The Awardian: Best Game Soundtracks 2014

Das Jahr 2014 ist längst rum, doch trotzdem braucht es etwas Zeit, um es auch richtig “sacken” zu lassen. Und passend zur GDC, die gestern ihre GOTY-Riege präsentierte, starte ich nun auch hier auf Awardian eine kleine Serie von Artikeln, die meine persönlichen Highlights würdigen soll.

Den Start macht eine ganz besondere Kategorie, die mir seit eh und je sehr am Herzen liegt: die beste Videospielmusik. Und entsprechend reicht eine schnöde Top Ten nicht aus, um auch wirklich alles relevante unter einen Hut zu bringen. Weshalb ich mit ein paar “besonderen Ehrungen” starte…

 

Honorable Mentions

“Bestes Album”

The Glory Days

by Jimmy Hinson (Big Giant Circles)

Ich habe im vergangenen Jahr nicht viele Videospiel bezogene Alben gehört, allerdings stand der vermeintliche Sieger dieses Special Awards so oder so bereits im Februar fest. Wer auch nur einen Funken Interesse an Chiptune-lastiger Musik hat, der kommt um Jimmy Hinsons fulminantes The Glory Days nicht herum. 21 Stücke voller Energie und guter Laune stecken in einem unvergleichlichen Gesamtpaket, bei dem von der Komposition bis zur Instrumentation alles stimmt.

Obwohl sich die Musik im Kern nach “Chiptune” anhört, wirkt sie außergewöhnlich modern. Hinson mixt typische 8-Bit-Sounds mit neuzeitlichen Synthesizern und addiert obendrauf eine Handvoll “konventioneller” Instrumente. Das Ergebnis ist unwiderstehlich gut und eines der besten Werke seiner Art. Das für meine Begriff beste Stück trägt den etwas seltsamen Namen No Party Like a Mojang Party – und ich hätte es ohne mit der Wimper zu zucken als beste Komposition 2014 gekürt, wenn es Teil eines Videospieles gewesen wäre.

 

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“Waiting in the Wings”

Broken Age

by Peter McConnell

Dank Early Access, Kickstarter und Episodenformat ist es keine Seltenheit, dass ich immer öfters über grandiose Soundtracks aus eigentlich unfertigen Spielen stolpere. So warte ich bereits seit Ende 2013 auf die finale Veröffentlichung von Starbound, allein um Curtis Schweitzers magischen Score abzufeiern. Und auch 2014 gab es einen Titel, der mich musikalisch sofort anfixte und den ich aber erst 2015 in seinem vollen Umfang würdigen kann: Peter McConnell’s Broken Age.

McConnell ist kein Unbekannter in meinen alljährlichen Top-Ten-Listen – so hat er sich anno 1998 für Grim Fandango und 2005 für Psychonauts einen Platz sichern können. Mit Broken Age sollte er es wieder schaffen, sofern der zweite Akt mit dem ersten mithalten kann. Die Musik ist im Gegensatz zu vielen anderen Soundtrackhighlights weniger dominant anstatt unterschwellig tragend. Deshalb fällt sie vielleicht nicht direkt auf, ist aber aufgrund ihrer dezenten Integration und hervorstechenden Produktion ein wichtiger Bestandteil der Atmosphäre. Und allein die wenigen Takte des halbminütigen Hauptthemas sind traumhaft genug, um über eine Würdigung ernsthaft nachzudenken.

 

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Bandcamp-Album (MP3)

 

“Bester lizensierter Soundtrack”

Valiant Hearts

Ich wiederhole mich ungern, aber das hier kann ich nicht oft genug sagen: Ich mag keine lizensierten Soundtracks. Spiele, die sich auf altbekannten Songs ausruhen, sind mir immer ein Stück weit suspekt. Jedoch gibt es auch ein paar Ausnahmen, die keine Mainstreamhits sondern landläufig unbekanntes Material ausbuddeln und deren Auswahl meist viel individueller sowie passender klingt.

2008 hat Braid vorgemacht, was nun Valiant Hearts erneut gelang: Die vornehmlich instrumentalen Stücke fangen wunderbar die wehmütige Aura ein, die euch das Antikriegsspiel vermitteln möchte. Manchmal klingt die Musik zwar nach Pseudo-Hans-Zimmer – aber wenn sie wirklich stark ist, dann erinnert sie eher an Yann Tiersen, dessen Stil jedem versierten Kinogänger seit der fabelhaften Welt der Amelie ein Begriff sein sollte.

