Game #192: Snatcher

192-SnatcherHersteller: Konami
Director: Hideo Kojima
Composer (PC-8801 / MSX): Masahiro Ikariko, Seiichi Fukami, Susumu Masuda, M. Shirakawa
Composer (PC-Engine / Mega CD): Masahiro Ikariko, Seiichi Fukami, Motoaki Furukawa, Kazuki Muraoka, Mutsuhiko Izumi
System: MSX, PC-8801, PC-Engine CD (Remake), Mega CD (Engl. Version)
Erscheinungsjahr 1988, 1992 (Remake), 1994 (Engl. Version)

Mit Snatcher verbinde ich lauter Wunder. Das Frühwerk des Hideo Kojima gehört zu den seltenen japanischen Interactive Movies, die den Sprung von Japan nach Europa und Amerika geschafft haben – offiziell, versteht sich. Allerdings erschien die ins Englische übersetzte Version einzig für die exotische Mega CD Erweiterung, weshalb es von vorneherein zum Schattendasein verdammt war.

Die heftig von Blade Runner inspirierte Science-Fiction-Story lebt von einer sehr dichten Atmosphäre und einem herausragenden Charakterdesign. Die Dialoge sind zahlreich und speziell im letzten der drei Akte auffallend dominant. Nur zum Vergleich: In einem gewöhnlichen Metal Gear Solid gibt es mehr “Spiel“ als in Snatcher. Zum Glück hatte Konami ein sehr glückliches Händchen bei der Auswahl der Synchronsprecher, weshalb die englische Version trotz ihres stolzen Alters von 21 Jahren nach wie vor fantastisch klingt.

Ähnlich zeitlos ist der subtile Humor, der gerne mal die vierte Wand durchbricht. So sollt ihr recht früh im Spiel die Lautstärke eures Fernsehers erhöhen, damit ihr ein leises Ticken hört. Während sich die Sprecher daran anpassen, werdet ihr am Ende der Sequenz von einem heftigen Explosionseffekt wachgerüttelt. Auf den Kommentar der Spielfigur hin, dass dies ganz schön laut gewesen sei, meint euer Sidekick schnippisch „Tja, das könnte daran liegen, dass die Lautstärke am Fernseher so hochgedreht ist.“.

Die erste Version erschien bereits 1988 für MSX sowie NEC PC-8801 und ausschließlich auf Diskette – entsprechend gab es keine Sprachausgabe und keine CD-Musik. Viel interessanter ist jedoch die Tatsache, dass es damals nur zwei Akte gab – und das ist insofern total irre, weil die Japaner somit über Jahre hinweg mit einem richtig fiesen Cliffhanger leben mussten. Erst der dritte Akt, erstmals integriert in der 1992 veröffentlichten Umsetzung für PC-Engine CD, klärte alle Fragen und löste einen der brillantesten Plottwist der Videospielgeschichte auf.

Snatcher mag mehr Dialogklickerei als Spiel sein und zudem mit seinen schlecht gemachten Action-Sequenzen nerven. Aber es ist einer der frühen Beweise dafür, dass solche „Interactive Novels“ in der Tat funktionieren können. Schließlich wussten wir erst zwanzig Jahre später dank Heavy Rain, Gone Home oder To the Moon, dass sowas wirklich „Spaß“ machen kann.

Damals jedoch waren Spiele dieser Art verpönt, weil die Qualitäten in Punkto Erzählung streng in Richtung Fremdschämen schielten. Und Snatcher stellte im europäisch/amerikanischen Markt die einzige ernstzunehmende Ausnahme dar – nicht zuletzt, weil der angeblich ähnlich starke, inoffizielle Nachfolger Policenauts den Sprung über den Teich nicht schaffte. Der Grund? Na, ratet mal…

 

 

Snatcher