Game #126: Edna bricht aus

126-Edna_bricht_ausHersteller: Daedalic
Directed by: Jan Müller-Michaelis
Composer: Finn Seliger
System: PC
Jahr: 2008

Zu meinen DemoNews-Zeiten labte ich mich in dem Privileg, alle Adventures dieser Welt „testen“ zu dürfen. Doch bei Edna bricht aus kam irgendetwas dazwischen, was der damalige Chefredakteur mit einem schnippischen “Naja, nicht so schlimm, scheint eh schlecht zu sein.” kommentierte – was unser beider größter Fehleinschätzung sein sollte…

Edna hockt in einer Gummizelle. Wir wissen nicht, warum – nur, dass sie da raus möchte. Und dass sie ständig mit ihrem Stoffhasen Harvey spricht. Der antwortet mehr als ihr manchmal lieb ist. Er betont auch in aller Regelmäßigkeit, dass das gar nicht real sei. Er ist schließlich ein Stofftier. Trotzdem hilft er Edna, sich in alte Zeiten zu versetzen und verschollene Erinnerungen auszugraben.

Bereits dieser dramatisch originelle Plotaufhänger pulverisierte zu seiner Zeit die Konkurrenz und entwickelte sich zu einer der besten Geschichten des Genres. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte: Edna bricht aus hat die bislang beste und genialste Story aller Daedalic-Adventures. Was am Anfang skurril, zynisch und allenfalls etwas melancholisch beginnt, steigert sich gegen Ende zu einem bösen Drama, das euch den Boden unter den Füßen wegzieht.

Dazwischen begegnet ihr allerlei skurrilen Charakteren, deren Genialität vs. Wahnsinn-Grenzen sich von keiner Skala dieser Welt messen lässt – was teilweise auch für die Angestellten der Irrenanstalt gilt.

Die Kehrseite ist nicht schön zu reden: Die Grafik ist schlicht, Animationen sind nur sporadisch vorhanden und das Rätseldesign schwankt von brillant bis jenseits von Gut und Böse – allein das berühmt-berüchtigte WC-Puzzle ist legendär schwer und lässt das Spiel gefährlich nahe in Richtung „No Go!“-Zone schlittern.

Aber kann man wirklich darüber böse sein, wenn man den One-Man-Show-Faktor hinter Edna bricht aus berücktsichtigt? Jan Müller-Michaelis hat in nahezu allen Bereichen des Spieles, von der Geschichte über das Rätseldesign bis zur Präsentation, seine Finger im Spiel gehabt und darüber hinaus nur ein kleines Team um sich geschart. Es stimmt schon leicht wehmütig, wenn mit dem Feintuning einer professionellen Mannschaft vielleicht eine wuchtige Größe a lá Monkey Island möglich gewesen wäre – das Potenzial wäre da gewesen.

So ist es “nur” eine der angenehmsten Überraschungen der Spielegeschichte, die den Startschuss eines festen, etablierten und brillanten Entwicklers markierte.

 

 

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