 

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Amazon-Album (MP3)

 

“Bester Soundtrack, den niemand gehört hat”

TouchFish

by Chris Hülsbeck

Wer hat da “unverbesserlicher Fanboy” gerufen? Von wegen – was kann ich dafür, wenn Chris Hülsbeck heute immer noch ein musikalisches Kleinod nach dem anderen raushaut? Es mag zwar seit längerem nichts mehr im Kaliber eines Turrican oder Apidya dabei gewesen sein – aber dafür erfreut er mich immer wieder mit starken Underdogs der Marke The War of the Worlds oder eben TouchFish.

Ursprünglich beschränkte sich das Spiel auf ein Dutzend Musikstücke, die eine typisch-beschauliche Sonne, Meer & Strand-Atmosphäre erzeugen. Der ruhige Synthistil erinnerte mich sofort an Hülsbecks Album Number Nine, das bei seinen Fans für eine gemischte Resonanz sorgte. Dabei war es nie schlecht, sondern einfach “anders” als Turrican.

Der ausschlaggebende Faktor für diesen Special Award ist der Deep-Chiptune-Pack, der erst ein paar Monate später nachgeschoben wurde. Dort hört ihr einen Chris Hülsbeck, der an seine frühen Werke aus den C64-Zeiten erinnert. Zwei der vier Musikstücke sind ein ganz klarer Fingerzeug darauf, dass der Altmeister seine Wurzeln nie verleugnet hat. Und ein weiteres klingt anfangs extrem infantil, entpuppt sich aber im Laufe der drei Minuten als äußerst spaßig und hochgradig melodisch.

Im Prinzip fehlt nur noch eins: eine Veröffentlichung via Bandcamp…

 

“Bester Chiptune Soundtrack”

Shovel Knight

by Jake Kaufman & Manami Matsumae

Wie hätte sich Mega Man ohne Pseudo-E-Gitarre als Leadinstrument angehört? Shovel Knight gibt einen wagen Eindruck darüber: Die Musik ist ähnlich flott wie jene der Kultserie, aber die Instrumentation vermittelt einen eher heroischen Touch, der an typische Fantasy/RPG-Spiele erinnert.

Zwei Tracks stechen besonders hervor: In the Halls of the Usurper ist ein wundervolles Thema der Marke “größer, schöner, weiter”, während The Requiem of Shield Knight den tragischen Part der Geschichte auf besonders wehmütige Weise unterstreicht. Der Rest klingt für meine Begriffe ein Stück weit zu austauschbar, weshalb ich keinen Platz in der Top Ten freiräumen konnte. Aber als unverbesserlicher Fan der Chiptune-Musik musste ich der gut ausgearbeiteten 8-Bit-Hommage trotzdem ein paar Zeilen spendieren.

 

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Bandcamp-Album (Arranged (MP3))

 

“Beste Komposition in einem durchschnittlichen Soundtrack”

The Future of Mankind (Civilization: Beyond Earth)

by Geoff Knorr

Ich habe Civilization nie mit grandioser Spielemusik in Verbindung gebracht – und das gilt auch größtenteils für Beyond Earth. Der Soundtrack ist nett, passend und wenig aufregend – bis The Future of Mankind einsetzt.

O.k., zugegeben: Da hat jemand ganz dick bei Hans Zimmer abgeschaut. Aber frei nach dem Motto “wenn, dann richtig” fesselt diese 6 1/2 minütige Suite eure Gehörgänge ohne euch Luft zum Atmen zu geben. Episch und gewaltig kitzelt Knorr das letzte aus einem mächtigen Chor, der immer nahe am Rande der Überzogenheit wandelt und diese gefährliche Linie doch nie überschreitet. Dafür ein Bravo.

 

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“Bester japanischer Soundtrack”

Freedom Wars

by Kemmei Adachi

Traurig, aber wahr: 2014 ist das erste Jahr seit 1984 (!), bei dem ich keinen Top-Ten würdigen Soundtrack aus Fernost gehört habe. Ich hatte insgeheim auf Bayonetta 2 gehofft, doch obwohl das Spiel gewohnt stark ist, versandet ausgerechnet hier die Musik in der Belanglosigkeit. Super Smash Bros. for Wii U wiederholt “nur” das Konzept seiner Vorgänger (sprich: mega-viele Remixe altbekannter Nintendo-Melodien) und auch Mario Kart 8 ist mehr begleitend anstatt faszinierend.

