Emmy-Prognose 2014/2015: Drama

Die Qualität der Drama Serien ist derart (entschuldigt bitte) „dramatisch“ gestiegen, weshalb die Emmy-Verleihung zuerst von fünf auf sechs und erstmals für dieses Jahr sogar auf sieben Nominierungen in der zugehörigen Hauptkategorie gestiegen ist. Blöd nur, dass sich ausgerechnet jetzt ein kleiner „Qualitätsknick“ bemerkbar macht, wo Breaking Bad nicht mehr dabei ist…

Beste Drama Serie

Nominiert sind:

Better Call Saul
Downton Abbey
Game of Thrones
Homeland
House of Cards
Mad Men
Orange is the New Black

Liebe Güte, wo fange ich da bloß an? Ich spring einfach ins kalte Wasser und prangere den Zwangskategorienwechsel von Orange is the New Black an. Allein der krasse Rückgang an Nominierungen (von letztes Jahr zwölf auf dieses Jahr vier (!)) macht deutlich, dass die Serie in der Comedy-Sparte viel besser weggekommen ist als unter den Dramen. Und bevor es zu Missverständnissen kommt: Während alle Welt dank Netflix bereits die dritte Staffel gesehen hat, müssen die Emmy-Juroren noch über die zweite entscheiden…

Auf zum nächsten Kandidat: Ich habe lange Zeit die Emmy-Liebe seitens Downton Abbey verteidigt, doch die fünfte Staffel ist nicht nur einfach das gleiche wie immer, sondern mit einem mehr als merkwürdigen Cliffhanger gebrandmarkt. Das vormals so sympathische Pärchen John & Anna Bates versinkt jedenfalls zunehmend in einem Sumpf voller unglaubwürdiger Handlungen.

Better Call Saul hat diese Nominierung nur aus zwei Gründen geschafft: Zum einen als legitimes Spinoff von Breaking Bad, zum anderen dank der Einzelepisode „Five-O“, zu der ich mehr bei der Drehbuch-Auszeichnung schreibe. Aber ansonsten? Nein, Better Call Sauls Nominierung ist ihr Gewinn.

Homeland is back! Und das auch zurecht, denn nach der bemerkenswert unausgegorenen dritten Staffel dreht die vierte wieder richtig auf. Zwar ist die letzte Episode extrem unbeliebt, weil sie sich wie ein Füller anstatt ein Finale anfühlt – doch die Emmy-Jury bekam diese entsprechend gar nicht erst zu Gesicht. Insgesamt ist die Qualität noch nicht ganz auf dem Niveau der fantastischen ersten Staffel, aber sie ist stellenweise verdammt nah dran – und ein Überraschungssieg in meinen Augen nicht vollkommen vom Tisch.

Dürfte ich wählen, ich würde mich allen Ernstes für die höchst umstrittene dritte Staffel von House of Cards entscheiden. Und zwar gerade WEIL sie nicht so derart badass und düster ist wie die zweite, während der mir teilweise schlecht wurde. Umso mehr gefällt mir die Art, wie Frank Underwood als Präsident nach und nach versagt und mit einer Mischung aus genialen Schachzügen sowie purer Verzweiflung sein Amt zu retten versucht.

Am Ende entscheidet es sich zwischen zwei ganz Großen, obwohl die ausgerechnet in diesem Jahr nichts wirklich „Großes“ geleistet haben. Selbst die innigsten Fans von Game of Thrones sehen so langsam den Lack abblättern und das Sterben sicher geglaubter Charakterlieblinge ist inzwischen alt geworden. Doch die Inszenierung ist produktionstechnisch immer noch ein Brett und die Drehbücher schaffen es weiterhin, Unmengen an Charakterstränge innerhalb von zehn Stunden zu behandeln. Last but not least gibt es keine Serie (und vor allem kein Genre), bei der es langsam „Zeit“ wird, dass sie mal gewinnt – und gemeint ist damit der Emmy-Jackpot. Nebenbei: Bei den Creative Arts Emmys, die bereits letzten Samstag stattfand, hat Game of Thrones bereits derart viele Preise gesammelt, dass ihr nur noch ein weiterer zur Einstellung des Rekords von The West Wing im Jahre 2000 fehlt…

