Game #125: M.U.L.E.

125-MULEHersteller: Ozark Softscape
Game Design and Execution: Danielle Berry Bunton (Lead Designer), Bill Bunton, Jim Rushing & Alan Watson
Composer: Roy Glover
System: Atari 400/800, C64
Jahr: 1983

Leute, heute ist ein universeller und unumstrittener Klassiker an der Reihe, der ganz oben in der Liste „Spiele, die man mal gespielt haben sollte“ steht: M.U.L.E.. Ich würde gar soweit gehen, dass es zum Erscheinungszeitpunkt kein besseres Spiel gab.

M.U.L.E. ist rein spielerisch betrachtet eine Mischung aus Aufbau- und Wirtschaftssimulation. Ihr verwaltet Landparzellen, produziert Rohstoffe, betreibt mit diesen Handel und müsst mit unerwarteten Ereignissen klar kommen. Jedoch beschränken sich all genannten Elemente auf das Nötigste und sind in ein übersichtliches Korsett gepresst, weshalb das Spiel eher den Charme eines unbeschwerten Brettspieles vermittelt.

„Brettspiel hört sich jetzt aber auch nicht gerade wie der Knaller an… wozu braucht man für sowas einen Computer?“ – Ganz einfach: wegen des Echtzeitfaktors, der anno 1983 einer Revolution glich. Ich fange von vorne an: Vier Spieler kämpfen auf dem Planeten Irata (lest das Wort mal rückwärts…) zwölf Runden lang um die Vorherrschaft. Zu Beginn einer Runde darf sich jeder eine von insgesamt 44 Landparzellen aussuchen. Dazu wandert ein Kästchen von oben links nach unten rechts, während jeder Spieler per simplem Tastendruck die gerade ausgewählte Parzelle für sich beanspruchen kann. Drücken zwei Spieler gleichzeitig, dann bekommt derjenige den Zuschlag, der gerade schlechter dran ist.

Als Nächstes agieren die Spieler abwechselnd: Jedem steht eine begrenzte Zeit zur Verfügung, in der er/sie im Zentrum der Welt einen M.U.L.E. kauft, ausrüstet und ihn in seinem Land installiert. Abhängig von der gewählten Ausrüstung produziert das Land fortan Energie, Essensrationen, Erze oder (im Falle des höchsten Schwierigkeitsgrades) Diamanten. Dabei gilt: Energie gibt es praktisch überall, Essen baut man am besten in der Nähe des ind er Mitte verlaufenden Flusses ab, Erze findet ihr in den Bergen und Diamanten… tja, dafür solltet ihr besser mit einer Expertise abchecken, ob euer Land das entsprechende Vorkommen besitzt.

Danach müssen alle vier Spieler tatenlos den Produktionsvorgang mit ansehen und ein zufälliges Ereignis abwarten. Selten handelt es sich dabei um etwas positives, häufiger müsst ihr mit Pest, Stürmen oder diebischen Piraten, was sich ebenfalls auf eure so produzierten Rohstoffe oder gar auf eure gebunkerten Vorräte auswirkt.

Jede Runde wird mit dem spannendsten und lustigsten Part abgeschlossen: dem Handel. Dort können nun die vier Spieler (egal ob sie menschlich sind oder vom Computer gesteuert werden) untereinander ihre Rohstoffe „tauschen“. Das geniale hierbei ist der Ablauf: Zu Beginn einer jeden Auktionsrunde müssen die Spieler innerhalb von Sekunden entscheiden, ob sie Käufer oder Verkäufer sein möchten. Die jeweiligen Gruppen stehen sich dann gegenüber und haben erneut eingeschränkt Zeit zur Verfügung, in denen sie sich regelrecht entgegen kommen müssen. Treffen sie sich irgendwo in der Mitte, dann kommt ein Handel zustande.

Und das war es auch schon: M.U.L.E. ist super simpel und würde größtenteils auch uneingeschränkt als Brettspiel funktionieren (bzw. gibt es seit diesem Jahr (!) gar ein solches). Aber der Echtzeitfaktor und das aktive Lenken einer Spielfigur sorgt für ein völlig anderes Erlebnis. Die Steuerung von M.U.L.E. ist derart simpel, weshalb das gleichzeitige Spielen von vier Spielern problemlos via zwei Joysticks und einer Tastatur funktioniert.

Danielle Bunton, eine der besten Spieledesigner der 1980er Jahre, war der Zeit enorm voraus und M.U.L.E. ist in meinen Augen das beste Beispiel dafür. Es ist gewitzt, es ist clever und es ist derart charmant, weshalb selbst so dröge Prozesse wie das Handeln einen Heidenspaß machen. Das Anfertigen des YouTube-Videos hat jedenfalls einen Heidenspaß gemacht und zeigt wunderbar die Höhen und die Tiefen, die ich in den fünf gezeigten Runden durchmachen musste.

Einziger Wermutstropfen: Für das Atari-Original fehlte Bunton die Zeit zum Programmieren eines Zufallsgenerators, der die Landparzellen in jeder Runde von Grund auf neu bestückt. Stattdessen schlummern auf dem Datenträger 128 Karten, aufgrund dessen Profis auf Dauer gesehen einen Vorteil gegenüber Anfängern haben. In der C64-Umsetzung hingegen ist der Zufallsgenerator drin, gleichwohl das Balancing der daraus entstehenden Karten nicht immer den modernen Anforderungen eines peniblen Spielekritikers entspricht…

 

 

M.U.L.E.