Erst in allerletzter Minute purzelte Freedom Wars in meine Ohren und auch wenn das drei CD starke Album nicht voller Gold ist, so klingen einige der Synthi-lastigen Themen mehr als angenehm. Mein persönliches Highlight ist Code RedII: Der Track beginnt dumpf und generisch, fügt Stück für Stück einige trance-artige Elemente hinein, wuchtet plötzlich mit einer brillanten Vocal-Sängerin und gipfelt in einem fantastischen E-Gitarrenintermezzo.

 

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Amazon-Album (CD)

 

“#11”

Divinity: Original Sin

by Kirill Pokrovsky

Dieser Soundtrack hatte mich in der ersten Minute – nein, der ersten Sekunde. Das Hauptthema ist ein Killer, obwohl es eigentlich nichts anderes tut, als mit einer verzerrten Synthi-Violine den Hall bis zum Anschlag zu zerren – typisch Kirill Pokrovsky, eben. Aber der Trick funktioniert und den eigenen Ohren freut’s.

Die Musik im Spiel besteht aus Dutzenden klassischer Fantasy/Mittelalter-Themen, deren Qualität von mittelmäßig bis grandios reicht. Aufgrund der Schwankungen und der Wiederverwertung zahlreicher Musikstücke aus den Vorgängern hat Original Sin den Sprung in die Top Ten verfehlt – aber wirklich nur denkbar knapp.

 

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Webseite von Kirill Pokrovsky (inklusive Soundtrack komplett als Download)

 

Damit genug der besonderen Ehrungen und deshalb Vorhang auf für die Stars der diesjährigen Top Ten, die ganz im Gegensatz zur eingebrochenen Qualität der Spiele steht.

 

The Top Ten

#10

Dragon Age: Inquisition

by Trevor Morris

Habe ich gerade bezüglich Divinity: Original Sin von einem Killer-Hauptthema geschrieben? Nun ja – dann ist jenes aus Dragon Age: Inquisition der Überkiller: Film- und Fernsehkomponist Trevor Morris schnappt sich ein ganzes Orchester und klotzt mit einer kräftigen Komposition, deren Zeiger weit über “Epik” anschlägt. Zwar klaut Morris hierfür ganz frech die ersten Takte des Songs Edge of Night aus dem dritten Herr-der-Ringe-Film, driftet jedoch kurz darauf in eine ganz andere Richtung und erzielt letztlich sowieso eine völlig andere Wirkung (heroisch anstatt tragisch).

Der Rest des Soundtracks kommt leider nicht mit dem starken Anfang mit und bleibt auch allzu oft im Hintergrund – ansonsten hätte es für eine höhere Platzierung gereicht. Morris zaubert zwar immer mal wieder ein paar fesche Zwischenthemen raus, allerdings hört ihr diese primär in Zwischensequenzen oder während gesonderter Spielereignisse. Bei eurer eigentlichen Erkundungstour vertraut Dragon Age: Inquisition mehr der Macht der Soundeffekte.

 

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Amazon-Album (Bard Songs (MP3))

 

#09

Destiny

by Michael Salvatori, Martin O’Donnell, C. Paul Johnson & Paul McCartney

In gewisser Hinsicht hat mich die Musik von Destiny enttäuscht, denn sie geht ähnlich wie im zwei Jahre alten Halo 4 während des Spielens zu sehr unter. Aber die Stärken von Salvatori und O’Donnell liegen zweifelsohne woanders: in den ruhigen Momenten. Und wo kämen diese besser zur Geltung, als in den Menüs zwischen dem ganzen Gelaufe und dem vielen Geballere?

Destiny hört sich großartig an, wenn ihr nichts tut: Das mag sich idiotisch anhören, ist aber letztlich sinnvoll. Denn zwischen all den harten Gefechten möchte ich mich auch entspannen. Und die ruhige, orchestrale Musik leistet hier einen entscheidenden Beitrag. Es ist jedenfalls der Part, der mir auch nach Monaten noch wohlig in Erinnerung geblieben ist – und der Destiny diesen neunten Platz beschert.

 

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#08

Castlevania: Lords of Shadow 2

by Óscar Araujo

Was haben die Leute vor fünf Jahren gejammert, als die ersten Töne eines modernen Castlevania-Reboots das Licht der Weltöffentlichkeit erblickte und anstatt Chiptune-artiger Musik ein volles Orchester aus den Lautsprechern wummerte. Es wäre ein Sakrileg, ein Unding, Blasphemie, Jehova in Reinkultur – und was ist rausgekommen? Óscar Araujo hat mit Lords of Shadow einen Soundtrack für die Geschichtsbücher geschrieben, der die ideale Dosierung zwischen episch und zurückhaltend errang.