Derjenige, der die Fantasy-Party versauen könnte, ist ein alter Haudegen: Mad Men geht mit der zweiten Hälfte seiner finalen Staffel in Rente und auch wenn die sieben Folgen etwas brauchen, um an die Genialität der Ursprünge anzuknüpfen, so ist es ein würdiger Abschluss einer der preisgekröntesten Serien überhaupt geworden. Dass die Emmy-Jury Mad Men jedenfalls erneut in ihr Herz geschlossen hat, zeigt allein die nächste Kategorie…

Will win: Game of Thrones
Could win: Mad Men
My vote: House of Cards

Bestes Drama Drehbuch

Nominiert sind:

The Americans (Episode „Do Mail Robots…“) **
Better Call Saul (Episode „Five-O“)
Game of Thrones (Episode „Mothers Mercy“)
Mad Men (Episode „Lost Horizon“)
Mad Men (Episode „Person to Person“)

Es ist ein merkwürdiges Bild, dass sich hier abzeichnet. Dazu müsst ihr wissen: Was bei den Oscars der Regiepreis ist, dass ist bei den Emmys der Drehbuchaward. Sprich: Er ist die wichtigste Stütze für einen „Best Series“-Sieg.

Und nun steht da plötzlich The Americans auf der Liste, ansonsten nur mit einem Sieg für die beste Gastrolle im Gepäck und in den letzten Jahren ebenfalls weitgehend ignoriert. Da ich selbst erst eine Staffel gesehen habe und mich nicht unnötig spoilern lassen wollte, verzichtete ich bislang auf das Ansehen der nominierten Episode. Ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, dass ausgerechnet sie an diesem Sonntag gewinnt.

Während Game of Thrones genügend andere Preise einheimsen sollte und dank der unzähligen anderen Qualitäten auf einen Drehbuch-Emmy „verzichten“ kann, lebt „Five-O“ aus Better Call Saul wie keine andere Episode von ihrer auf Papier gebrachten Geschichte. Sie wirkt aufgrund der Konzentrierung auf den Nebencharakter Mike Ehrmantraut wie ein Spinoff innerhalb eines Spinoffs und summiert sich dank fantastisch erzählter Rückblenden zur vielleicht besten Drama-Stunde, die wir in der letzten TV-Saison zu Gesicht bekommen haben. Aufbau, Spannung und Fazit sind beängstigend nahe am Breaking Bad-Niveau dran.

Aber mein Riecher sagt mir, dass Matthew Weiner ein Abschiedsgeschenk bekommt: Der Mastermind hinter Mad Men hat einen gemäßigten und für die meisten seiner Charaktere „positiven“ Abschluss geschrieben, ohne dabei in Kitsch zu verfallen. Gerade die letzten Szenen mit Don Draper geben dem Protagonisten noch einmal so richtig schön Tiefe, während die Serie bis zum Ende ihre bemerkenswerte Glaubwürdigkeit und das starke 1960/70er-Jahre Feeling halten kann.

Will win: Mad Men (Person to Person)
Could win: Better Call Saul (Five-O)
My vote: Better Call Saul (Five-O)

Beste Drama Regie

Nominiert sind:

Boardwalk Empire (Episode „Eldorado“)
Homeland (Episode „From A to B and Back Again“)
Game of Thrones (Episode „Mothers Mercy“)
Game of Thrones (Episode „Unbowed, Unbent, Unbroken“)
The Knick (Episode „Method and Madness“)

Das Nominierungsfeld fühlt sich noch merkwürdiger an als das der Drehbücher, allerdings ist die Regie im TV-Business auch nicht ganz so viel wert wie beispielsweise im Kino. Es ist deshalb auch nicht ungewöhnlich, dass hier zwei Serien mitmischen, die ansonsten fast vollständig ignoriert wurden.

Boardwalk Empire gehört hiermit zu den seltenen Drama Serien, die in jeder Staffel eine Regienominierung erhalten haben. Während ich jene im letzten Jahr sogar gewählt hätte, sehe ich die finale mit gemischten Gefühlen. Ähnlich wie im Falle von Downton Abbey hatte ich einfach zu sehr das Gefühl, all das schon einmal in ähnlicher Form gesehen zu haben.

