersteller: Squaresoft
Director: Tetsuya Takahashi
Script: Masato Kato
Composer: Yasunori Mitsuda
System: PlayStation
Jahr: 1998

Geh heim, Bibel – hier kommt Xenogears: Während ich mich gerade aus beruflichen Gründen durch das epische und wunderschön anzusehende, aber gleichzeitig designtechnisch grausig gestaltete Xenoblade Chronicle X ackere, muss ich umso wehmütiger an Tetsuya Takahashis erste Regiearbeit denken. Denn dort schaffte der Japaner gemeinsam mit dem kongenialen Autor Masato Kato etwas, was die beiden bis heute nicht zu wiederholen vermochten: eine brutal laberlastige Story mit unzähligen Nuancen und Details, die niemals langweilig und stets hochinteressant gewesen ist.

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte, dass Xenogears die bislang beste Storyleistung in der Geschichte der Videospiele erzielt hat. Allein der Aufwand hinter dem 70 Stundenmonster ist immens: So soll das Spiel die fünfte einer auf sechs Episoden angelegten Saga sein. Nein, von den anderen Teilen bekommt ihr praktisch gar nichts mit. Jedoch fühlt sich die Welt von Xenogears um ein Vielfaches authentischer und lebendiger an, eben weil man spürt: Da gab es eine Vergangenheit und da wird es eine Zukunft geben.

Hier macht der Koloss noch lange nicht halt, denn der Plot ist mehr als nur ein typischer Sci-Fi-Anime-Mischmasch. Er bedient sich massiv bei Symbolen, Religionen, Philosophen wie Nietzsche und Psychologen wie Freud oder Jung. Den Charakteren fehlt jedes stereotypische Schwarzweißdenken und sie sind menschlicher als es jeder Bewohner dieser, unserer Erde sein könnte. Man nehme allein den Antagonisten Id, der es sich zum Ziel gesetzt hat, jedwedes Leben auszulöschen: Dahinter steckt keine eigene Person, sondern die zerstörerische Persönlichkeit des Protagonisten Fei Fong Wong, die sich aufgrund eines höchst traumatischen Ereignisses manifestiert hat und in Ausnahmesituationen zum Vorschein kommt. Und warum will Id sämtliches Leben zerstören? Weil er unter seiner eigenen Existenz derart leidet und jedwede Form der potenziellen Wiederbelebung verhindern will.

Id ist nur eines von vielen, vielen, vielen Elementen, aufgrund dessen Xenogears der pure Wahnsinn ist. Nochmal: Ich stehe überhaupt nicht auf solche schwafellastigen Spiele, die nie auf den Punkt kommen. Aus genau diesem Grunde bin ich auch kein großer Fan sämtlicher inoffiziellen Nachfolger, die Takahashi in Form von Xenosaga oder eben Xenoblade auf die Beine gestellt hat. Aber Xenogears trifft genau den richtigen Nerv und profitiert bizarrerweise von einer technischen Unzulänglichkeit, nämlich der fehlenden Sprachausgabe. Solch Textwüsten fachgerecht vorzutragen ist eine Mammutaufgabe, die den besten Theaterschauspieler brechen könnte.

Was gibt es abseits der Geschichte zu erzählen? Nun, in Xenogears steckt ein grundsolides Rollenspiel, bei dem ihr abwechselnd in menschlicher Gestalt und in riesigen Mechs rundenbasierende Kämpfe bestreitet. Das System ist gut und brauchbar, gleichwohl so manches Gebiet aufgrund der Menge an zufallsgenerierten Gegnern stresst. Aber unterm Strich ist Xenogears auch in spielerischer Hinsicht empfehlenswert, wenn auch bei weitem nicht derart einzigartig.

Und natürlich muss ich ein paar Worte über die Musik verlieren, dem unumstrittenen Meisterwerk von Yasunori „Chrono Trigger“ Mitsuda: Wer es schafft, mit einem gerade mal zwei CD umfassenden Soundtrack den Spieler für über 70 Stunden bei Laune zu halten, stets zu motivieren und nicht ein einziges Mal zu nerven, der verdient einen Ehrenplatz in der Top Five der besten Soundtracks aller Zeiten. Stay tuned…

 

 

Xenogears