Lords of Shadow 2 ist ein Scheißspiel – sorry, ich kann nicht anders. Kein anderer Titel hat mich derart mit seinen Ungereimtheiten und Spielspaßtöterelementen zur Weißglut gebracht. Umso unglaublicher, wie sehr mich erneut Araujo unter all dem Müll zu begeistern vermag. Allein sein Titanic Struggle erreicht Zimmersche Dimensionen, was Größe und Aufbau anbelangt. Einzig der “Es ist im Prinzip wie der Vorgänger”-Faktor und die allgemein hohe Qualität der Konkurrenz verhindert eine höhere Platzierung. Aber Araujo hat hiermit mehr als genügend bewießen, dass er keine Eintagsfliege gewesen ist.

 

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#07

The Vanishing of Ethan Carter

by Mikolai Stroinski

Wer zum Geier ist Mikolai Stroinski? Und wie hat es dieser Noname genschafft, einen der saubersten und treffendsten Ambientscores 2014 zu stemmen? Wobei “Ambient” eigentlich das falsche Wort ist: Phasenweise erinnert The Vanishing of Ethan Carter an einen klassischen Filmsoundtrack, der von gespenstisch wirkenden Instrumenten und sanften Chorälen untermalt wird – und sich dabei am Ende wie eine Mischung aus Alexandre Desplat sowie Akira Yamaoka anfühlt.

Das Ergebnis ist vielleicht nicht besonders prägend, aber nichtsdestotrotz verfolgend. Ihr ertappt euch immer wieder, zwischen all der wundervollen Kulisse und der mysteriösen Geschichte einfach nur den malerischen Klängen im Hintergrund zu folgen. Lasst einfach mal das von mir verlinkte “Valley of the Blinding Mist” laufen, schließt eure Augen und fangt an zu träumen.

 

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#06

Transistor

by Darren Korb & Ashley Barrett

Manchmal braucht es etwas länger, bis es zündet. Transistor ist einer der beliebtesten und vielleicht sogar der meist ausgezeichnetste Soundtrack 2014 – aber meine “Ohren” wollten das einfach nicht wahr haben. Abseits des packenden Anfangsthemas Old Friends, das euch sofort mit dem eindringlichen Klang seiner Lead-Gitarre gefangen nimmt, konnte ich mich allen Ernstes mit keinem weiteren Stück anfreuden – egal ob instrumental oder nicht. Und dann, auf einmal, nach dem x-ten Anhören von “Paper Boats”, da machte es… *klick*.

Der vielleicht etwas verhalten aussehende sechste Platz zeigt: Die universelle Liebe ist es immer noch nicht – aber inzwischen *verstehe* ich es. Gerade in dem Song “Paper Boats” (dem definitiv besten des Jahres 2014) steckt derart viel Kraft und Seele, weshalb man die Liebe hinter der Produktion einfach fühlen *muss*. Teilweise klingt mir der Score immer noch mal zu konfus, mal zu schwermütig. Aber nach Bastion zeigt Darren Korb in jedem Fall, dass er ein äußerst geschicktes Händchen für die Ausarbeitung seiner Synthi-Instrumente besitzt und es ihn nach andersartigen Klängen regelrecht dürstet. Und das wir die Stimme von Sängerin Ashley Barrett bestimmt nicht zum letzten Mal gehört haben…

 

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#05

Alien: Isolation

by Joe Henson, Alexis Smith & Christian Henson

Es ist wirklich schwer, mich mit typischen Horror-Soundtracks zu begeistern. Selbst beim großen Akira Yamaoka fehlt mir in aller Regelmäßigkeit das Gespür dafür, ob ich nun Musik oder Toneffekte höre – was mehr für letzteres als für ersteres spricht. Ich ging deshalb instinktiv davon aus, dass bei Alien: Isolation das gleiche passiert. In der Tat ist die Soundkulisse des Spieles ein Brett für sich – weshalb es umso erstaunlicher ist, dass ich bereits in den ersten Stunden Musik und Melodien wahr genommen habe.