Das glatte Gegenteil stellt die Pilotfolge von The Knick dar und um ehrlich zu sein: Der Emmy wäre allein für die erste Viertelstunde hochverdient. Das blutige Treiben eines Chirurgen im Jahre 1900 wird von Steven Soderbergh schonungslos wie blutig in Szene gesetzt. Es ist bei der Emmy-Verleihung jedenfalls nicht unüblich, dass besonders namhafte Regisseure gewinnen – zudem der Mann gleich die komplette Staffel (!) gedreht hat. Allerdings hat der gute Soderbergh gerade letztes Jahr bereits für Behind the Candelabra gewonnen…

Applaudieren möchte man für die Inklusion von Homeland, wobei Lesli Linka Glatter gar den Director Guild Award für die besagte Folge gewonnen hat und man sie deshalb auf keinen Fall unterschätzen darf. Homeland ist schließlich mit einem Quantensprung zurück in die Riege der besten Drama Serien zurückgekehrt und hat bislang vieles, aber eben noch keinen Regie-Emmy eingeheimst.

Das gleiche gilt für Game of Thrones, die erstaunlicherweise mit zwei Episoden vertreten ist. Während „Unbowed, Unbent, Unbroken“ aufgrund der strittigen Vergewaltigungsszene eine sehr mutige Nominierung ist, fühlt sich Mothers Mercy einfach wie ein würdiger Sieger im Gesamten an. In der Folge stecken einige grandios inszenierte Szenen, sei es der „Walk of Shame“ oder diverse Sterbeminuten. Der Fan hätte sich allerdings mehr eine Würdigung der epischen Schlachtszene in Hardhome gewünscht…

Summa summarum: Der Emmy hier ist alles andere als in Stein gemeißelt, aber ich tippe einfach mal auf den mutmaßlichen Gewinner der besten Drama Serie. Manchmal gehen die beiden Preise eben doch Hand in Hand…

Will win: Game of Thrones (Mothers Mercy)
Could win: The Knick
My vote: The Knick

Bester Hauptdarsteller einer Drama Serie

Nominiert sind:

Bob Odenkirk (Better Call Saul, Episode „Pimento“)
Jeff Daniels (The Newsroom, Episode „What Kind of Day Has It Been“) **
Jon Hamm (Mad Men, Episode „Person to Person“)
Kevin Spacey (House of Cards, Episode „Chapter 32“)
Kyle Chandler (Bloodline, Episode „Part 12“) ***
Liev Schreiber (Ray Donovan, Episode „Walk This Way“) *

Ob Bob Odenkirk jemals damit gerechnet hat, als Hauptdarsteller einer Dramaserie im Rennen für einen Emmy dabei zu sein? Und sogar dank seines Siegs beim Critics’ Choice Television Award als das „Dark Horse“ unter den potenziellen Gewinnern zu gelten?

Die Konkurrenz ist jedenfalls erstaunlich „schwach“, denn Jeff Daniels, Kyle Chandler und Liev Schreiber müssen „alleine“ ohne ihre „Serien“ zu den Emmys gehen. Chancen hat von den dreien eigentlich nur Chandler, denn die Serie Bloodline ist einerseits für ihre zähe Geschichtenerzählung und andererseits für ihre herausragende Schauspielriege bekannt. Ganz davon abgesehen, dass es im Fernsehbusiness kaum einen beliebteren und sympathischeren Kerl als Kyle Chandler gibt.

Im Ernst: Auch wenn es langsam mal Zeit für Kevin Spacey wäre, so soll es doch bitte endlich die Stunde von Jon Hamm sein. Wieder einmal ist der Mann eine Klasse für sich, weshalb ich mir auch für Mad Men niemand anderen als Don Draper vorstellen kann. Nur was mir wirklich Angst macht: Wieso hat er nicht schon längst gewonnen? Weder für den saustarken Pilot noch für die mit Abstand beste Mad Men-Folge namens „The Suitcase“? Selbst sein brillanter Gastauftritt in Unbreakable Kimmy Schmidt hat es nicht geschafft, genügend Stimmen für sich zu vereinen. Mir ahnt übles, aber hoffe trotzdem dank der insgesamt „schwachen“ Konkurrenz das beste…

Will win: Jon Hamm
Could win: Bob Odenkirk
My vote: Jon Hamm

Beste Hauptdarstellerin einer Drama Serie

Nominiert sind:

Claire Danes (Homeland, Episode „From A to B and Back Again“)
Elisabeth Moss (Mad Men, Episode „Person to Person“)
Robin Wright (House of Cards, Episode „Chapter 32“)
Taraji P. Henson (Empire, Episode „Pilot“) *
Tatiana Maslany (Orphan Black, Episode „Certain Agony of the Battlefield“) **
Viola Davis (How to Get Away with Murder, Episode „How to Get Away with Murder“) **

