Game #130: To the Moon

130-To_the_MoonHersteller: Firebird Games
Director: Kan Reives Gao
Composer: Kan Reives Gao
Additional Composer: Laura Shigihara
System: PC
Jahr: 2011

Interactive Novel, der erste: To the Moon ist eines von vier Spielen, die dem arg umstrittenen Genre seine Existenzberichtigung verliehen haben. Gleich vorweg: Zufälligerweise folgt bereits morgen das zweite, während die anderen beiden Kandidaten ein Stückchen höher platziert liegen.

Stellt euch vor, es gebe eine Art Traum- oder Gedankenmaschine, mit der ihr die vergangenen Erinnerungen einer Person durchleben und gezielt manipulieren könnt. In To the Moon gibt es eine solche Technologie, die allerdings nur bei Sterbenden zum Einsatz kommt. Damit lässt sich nämlich jeder Wunsch erfüllen, der im Laufe des Lebens nie Realität wurde.

Johnny Wyles ist ein alter Mann, der zum Mond reisen möchte. Flugs tauchen die beiden Wissenschaftler Dr. Eva Rosalene und Dr. Neil Watts auf, schließen Johnny an ihre Maschine an und versuchen das ehrgeizige Ziel zumindest in seinem Kopf zu realisieren. Das geht wiederum nur, in dem sie rückwärts die Erinnerungen über sein wahres Leben durchforsten und analysieren.

Dabei stoßen sie auf ein zerrüttete Persönlichkeit, die einige Schicksalsschläge zu verkraften hatte. Allen voran war Johnny mit verheiratet, allerdings blieb die Ehe kinderlos. Seine Frau River starb bereits vor einigen Jahren und wurde im Laufe ihres Lebens immer wunderlicher beziehungsweise anstrengender. Das Verhältnis zwischen den beiden ist jedenfalls der zentrale Ankerpunkt, um Johnnys Erinnerungen korrekt manipulieren zu können.

To the Moon wurde mit dem RPG Maker XP erstellt und sieht demnach wie ein japanisches Rollenspiel aus den 1990er Jahre aus. Doch obwohl ihr damals wie heute Kästchenweise über Landschaften und durch Räume spaziert, gibt es (praktisch) keine Kämpfe und keine echten Rätsel. Ähnlich wie in den heute spitzfindig genannten „Walking-Simulations“ á la Dear Esther müsst ihr einfach nur von A nach B laufen, um die Geschichte weiter zu spinnen.

Es mag nach wie vor strittig sein, inwiefern ein solches Konzept als „Spiel“ bezeichnet werden kann. Doch meines Erachtens ist ein Unterschied zu einem Buch oder zu einem Film definitiv vorhanden. Natürlich kann man in To the Moon nicht gezielt siegen oder verlieren, aber man steuert aktiv zwei der zentralen Figuren (nämlich die beiden Wissenschaftler) und fühlt sich deshalb den Charakteren viel stärker verbunden.

Und jetzt kommt der Knackpunkt: Die Geschichte gehört vielleicht zu den zehn oder zwanzig besten, die ich je in einem Spiel gesehen habe. Neben der Prämisse, die geradezu nach Fortsetzungen am laufenden Band schreit (um z.B. anderen Sterbenden völlig unterschiedliche „Wünsche“ zu erfüllen), sind die Dialoge fantastisch geschrieben und die Erzählstruktur aufgrund der Rückwärtsidee bemerkenswert fesselnd. Auch die Auflösung enttäuscht keinen Meter und rührt jeden gestandenen Menschen zu Tränen – wofür auch die nicht minder brillante Musik ihren Teil beiträgt.

Ich gebe zu, dass ich anfangs sehr skeptisch gegenüber To the Moon war und ich das Lob vieler Spieler allein aufgrund des Betrachten der Screenshots nicht wirklich verstand. Aber diese Zweifel waren genau in dem Moment mit einem Fingerschnippsen wie weggeblasen, in dem ich mich selbst an das Spiel ran setzte und Johnnys erste Erinnerung erlebte…

 

 

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