Diese sind ganz zaghaft unter einem großen Mantel voller Ambienttöne versteckt – was ihre Wirkung eher steigert anstatt schmälert. Sie bohren sich leise in euer Unterbewusstsein und bleiben dort haften. Ganz davon abgesehen haben Joe Henson und Alexis Smith neben ihrem eigenen Score noch das Erbe von Jerry Goldsmith hinzugefügt, wohlgemerkt auf eine bemerkenswerte Weise. Ihnen standen nämlich mehrere Stunden unveröffentlichtes Material zur Verfügung, die Goldsmith zu Lebzeiten für den ersten Alien-Film komponierte und letztlich über Bord gefallen sind. Hensons Bruder Christian hat das Material genommen, gesichtet, sortiert und die besten Elemente herausgepickt. Sie wurden anschließend zusammen mit neuen Stücken zu etwas Großem angefertigt, weshalb der Score wunderbar das Feeling des Filmes aus dem Jahre 1979 einfängt.

Leider gibt es bis heute keine offizielle Soundtrack-Veröffentlichung – aber ein schwer beeindruckter Fan hat die besten Elemente zu einer fast anderthalb stündigen Suite zusammengesetzt, die einen hervorragenden Gesamteindruck vermittelt.

 

 

#04

Velocity 2X

by Joris de Man & James Marsden

Ja, in der Tat: Es gibt den einen oder anderen etablierten Komponisten, der mich trotz seines satten Portfolio nie vom Hocker gehauen hat. Aber ab und an darf ich am Ende des Jahres den Rotstift ansetzen und einen Namen aus dieser unwürdigen Liste streichen. Und diesmal hat es Joris de Man geschafft.

Bislang kannte ich den Holländer primär durch seine Killzone-Künste, die mir außer einigen, wenigen starken Hauptthemen nichts wirklich außergewöhnliches offenbarten. Velocity 2X ist völlig anders und das in jedweder Hinsicht. Anstatt orchestraler Action hört ihr hier peppige Synthimucke, die wie frisch aus den 1990er Jahren eingeliefert und an die heutige Zeit angepasst wurde.

Die ersten beiden Drittel des Scores stecken voller lebendiger Melodien, in denen de Man zusammen mit seinem Co-Komponisten sowie dem leitenden Spieldesigner James Marsden eine außergewöhnliche Tiefe und Komplexität erreicht. Leider fällt das letzte Drittel etwas ab, weil dort der Soundtrack phasenweise zu dumpfem Trance verkommt. Aber zum Glück haben sich bis dahin bereits sämtliche Highlights in euer Hirn gebrannt.

 

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#03

Donkey Kong Country Tropical Freeze

by David Wise

Jeder der mich kennt, der weiß, dass ich bezüglich Nintendo-Soundtracks auffallend kritisch bin. Zu oft erschleicht sich mir das Gefühl, die Musik werde nur aufgrund der Beliebtheit der jeweiligen Spiele derart frenetisch gefeiert. Das gilt bedingt auch für die Donkey Kong Country-Trilogie, gleichwohl ich dort zumindest verzeinzelte Highlights wie “Aquatic Ambiance” oder “Mining Melancholy” nicht verleugnen kann.

Nun kehrt der ehemalige Maestro David Wise zurück und komponierte (unter leichter Zuhilfenahme) einen größtenteils neuen Score für Tropical Freeze – den ich fast übersehen hätte, weil ich das neueste Donkey Kong Country zunächst als eher “unwichtiges” Spinoff zu den Akten legen wollte. Es ist jedenfalls ein Jammer, das es bislang noch keinen offiziellen OST gibt – allein die Stücke in “Cliffside Slide” oder “Jammin’ Jams” hätten es hochgradig verdient.

Genau wie in den besagten Highlights der Vorgänger ist Wise ein Meister darin, lustig mit wehmütig zu verknüpfen. Doch diesmal hat er anscheinend über mehrere Jahre hinweg fleißig Material gesammelt und dieses nun alles auf einmal in ein Packet geschnürrt. Anders kann ich mir den immensen Ausstoß ein Ohrwurmlastigen und hochwertig produzierten Melodien kaum erklären. Hie und da höre ich noch ein paar Parallelen zu Michael Giacchianos legendärem Mickey Mania heraus, aber davon abgesehen ist die Musik von Tropical Freeze erstaunlich eigenständig und trotz sichtlicher Anleihen zur Vergangenheit einer der modernsten Vertreter des Jahrgangs 2014.

 

 

#02

Gods Will Be Watching

by Pablo Ruiz (fingerspit)

Vermutlich wird spätestens jetzt niemand mehr diese Liste ernst nehmen – aber gewöhnt euch dran, denn ich werde Gods Will Be Watching bis zum letzten Blutstropfen verteidigen. Und während ich durchaus nachvollziehen kann, warum das Spiel so derart unbeliebt ist, so lasse ich keine Kritik bezüglich Pablo Ruiz meisterhaftem Soundtrack gelten.