Hier muss ich blind auf das gesamte Emmy-Expertentum vertrauen, die nahezu einstimmig behaupten: Das macht die Viola Davis für How to Get Away with Murder. Außenseiterchancen habe noch Taraji P. Henson, allerdings ist „ihre“ ansonsten so hoch gehypte Serie bereits am Nominierungsnachmittag brutal gestürzt. Und um ehrlich zu sein: In der Folge, für die sie nominiert ist, war Terence Howard in meinen Augen um Welten besser.

Nein, ich hoffe ein klein wenig auf Robin Wright, deren eingereichte Folge zu den universell gefeierten Highlights der dritten House of Cards-Staffel zählt und in der sie ganz klar die Hauptrolle noch vor Kevin Spacey bezieht. Interessanterweise hat letztgenannter die gleiche Episode für seine Emmy-Nominierung eingereicht…

Will win: Viola Davis
Could win: Robin Wright
My vote: Robin Wright

Bester Nebendarsteller einer Drama Serie

Nominiert sind:

Alan Cumming (The Good Wife, Episode „Undisclosed Recipients“) **
Ben Mendelson (Bloodline, Episode „Part 12“) ***
Jim Carter (Downton Abbey, Episode „A Moorland Holiday“)
Jonathan Banks (Better Call Saul, Episode „Five-O“)
Michael Kelly (House of Cards, Episode „Chapter 27“)
Peter Dinklage (Game of Thrones, Episode „Hardhome“)

Ich hab ehrlich gesagt die letzte Bloodline-Folge, für die Ben Mendelson nominiert ist, noch nicht gesehen, weil sich die Serie so unendlich zieht. Aber es ist eben auch sein Charakter, der mich immer mal wieder zum Netflix-Schalter geleitet und wegen dem ich mir denke: „Verdammt, ich will wissen, wie das ausgeht!!!“.

Ansonsten gibt es ja in der Tat so einige Spaßvögel, die hier auf Peter Dinklage tippen. Nein, der Mann gewinnt nicht seinen ZWEITEN Emmy für seine bislang SCHWÄCHSTE Darbietung als Tyrion Lannister. Der Preis muss einfach für Jonathan Banks reserviert sein, der die treibende Kraft in der legendären „Five-O“-Folge von Better Call Saul spielt und dort wie ein Haupt- anstatt Nebendarsteller wirkt.

Will win: Jonathan Banks
Could win: Ben Mendelson
My vote: Jonathan Banks

Beste Nebendarstellerin einer Drama Serie

Nominiert sind:

Christina Hendricks (Mad Men, Episode „Lost Horizon“)
Christine Baranski (The Good Wife, Episode „Loser Edit“) **
Emilia Clarke (Game of Thrones, Episode „The Dance of Dragons“)
Joanne Froggatt (Downton Abbey, Episode „Episode Eight“)
Lena Headey (Game of Thrones, Episode „Mother’s Mercy“)
Uzo Aduba (Orange is the New Black, Episode „Hugs Can Be Deceiving“)

Uzo Aduba… was für eine Geschichte. Zuerst als einzige Orange is the New Black-Schauspielerin einen Emmy im letzten Jahr in der Kategorie „Gastrolle“ gewonnen, heimste sie Anfang des Jahres für die selbe Leistung den Screen Actor als beste Comedy-Schauspielerin ein – also egal ob Gast, Neben oder in einer HAUPT (!) – Rolle. Und nun gilt sie auch noch dank des Zwangswechsel als eine der besten Dramadarstellerinnen des Jahres. Allein diese „Story“ riecht doch schon nach einem weiteren Emmy…

…wenn da nicht Lena Headey und ihr „Walk of Shame“ wäre. Ja, klar, er ist gecheatet: Nicht sie sondern ein Modell ist mit ihrem CGI-aufgeklebten Kopf nackt durch die Straßen marschiert. Aber zum einen macht das für den gemeinen Emmy-Wähler keinen Unterschied und zum anderen zeigt sie darüber hinaus eine Gefühlsachterbahn sondergleichen.

Will win: Lena Headey
Could win: Uzo Aduba
My vote: Lena Headey