Hersteller: Telltale
Director: Mark Darin
Composer: Matt Chapman, Mike Chapman & Jared Emerson-Johnson
System: PC
Jahr: 2008

Ich beurteile ungern halbfertige Spiele oder einzelne Episoden einer geplanten „Serienstaffel“. Schließlich kommt es auf das Gesamtbild an, dass man von Anfang bis Ende betrachtet sollte. Doch heute muss ich eine Ausnahme machen – im übrigen die einzige dieser Art in der gesamten Top 365. Denn die vierte Episode von Strong Bad’s Cool Game for Attractive People sticht durch seine einzigartige Storyidee gesondert hervor und funktioniert komplett eigenständig, ohne dass man die anderen Episoden gespielt haben müsste.

Strong Bad hat eine Idee: Warum nicht gemeinsam mit seinen Freunden einen feschen Actionfilm drehen? Dangeresque 3 heißt das gute Stück und möchte am liebsten alles kultige vereinen: Film-noir-Charaktere, wilde Verfolgungsjagden, mysteriöse Tempel und eine halbe Weltreise, um möglichst viele Settings unter einen Hut zu bringen.

Bereits die Vermischung all dieser Elemente hört sich dezent chaotisch an, was durch gekünstelte Dramatik und hanebüchene Plottwist nur noch verstärkt wird. Doch all das verkommt sowieso zur Nebensächlichkeit, wenn man sich die Inszenierung vor Augen hält. Diese ist nämlich unbegreiflich… schlecht (!).

Noch einmal zum Mitschreiben: Strong Bad, ein Möchtegern-Anti-Held, dreht mit seinen Freunden einen Film. Keiner von denen hat auch nur die geringste Ahnung von der Materie und ein Budget ist sowieso nicht vorhanden. Also wird fleißig improvisiert: Da werden Kartons zu schweren Steinbrocken umfunktioniert, ein ausrangierter Videorekorder als futuristisch anmutendes Handy verkauft und die Kulisse einer Metropole billig auf Pappmasche gemalt. Das absolute Highlight unter der Lowlights ist jedoch die Autofahrt: Während die zentralen Figuren mit einem still stehenden Fahrzeug schauspielern, flitzt im Hintergrund einer von Strong Bad’s Freunden mit einem Baum im Schlepptau vor und zurück. Warum? Um das Gefühl der Bewegung zu suggerieren. Allein diese Szene ist herrlich bescheuert und symbolisiert perfekt die Brillanz von Dangeresque 3.

Denn das Ganze ist natürlich von den Entwicklern des Spieles bewusst so dilettantisch inszeniert. Das Ergebnis wirkt derart naiv und infantil, das man es einfach mögen muss. Stellt euch einfach vor, ein halbes Dutzend Kinder klaut sich Papas Kamera und lässt ihrer Fantasie freien Lauf – das Ergebnis wäre nahezu das gleiche.

Zugegebenermaßen verkommt das eigentliche Adventure-Vergnügen zur Nebensache: Genau wie in allen anderen Strong-Bad-Episoden löst ihr klassische Rätsel und klickt euch durch zahlreiche Dialoge, wobei auch hier Dangeresque 3 zu den besseren Teilen innerhalb der Serie zählt. Davon abgesehen würde die eigentliche Idee streng genommen auch in einem Film funktionieren, was in der Tat einzelne Episoden der Webserie Homestar Runner (auf der wiederum das Spiel basiert) zuvor bewiesen haben. Jedoch beschränkte man sich dort auf kurze Ausschnitte. Für Strong Bad’s Cool Game for Attractive People wurde die Idee erstmals zu einer vollwertigen Episode aufgebauscht, die eure Lachmuskeln für mehrere Stunden auf Trab hält.