Hört euch allein das titelgebende “Gods Will Be Watching” an: Das ist pure Genialität, mit welch simplen Mitteln und Tönen Ruiz eine immer wiederkehrende Steigerung erzeugt, als ob er ein Hans Zimmer ohne Budget sei. Es passt perfekt zur eigentlichen Spielsituation, in der ihr Fingernägel zerkauend eine lebenswichtige Entscheidung nach der anderen fällen müsst. Ein Fehler und der halbstündige wie mühsam erarbeitete Spielstand ist futsch. Allein dieses langsam einsetzende Schlagzeug mit den harten, abgehakten Streichern zieht die Anspannung immer höher und immer länger und rettet gleichzeitig die Motivation, nicht aufzugeben sondern es immer weiter zu probieren.

Andere Tracks, wie das ähnlich brillante “Legend” mit seinem perfekt getimten Gitarrensolo, sorgen ebenfalls für einen immensen Auftrieb und einen satten Atmosphäreschub. Das Pablo Ruiz auch anders kann, beweißt das sagenhaft traurige “Farewell”, das den Ton des schwermütigen Finales perfekt wiederspiegelt.

Gods Will Be Watching ist jedenfalls einer von zwei Soundtracks, die ich ernsthaft als SOTY 2014 in Erwägung gezogen hatte. Aber gegen den Gewinner hatte diesmal niemand keine Chance…

 

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#1

Child of Light

by Béatrice Martin (Cœur de pirate)

Seit ein paar Jahren steht die Spielemusik vor einer Entzweiung: Die einen wollen moderne, möglichst orchestrale Musik, ganz wie in Film und Fernsehen. Die anderen beharrern auf ihre altgedienten, quirligen Synthi-Töne, die immer öfters die Retroschiene fahren. Beide Richtungen haben ihre Vor- und Nachteile: Ersteres klingt professioneller, aber oft austauschbar und/oder schwer zugänglich. Letzteres lebt von leicht verständlichen Melodien, jedoch braucht es das Gehör eines Chiptune-gestählten Veteranen.

Child of Light vereint diese beiden Welten, so als ob sie schon seit Ewigkeiten zusammengehörten. Die Musik ist auf der einen Seite komplett orchestral und würde jedem Film alle Ehre machen und lebt auf der anderen Seite von seinen verboten clever komponierten Melodien, die sofort an die glorreiche JRPG-Zeit der 1990er Jahre erinnern, als Uematsu, Mitsuda und Sakimoto die Herren der Videospielmusik waren. Mixt dazu eine satte Portion Melancholie, die ihr der kanadischen Herkunft der Komponisten Béatrice Martin zu verdanken habt, und ihr habt einen Score für die Geschichtsbücher.

Die einzige Schwäche, die auf den ersten Blick zu sehen ist, ist der relativ schwache Umfang. Der gesamte Soundtrack füllt nicht mal eine CD, auf der das Hauptthema in verschiedenen Variationen zu hören ist. Diese sind jedoch jede für sich ungeheuer reizvoll und kosten sämtliche Nuancen der Streicher, Flöten- und Klavierspieler aus. Zudem hilft das Spiel gewaltig, das Interesse aufrecht zu halten und die Faszination gar zu steigern. So könnt ihr ab einem bestimmten Zeitpunkt fliegen, was der Traumhaftigkeit der Musik gewaltig entgegen kommt.

Doch das absolute Highlight und die beste Komposition in einem Videospiel 2014 ist von einer ganz anderen Tonart: “Dark Creatures” markiert eines der besten und packendsten Kampfthemen aller Zeiten. Ähnlich wie Motoi Sakurabas legendäres “Leap the precipice” aus Eternal Sonata wird das zweiminütige Stück niemals langweilig und gewinnt ganz im Gegenteil mit jedem Mal an Größe und an Brisanz. Ihr freut euch regelrecht von Kampf zu Kampf, immer wieder diese Melodie hören zu dürfen – was eine besondere Seltenheit in diesem Genre ist.

Spätestens wenn die Bläser ab Minute 1:19 zum höchsten aller Gefühle anschlagen, sollte jeder nachvollziehen können, warum Child of Light meine Wahl für den Besten Videospielsoundtrack 2014 ist.

 

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