Game #191: Wing Commander

191-Wing_CommanderHersteller: Origin Systems
Lead Design: Chris Roberts
Composer: David Govett & George Alistair Sanger
System: PC
Jahr: 1990

Wenn es ein Genre gab, mit dem ich lange Zeit zu 99% nichts anfangen konnte, dann das der Simulationen. Die Rede ist jetzt nicht von diesem ganzen Landwirschaftskrams, der die deutschen Spielregale in den vergangenen Jahren überflutete. Ich spreche von knallharten Flug-, Panzer- oder Autorennsimulationen, in denen die größte Herausforderung im Auswendiglernen dutzender Tastaturkommandos sowie korrekten Anwenden aller gegebenen Funktionen besteht.

Doch im Laufe meiner „Karriere” als Spielekritiker war ich plötzlich einer der Wenigen, der die Überbleibsel des brach liegenden Genres zugesprochen bekam – schlicht weil im Laufe der Zeit die Komplexität einer arg simplifizierten Zugänglichkeit weichen musste. Mir wäre jedenfalls anno 1984 nie in den Sinn gekommen, dass ich mal eine vollwertige Preview zu Elite: Dangerous schreiben würde…

Der in meinen Augen entscheidende Wegpunkt dieser Genrewntwicklung ist eine Science-Fiction-Saga, welche die Barriere zwischen Simulation und Action für immer brechen sollte: Wing Commander. Zwar gab es auch schon vorher den einen oder anderen Hybriden, allerdings waren auch diese stets nüchtern präsentiert und/oder bewusst schwer zugänglich. Erst Wing Commander zielte aufgrund seiner cineastischen Inszenierung und der auffallend bunten Grafik voll auf den Massenmarkt.

Ich bin auch ganz ehrlich und verbinde meine Begeisterung mehr mit dem Drumherum als mit dem spielerischen Kern. Klar ist es toll, einen Kilrathi nach dem anderen abzuknallen. Doch viel lieber klicke ich mich von der Bar zur Schlafkabine und hin zum Missionsbriefing, um die groß animierten Konterfeis meiner Flugkollegen zu bestaunen und einer für die damalige Zeit bemerkenswert komplexen Geschichte beizuwohnen. Zudem gehört Wing Commander zu den ersten akustischen Meilensteinen, die explizit für PC-Soundtechnologien von Adlib bisRoland MT-32 konzipiert waren.

Auch fand ich persönlich die Idee grandios, dass es nach einem Misserfolg nicht zwingend „Game Over” heißt, sondern ihr einfach eine andere Missionsstruktur vorgesetzt bekommt. Während ich solche Wege brav akzeptierte und am Ende eben nicht als der perfekte Held dastand, versagte das Konzept leider bei einem Großteil der anderen Spieler. Die haben nämlich einfach einen alten Speicherstand geladen, wenn sie mal in irgendeiner Form versagten. Entsprechend kehrte Origin für die Nachfolger zu einem konventionellen wie linearen Verlauf zurück.

Aus heutiger Sicht ist Wing Commander nur unter Vorbehalt zu empfehlen, denn ein Großteil der Faszination machte anno 1990 die bunte 3D-Grafik aus. Die galt damals mit ihren stufenlos zoom- und drehbaren Gegnern als revolutionär. Doch beim Aufzeichnen des Videos konnte ich einen gewissen Retrocharme nicht leugnen. Obwohl inzwischen solch ausgewachsene Titel wie Elite: Dangerous Weltraumabenteuer ganz anderer Größenordnung ermöglichen, ist und bleibt Wing Commander eine liebevolle Zeitkapsel und eines der ersten essentiellen Testamente für die heute so wichtig geltende Zusammenarbeit aus Spiel und Story.

 

 

Wing_Commander