Game #135: The Orange Box

135-Orange-BoxHersteller: Valve
Project Lead: Kim Swift (Portal), Erik Johnson (Half-Life 2: Episode Two), John Cook & Robin Walker (Team Fortress 2)
Composers: Kelly Bailey & Mike Morasky
System: PC, Xbox 360, PlayStation 3
Jahr: 2007

Ob wir jemals wieder so etwas erleben wie die Orange Box? Ihr bezüglich unterlief mir zu meinem Zeiten als DemoNews-Redakteur einer meiner schwersten Fehler: Sie hätte den Preis für das beste Spiel des Jahres 2007 verdient gehabt. Doch wer kommt schon auf die Idee, eine Spielesammlung auszuzeichnen?

Im Gründe wäre das auch ein absolutes No-Go, denn schließlich bestehen Sammlungen aus älteren Spielen, die allenfalls grafisch überarbeitet wurden – und selbst das ist extrem selten (siehe Super Mario All-Stars). Doch Entwickler Valve hatte seinen Größenwahnsinnigen und dachte sich: „Ey, wir haben doch gerade drei brandneue Games in der Pipeline… warum die nicht gleich in einem Paket verkaufen?“

Wohlgemerkt: Dieses Bundle ist kein Schnäpchenangebot á la „3 Spiele zum Preis von 1“. Zwar konnte man sie auch getrennt erwerben, aber der Fokus der Vermarktung lag eindeutig in der Orange Box. Das zeigt nicht zuletzt der bedeutend höhere Anteil an Retail-Versionen, die von den einzelnen Titeln zudem erst später auf den Markt kamen.

Des Weiteren ist die Mischung absolut perfekt: Half-Life 2: Episode Two setzt die Geschichte des wohl besten Ego-Shooters diesseits der Milchstraße fort und bietet somit klassischen Actionspaß auf hohem Niveau. Team Fortress 2 ist ein cleverer Mulitplayer-Teamshooter, der abseits der interessanten Charaktere von seiner überraschend witzig gestalteten Comicgrafik lebt. Und dann ist da natürlich Portal: Basierend auf einem Freeware-Spiel namens Narbacular Drop zwängt es die wohl beste Spielidee seit Lemmings in ein modernes Grafikkorsett.

Überhaupt symbolisiert Portal noch so einen unverzeihlichen Fehler meiner DemoNews-Karriere. 86 Punkte vergab ich damals, motzend wegen des geringen Umfanges (was eigentlich blödsinnig ist, weil es eben ein Drittel des Gesamtpaketes darstellt), den wenig herausfordernden Rätseln (die einfach nur sehr ausbalanciert sind und deshalb zu keinem Zeitpunkt unnötig frustrieren) und der „alten“ Idee (die eben nur in Form einer technisch arg notdürftig zusammengewürfelten Demo existierte). Später wollte ich die Wertung noch auf 89 nach oben korrigieren, dabei ist alles unter 90 einfach falsch.

Denn Projektleiterin Kim Swift hat mit Portal ihr absolut brillantes Konzept auf eine abenteuerliche Weise erweitert. Nicht nur, dass die auf Ego-Shooter angelegte Engine für das Austüfteln von Rätseln zweckentfremdend wurde: Die Geschichte ist bemerkenswert bizarr und bescheuert und somit ein unverzichtbares Pro-Argument – in einem Denkspiel! Glados stieg innerhalb von Minuten zu einer Legende unter den Antagonisten auf und allein die Idee mit dem Kuchen ist herrlich kultig.

Abgerundet wird The Orange Box durch Half-Life 2 und Half-Life 2: Episode One, die man aufgrund ihres jeweiligen Alters als Bonus sehen sollte. Und das ist eben der Unterschied zwischen einer stur auf Gewinnoptimierung ausgelegten Bande wie Electronic Arts, Activison oder Ubisoft und einem Team namens Valve, dass trotz Steamzwang nahezu immer auf Seiten der Spieler stand und ihnen stets ein mehr als faires Angebot macht.

 

 

Orange_Box